Drei Häuser in Lüneburgs bekannter Kneipengasse werden erneuert. Zwei strahlen bereits mit neuen Fassaden, das dritte wird neu gebaut und ist erst in einem Jahr zu sehen

Lüneburg Die baustellenreichste Gasse der Stadt ist von zwei Gerüsten befreit: Lüneburgs älteste Kneipe ist am Giebel so schön wie nie, und ein paar Häuser weiter leuchtet ein Haus auf einmal grün, das bis zu dem verheerenden Brand vor einem Jahr im Wasserviertel hellgelb war. Der Neubau des abgetragenen Hauses am Stint hat derweil noch nicht begonnen.

1502 erstmals in Urkunden belegt, ist das Eckhaus an der Salzstraße am Wasser nachweislich seit 1573 als Brauhaus genutzt worden – und wirbt daher mit dem Superlativ „älteste Kneipe der Stadt“. Nur zwei andere Gasthäuser sind ähnlich alt, das Alte Brauhaus in der Grapengießerstraße, 1505 zum ersten Mal als Brauhaus erwähnt, und die Krone in der Heiligengeiststraße, schon seit 1485 als Brauhaus bewiesen.

Urig und knarzig kommt die Kneipe am Stint daher, schief und schräg. Von außen ist das „Pons“ an seiner Giebelseite jetzt ein wahres Schmuckstück: Besitzer Luhmann – aus der Familie des Systemtheoretikers Niklas Luhmann – hat die Fassade aufwendig restaurieren lassen.

Gemeinsam mit seinem Kollegen Gunnar Schulze betreut hat das Projekt der Lüneburger Architekt Henryk Reimers, 41. „Wir haben etliche Ziegel nachbacken lassen“, sagt Reimers. Nicht nur die für jene Zeit und Region üblichen Steine im Klosterformat, sondern auch abgeflachte für die Hausecke – und die berühmten Tausteine, die aussehen wie Seile. Mit denen haben die Hausbesitzer vor Jahrhunderten ihren Reichtum gezeigt, denn sie waren in der Herstellung besonders teuer.

Doch als die Steine im 20. Jahrhunderte begannen abzubröckeln, hat Luhmanns Vater sie abbrechen und die Stellen mit Zement verputzen lassen. Jetzt sind sie wieder da und schmücken den Giebel zur Wasserseite. Auch das Mauerwerk ist aufwendig saniert worden, teils mit Gipsmörtel, teils mit Muschelkalk.

„Zement verträgt sich nicht mit Gips“, erklärt Reimers. Es entsteht ein Treibmineral, und das wiederum kann das Mauerwerk sprengen. Wo das mittelalterliche Mauerwerk mit seiner alten Verfugung noch intakt war, haben die Architekten daher Gipsmörtel verwendet – zu erkennen an der hellen weißen Farbe. Wo allerdings schon Kalk gewesen ist, konnte neuer Kalk hinzukommen – und der ist wesentlich günstiger als Gips.

Komplett neu erstellt haben Maurer und Zimmerer die Utluchten, also die nach außen vorstehenden Fenster im Erdgeschoss des Hauses. „Das sind nun die einzigen energetisch perfekten Bereiche des Gebäudes“, sagt Reimers und lacht. Denn für Energieschonung sind jahrhundertealte Mauern eben nicht gemacht.

Neu ist auch die Korbbogen-Tür zwischen den Utluchten. „Wir haben sie auf historischen Aufnahmen entdeckt und so gut wie möglich nachempfunden. Zuletzt war die Tür zugemauert, jetzt kann sie als Zugang für die Außengastronomie zum Wasser hin genutzt werden.“

Zufrieden ist das Team mit der Restaurierung, und wenn alles klappt, könnte nächstes Jahr die Traufseite dran sein: Das ist die Fassade zum Stintmarkt hin. Dort bröckelt es ebenfalls im Mauerwerk, und auch dort fehlen die gedrehten Tausteine.

Fertig ist bereits die äußere Restaurierung des Hauses Nummer 3 Am Stintmarkt. Es war bei dem Brand des Nachbarhauses vor gut einem Jahr derart in Mitleidenschaft gezogen worden, dass sich die Eigentümerin ebenfalls zu einer umfangreichen Sanierung entschlossen hat.

Markus Tillwick und Inga Blohm haben dafür untersucht, welches die älteste nachzuweisende Farbe der Fassade ist – und sind auf grün gestoßen. „Das passt gut zum Haus, weil es um 1860 umgebaut worden ist, der Zeit des Biedermeier. Lindgrün als Fassadenfarbe ist typisch für diese Zeit“, sagen die Restauratoren. Und jetzt hebt sich die grüne Fassade wohltuend vom Hellgelb der verputzten Fassaden der Stadt ab.

Nebenan klafft noch immer die Lücke, die ein verheerender Brand vor etwas mehr als einem Jahr in die Kulisse des Stintmarkts gefressen hat. Nach dem Großfeuer in der Nacht zum 2. Dezember 2013 musste das aus der „Rote-Rosen“-Serie bekannte Fachwerkhaus aus dem 19. Jahrhundert abgetragen werden. Für den Neubau werden Ziegel in historischem Format nachgebrannt, altes Baumaterial aus dem Vorgängerbau kann jedoch nicht verwendet werden. Das war zunächst geplant, doch die Architekten konnten auf der Deponie nichts bergen, was noch zu verwenden gewesen wäre.