Die Flüchtlingshilfe Binnenhafen hieß die ersten Bewohner des Wohnschiffs Transit willkommen. Es galt, Berge von Kuchen zu verdrücken.
Harburg Jamal hat am Goethe-Institut Deutsch gelernt. Er gibt den Übersetzer für Andreas Behn und Werner Pfeifer. Die beiden heißen die ersten Bewohnerinnen und Bewohner des Wohnschiffs Transit in den Räumen der Kaffeerösterei im Harburger Binnenhafen willkommen. Etwa 50 Frauen und Männer sind vom Schiff gekommen und sehen sich nun der Aufgabe ausgesetzt, Berge von Kuchen zu verzehren, die die Willkommensgruppe der Initiative „Flüchtlingshilfe Binnenhafen“ heute bereitgestellt hat. Die Gäste sind überwältigt.
Kemal geht ans Mikrofon. Er kann noch kein Deutsch. Auf Englisch bedankt sich der Syrer im Namen der Flüchtlinge: „Sie ahnen gar nicht, wie gut es uns tut, hier zu sein“, sagt er. „Nicht nur hier, sondern auch auf dem Wohnschiff. Wir haben jetzt langsam das Gefühl, angekommen zu sein.“
Die Menschen auf dem Wohnschiff waren bislang in den verschiedenen Erstaufnahmen der Stadt Hamburg untergebracht, meist beengt, und in manchen Erstaufnahmen auch weit abseits jeglicher Infrastruktur. Viel Platz hat man auf der Transit auch nicht, aber das Schiff ist eine Verbesserung gegenüber vorher. „Und im Vergleich zu den zwei Millionen Syrern im Libanon, oder den zwei Millionen in Jordanien oder denen in der Türkei haben wir es hier sehr gut getroffen“, sagt Kemal später bei einem Stück Kuchen. Er weiß, wovon er redet, denn er kennt einige Leute, die es dorthin verschlagen hat. „Ich habe zum Beispiel Verwandte im Libanon“, sagt er „Die haben es noch gut, weil sie nicht in einem Flüchtlingscamp wohnen, sondern eine Wohnung mieten konnten. Aber die Vermieter dort nutzen die große Nachfrage aus. Beinahe wöchentlich steigen dort die Mieten, auch für die Einheimischen. Das geht nicht mehr lange gut.“
Und die, die ins Ausland fliehen konnten, haben es noch gut. „Beinahe die Hälfte der Syrer hat das Land verlassen“, sagt Kemal. „Von der verbleibenden Hälfte, die sich die Flucht nicht leisten können, ist noch einmal die Hälfte im Inland ohne Heimat. Es ist schrecklich.“
Bislang leben erst 60 Flüchtlinge auf der Transit. Mehr kann das Schiff, das eigentlich über 200 Plätze hat, derzeit nicht verkraften: Die Hebeanlage, die das Abwasser des Wohnschiffs von den Zwischentanks im Rumpf in den Landanschluss der Stadtentwässerung pumpt, bringt noch keine volle Leistung. Die Techniker arbeiten daran.
Trotzdem war die Nachfrage nach den Hilfsangeboten der ehrenamtlichen Initiative groß. Vor allem die Deutschkurse sind gefragt. „Wir haben bereits 26 Anfragen für die Schulungen“, sagt Andreas Behn. Der Kaffeeröster stellt nicht nur seine Räume zur Verfügung, sondern koordiniert auch die Sprachkurs-Angebote. Der Unterricht wird von zwei Dutzend Ehrenamtlichen erteilt. „Gut die Hälfte davon sind Lehrer“, sagt Behn. „Die anderen werden jeweils einem Lehrer zur Seite gestellt und lernen dadurch, selbst zu lehren.“
Die Kurse sollen in kleinen Gruppen von vier bis fünf Teilnehmern stattfinden; zum Teil auf dem Wohnschiff, zum Teil in der Kaffeerösterei. Anspruch auf „offizielle“ Kurse von anerkannten Sprachschulen haben Flüchtlinge erst, wenn sie tatsächlich Asyl erhalten haben. Da die Verfahren dauern, ist der Landesbetrieb Fördern und Wohnen als Träger der Transit dankbar für private Initiativen. „Die Flüchtlinge wollen sich so schnell wie möglich integrieren können“, sagt Fördern-und-Wohnen-Pressesprecherin Christine Schröder.
An so gut wie jedem Standort, an dem die Stadt Flüchtlinge unterbringt, haben sich Hilfsinitiativen gegründet, sagt Schröder. „Das hilft unseren Einrichtungen bei der Arbeit sehr.“
Das Engagement in einer Flüchtlingsinitiative nützt nicht nur den Flüchtlingen, sagt Werner Pfeifer, Hörfunkreporter, Liedermacher und Mitglied der Flüchtlingshilfe. „Man bekommt auch unheimlich viel zurück“, sagt er. „Zum Beispiel Einblicke in die Lebenswelten anderer Nationalitäten, Lebensgeschichten von Leuten – und natürlich erfährt man sehr viel Dankbarkeit.“
Die Flüchtlinge von der Transit wollen sich demnächst bei der Flüchtlingshilfe revanchieren. „Die Leute planen, uns auf das Schiff einzuladen und da für uns zu kochen“, sagt Pfeifer. „Sie wollen etwas zurückgeben können. Ich finde, man sollte das beim Binnenhafenfest im Sommer berücksichtigen und einplanen.“