Wildes Parken in der neuen Wilhelmsburger Mitte ist ein ungelöstes Problem. Gäste der Sportstätten am neuen Inselpark wünschen zusätzliche kostenlose Parkplätze. Wie viel Auto darf in der modernen Stadt noch sein?

Wilhelmsburg. Das kalte Wetter macht Autofahrer mit Ziel Schwimmhalle oder Kletterhalle in der Wilhelmsburger Mitte zurzeit glücklich. Denn die niedrigen Temperaturen seien laut dem Bezirksamt Mitte der Grund, warum die Reparatur der defekten Pollersperre, die normalerweise die Zufahrt zu den Sportanbietern im Inselpark verhindert, auf sich warten lässt.

Gäste parken seit zwei Wochen unmittelbar vor den Sportstätten auf einer sonst ungenutzten Asphaltbrache. Das ist zwar verboten ist, aber niemanden behindert oder stört es.

Das stark beschränkte Angebot an kostenlosen öffentlichen Parkplätzen in der neu geschaffenen Wilhelmsburger Mitte ist seit der Internationalen Gartenschau im Jahr 2013 ein Ärgernis. Wildes Parken in Halteverbotszonen und auf Fußwegen am Inselpark ist die Regel – der Mensch will offensichtlich nicht so, wie Stadtplaner es sich wünschen.

Die Internationale Bauausstellung Hamburg hat mit der Wilhelmsburger Mitte nicht nur ein architektonisches Baulabor geschaffen, sondern auch ein verkehrspolitisches Experimentierfeld, das die Frage aufwirft: Wie viel Auto in der Stadt darf eigentlich noch sein?

Autofahrer sind heute bei Stadtplanern nicht mehr in Mode. Aber will die Mehrheit der Menschen wirklich auf das heute immer noch wichtigste Individualfortbewegungsmittel verzichten?

Silke Martens aus Langenbek ist davon überzeugt, dass in der Wilhelmsburger Mitte an der Nachfrage vorbei geplant sei. Die 49 Jahre alte Lehrerin hat sich beim Bezirksamt Mitte für zusätzliche kostenlose Parkplätze eingesetzt.

Ob es Sinn mache, wollte Silke Martens von der Verwaltung wissen, dass die Besucher von gleich drei öffentlichen Einrichtungen mit hohem Besucheraufkommen ihre Autos nur in einer kostenpflichtigen Tiefgarage abstellen dürfen? Gemeint sind die Nordwandhalle, das Schwimmbad und die Inselparkhalle, in der das neue Profi-Basketballteam Hamburg Towers zu Hause ist.

Das Bezirksamt Mitte sieht keinen Handlungsbedarf. In der privat betriebenen Tiefgarage seien Parkplätze in ausreichender Menge vorhanden. Im Übrigen sei die Anbindung mit Bussen und Bahnen gut, heißt es in dem Antwortschreiben. Also alles gut?

Der Alltag sieht anders aus: Dass die Besucher die Sportstätten lieber mit dem eigenen Auto als in Bussen und Bahnen ansteuern, zeigte sich schnell bei den Heimspielen der Hamburg Towers in der Inselparkhalle. Die zugeparkten Wege rund um den Inselpark an den Spieltagen beschäftigte die Fraktionen in der Bezirksversammlung.

Die Verwaltung hat inzwischen ihre Haltung korrigiert und reagierte auf das erhöhte Verkehrsaufkommen am Inselpark bei den Heimspielen der Towers mit der Öffnung des nahe gelegenen Parkplatzes am Berufsschulzentrum.

Dass das Auto nicht so aus der Mode ist wie Stadtplaner wünschen, zeigt sich an zwei weiteren Beispielen in Wilhelmsburg: Bei der Vorstellung der Pläne zum Umbau der Veringstraße, stellten die Planer überrascht fest, dass die Anwohner zwar über die Verkehrsberuhigung erfreut seien, ansässige Geschäftsleute aber vehement forderten, die Anzahl der Parkplätze nicht wie vorgesehen zu reduzieren.

Im Beirat für Stadtentwicklung Wilhelmsburg kam zur Sprache, dass die Fußwege rund um den Energiebunker an der Neuhöfer Straße, dessen Café einen fantastischen Blick auf Hamburg bietet, ein Ärgernis seien. Das Bürgerbeteiligungsgremium bat das Bezirksamt zu prüfen, ob nicht eine Ecke öffentlichen Grund und Bodens am Energiebunker zum Parken freigegeben werden könne.

Klettersportler kommen weiterhin nicht in den Genuss kostenlosen Parkens. Das Bezirksamt teilte – immerhin vorab und damit sportlich fair – dem Betreiber der Nordwandhalle mit, dass es das unzulässige Befahren und Beparken der als Fußgängerzone ausgewiesenen Fläche rund um die Sportstätten dokumentieren und Falschparker mit Bußgeldern belegen werde.

Auch Silke Martens fing sich einen Bußgeldbescheid über 30 Euro ein. Sie klettert bis zu drei Mal in der Woche in der Nordwandhalle. Inzwischen subventioniert die Nordwandhalle Betriebsgesellschaft ihren Gästen das Parken in der Tiefgarage: Klettersportler zahlen nun nur einen Euro für fünf Stunden Parken.

Jürgen Bumiller fährt einmal in der Woche aus Lüneburg zur Kletterhalle am Inselpark – mal mit dem Auto, mal mit dem Motorrad und mal mit der Bahn. „Mit der Bahn zu fahren, ist schon mühsamer“, sagt er. Und für jemanden, der zusätzlich ein Auto unterhält, auch teurer.

Grundsätzlich halte er es für richtig, den Autoverkehr aus der Stadt zu drängen, um ein Verkehrschaos zu vermeiden. Aber am Inselpark gebe es keine Not, das Auto zu verbannen, weil die Struktur zum Parken vorhanden sei, argumentiert der Klettersportler.

Gemeint ist die große Asphaltbrache unmittelbar vor der Nordwandhalle. Sie soll in diesem Jahr entsiegelt und als „Freifläche“ weiter entwickelt werden, heißt es aus dem Bezirksamt.

Silke Martens schlägt vor, die Pollersperre abzubauen und die Fußgängerzone in eine Straße umzuwandeln, in der lediglich Schritttempo erlaubt wäre. Die unfreiwillige Testphase zurzeit wegen der defekten Polleranlage sei der Beweis dafür, dass das Miteinander von Fußgängern und Autofahrern an der Stelle funktioniere.