Die Idee, das Haus in eine Unterkunft für Flüchtlinge umzuwandeln, ist vom Tisch. Stattdessen sollen Container auf dem Parkplatz aufgestellt werden. Ein Gesellschafter will aussteigen.
Halvesbostel/Holvede. Es gab eine Zeit, da war die Gaststätte Heins einer der angesagtesten Disco-Schuppen in der Region. Wilhelm Heins, Vater der heutigen Betreiber, war in den 60er Jahren einer der ersten, der von Kapellenmusik auf Schallplatten wechselte. Ein Durchbruch, der die Disco-Ära auf dem Land einläutete.
Selbst die Bravo schrieb über das „Phänomen Holvede“. Und nun? Wer in den vergangenen Wochen an der Gaststätte in Holvede vorbeifuhr, bemerkte fast täglich halb heruntergelassene Rollläden. Die Türen waren verschlossen. Zuletzt war die Gaststätte als Notunterkunft für Flüchtlinge im Gespräch. Die Idee ist allerdings inzwischen vom Tisch. Was jetzt?
Werner Heins sitzt in dem Gasthaus, das er mit seinem Bruder Günther Heins führt, am Tisch mit gelber und rosafarbener Tischdecke, hinter ihm Hocker mit schwarzen Lederpolstern, vor ihm pastellfarbene Wände. Es ist gar nicht lange her, da dominierte Holz den Tresenraum. Tresen, Lampenschirm, Hocker – alles aus Holz. Das war in den 90er-Jahren. „Es gab einen erheblichen Investitionsstau“, sagt Werner Heins.
Die Boomzeit mit Tanztees in den 50ern und Disco in den 70er-Jahren hatte die Gaststätte da längst hinter sich. Das Aufkommen der Leihvideostätten etwa zehn Jahre später brach den Discos auf dem Land das Genick. Nicht mehr um 19 Uhr, sondern erst etwa 22 Uhr wollten die Leute abtanzen.
„Da hatten die Gäste schon einen gewissen Alkoholpegel erreicht“, sagt Werner Heins. Das heißt: Viel Geld für Getränke ging nicht mehr über den Tresen. Hinzu kamen andere neue mediale Angebote wie beispielsweise Videospiele.
Ein paar Jahre retteten sich die Brüder mit den Schlager- und Oldie-Partys durch die Krisenzeit. Die Discogänger, die in dem Schuppen groß geworden waren, kamen alle wieder.
Doch das reichte nicht. In den 90er-Jahren mussten sich die Brüder entscheiden: Machen sie Gastronomie oder Disco? Sie verabschiedeten sich von der Discokugel, die ihnen vor Jahrzehnten noch eine Boomzeit bescherte, und wandelten das Haus in eine Restaurant-Gastronomie um. Sie ließen das komplette Haus entkernen und weihten einen neuen Wintergarten ein. Lediglich die Grundmauern des Saals blieben stehen.
Eine große Investition. Wie viel der umfangreiche Umbau kostete, will Werner Heins nicht sagen. Aber um ihn sich leisten zu können, brauchten sie finanzielle Unterstützung von außen. Die gab es von Matthias Janitschke, der, so Werner Heins, einst in der Gaststätte als DJ aufgelegt hatte.
Er stieg als Gesellschafter ein und investierte mit in den Umbau. „Für ihn war es vor allem ein Steuersparmodell“, sagt Werner Heins. Am Ende ging aber auch der Bau nicht ohne Probleme über die Bühne. Die Gesellschafter mussten die Hälfte der Baukosten noch einmal drauf legen.
Doch das neue Konzept hin zur Erlebnis- und Veranstaltungsgastronomie sei aufgegangen, sagt Werner Heins. „Wir hatten uns viele Gedanken gemacht, ob die älteren Menschen das Rustikale vermissen werden, aber dem war nicht so.“ Vorrangig läuft das Geschäft heute über die Saalvermietung für Vereinsfeiern, Hochzeiten, Abi-Bälle und über das Catering für Schützenfeste.
Dennoch: „Gastronomie ist ein schwieriges Brot“, sagt er. Matthias Janitschke verkündete Mitte 2014, aussteigen zu wollen. „Herr Janitschke hat gesagt, er hat keine Lust mehr auf Gastronomie“, sagt Werner Heins. „Bisher hatte alles gut geklappt. Unser Verhältnis ist nicht schlecht. Warum er das jetzt kappen will, weiß ich nicht.“
Matthias Janitschke reagierte nicht auf mehrere Anfragen des Hamburger Abendblatts und ließ ausrichten, dass er sich nicht zu dem Thema äußern möchte. Zuletzt sorgte er in Holvede für Aufsehen, weil er erwägte, aus dem Saal der „Heins Erlebnisgastronomie“ eine Notunterkunft für 100 bis 150 Flüchtlinge zu machen. Platz gibt es dafür genug.
Mehr als 600 Personen können auf dem Saal bewirtet werden. „Das schlug er ohne unser Wissen vor“, sagt Heins. „Ich musste mir den Mund fusselig reden, um das wieder gerade zu ziehen.“ Aus wirtschaftlichen Gründen sei eine solche Umfunktionierung nicht nötig, so Heins. „Wir sind ganz normal gebucht wie jedes Jahr.“
Weder er noch die Gemeinde Halvesbostel, zu der Holvede gehört, waren vom Vorschlag begeistert. „Den Menschen muss geholfen werden“, betont Jürgen Ravens, Bürgermeister von Halvesbostel. Aber bei einer Gemeinde mit 284 Einwohnern handele es sich um eine zu hohe Zahl.
Er kündigte an, 15 bis 18 Flüchtlinge in der Gemeinde aufnehmen zu wollen. Derzeit ist im Gespräch, Container auf dem Parkplatz der Gaststätte Heins aufzustellen. „Im Notfall werden wir einen Teil der Fläche zur Verfügung stellen“, sagt Werner Heins.