Der Wohnungsmarkt in Wilhelmsburg ist angespannt. Vor allem Geringverdiener finden keine Wohnung. Angebote gibt es im Luxussegment.

Wilhelmsburg „Die Wohnungsnachfrage in Wilhelmsburg ist enorm, das Angebot hingegen nur gering. Man nimmt alles an Wohnungen, was man kriegen kann.“ Diese Aussage beschreibt den Wohnungsmarkt heute auf der Elbinsel recht gut. Tatsächlich stammt sie vom 16. Januar 1962. „Das Reiherstiegviertel ist gefragt“, titelte damals die heute nicht mehr existierende Wilhelmsburger Zeitung. 58 Jahre später trifft die Schlagzeile immer noch – oder besser: wieder – zu. Das Wohnungsangebot ist knapp. Wer eine günstige Wohnung sucht, hat momentan nahezu keine Chance.

Die städtische SAGA GWG bewirtschaftet 8115 Wohnungen in Wilhelmsburg und ist damit der größte Anbieter. Etwa die Hälfte dieser Wohnungen sind preisgebunden oder öffentlich gefördert und damit für Geringverdiener geeignet. Die Mietpreise liegen im Durchschnitt bei 5,59 Euro pro Quadratmeter (netto-kalt), im preisgebunden Bestand noch darunter.

Wohnungssuchende haben zurzeit offenbar keine Chance auf diese günstigen Wohnungen. Wer darin lebt, spürt keine Neigung, sie aufzugeben. „Die SAGA GWG spürt nach wie vor die hohe Nachfrage am Hamburger Wohnungsmarkt, weswegen die insgesamt 130.000 Wohnungen nahezu vollvermietet sind. Sehr ähnlich verhält es insbesondere auch bei den Wilhelmsburger Wohnungen von SAGA GWG, wo die Nachfrage das Angebot deutlich übersteigt“, sagt Unternehmenssprecher Michael Ahrens.

Angespannt ist auch die Lage auf dem freien Wohnungsmarkt. Mit 30 Wohnungen (Stand: 23. Februar) ist das Angebot im Internet-Immobilienportal Immonet überschaubar. Das wohl attraktivste Angebot zurzeit dürfte eine 62 Quadratmeter große Zwei-Zimmer-Wohnung in der Mannesallee sein. Dritte Etage in einem Gebäude aus dem Jahr 1927, geschliffener Holzboden – und das für Wilhelmsburger Verhältnisse zu günstigen 396,42 Euro kalt. Inklusive Nebenkosten liegt der Mietpreis bei 523,01 Euro.

Das Mietniveau in Wilhelmsburg spiegelt da eher ein Angebot im Herzen des beliebten Reiherstiegviertels wider: Eine kleine, 47 Quadratmeter große Zwei-Zimmer-Altbauwohnung in einem „renovierten Jahrhundertwendehaus“ in der Veringstraße nahe dem Stübenplatz kostet stolze 594 Euro warm.

„Die Maximalmietpreise werden verständlicherweise im Reiherstiegviertel verlangt“, schrieb die Wilhelmsburger Zeitung vor 58 Jahren. Das hat sich mittlerweile verändert: Das Luxus-Segment befindet in der neuen, sogenannten Wilhelmsburger Mitte in den zur Internationalen Bauausstellung geschaffenen Neubauten: Eine Zwei-Zimmerwohnung (Größe wird nicht genannt) mit Fußbodenheizung und Eichenparkett kostet 965 Euro warm.

Der Mietpreis wirkt dagegen noch bescheiden gegen die freie Drei-Zimmer-Wohnung in dem Algenhaus am Inselpark. 130 Quadratmeter in dem Architekturexperiment mit Bioreaktorfassade, in der Algen Wärme produzieren, kosten 1815 Euro warm.

Teurer geht es immer: Wer in die freie Maisonette-Wohnung eines Hybrid-Hauses am Inselpark einziehen möchte, bezahlt für drei Zimmer auf insgesamt 148,5 Quadratmeter Wohnfläche 1930,50 Euro warm im Monat. Dafür sind die Handtuchhalter beheizt. Offenbar ist die Luxuswohnung in Wilhelmsburg nicht leicht zu vermitteln. Indiz dafür: Die Courtage entfällt. Übrigens: Freie Wohnungen in Wilhelmsburg gab es 1962 vor der Flutkatastrophe zu 100 bis 400 Deutsche Mark.