Infiziert mit dem Karnevalsvirus: Seit sieben Jahren stürzt sich Gildemitglied Klaus Bartels in den rheinischen Karneval. In dieser Session macht er als „Prinz Klaus II“ in Kreuzau von sich reden.
Seevetal. Wenn man Klaus Bartels in seiner Handwerkerkluft mit blauem Sweatshirt und stabiler Hose sieht, dann käme einem nicht gleich in den Sinn, dass man eine echte Hoheit vor sich hat: Klaus Bartels ist nämlich ein waschechter Prinz.
Allerdings steht er keinem Adelshaus vor, sondern ist die Majestät des Karnevalsvereins „Ahle Schlupp“ aus Kreuzau. Regelmäßig fährt der 46-Jährige in seine Wahlheimat am Rande der Eifel und frönt seiner Leidenschaft, dem rheinischen Karneval.
Vor sieben Jahren hat er sich den Jecken-Virus eingefangen: „Damals war mein Kumpel Udo Kniprath Prinz in Kreuzau, der hat mich mitgeschleppt“, schiebt Bartels die Schuld von sich.
Seitdem fährt der Glasermeister, der eine eigene Firma in Harburg am Reeseberg hat, natürlich immer zu Beginn der närrischen Jahreszeit am 11. November in das kleine Städtchen in der Nähe von Düren in Nordrhein-Westfalen.
Im Februar, in der heißen Phase der Faschingszeit, amüsiert er sich immer bei der Weiberfasnacht in Köln, anschließend geht es zu den „alten Schlappen“, wie man den Namen seines Vereins übersetzen könnte, zu den Karnevalssitzungen und dem Rosenmontagsumzug.
„Wenn ich was mache, dann mach ich es richtig“ ist Bartels Lebensmotto. So hat er es immer gehalten, sei es nun als Mitglied in der Harburger Schützengilde oder auch jetzt als Karnevalsmajestät.
Schütze ist er seit seinem achten Lebensjahr, seinen ersten Einstieg hatte er als kleiner Trommler im Spielmannzug des Schützenvereins Rönneburg. Vor 20 Jahren trat er der Gilde bei, und war dort Fahnenjunker und Knopfsergeant. Als Sportschütze hatte er immer nur ein Ziel vor Augen: die Teilnahme an der Deutschen Meisterschaft. 1993 hatte er es geschafft. „Da waren die echten Spitzensportler unterwegs und ich hatte gar nichts zu melden“, erinnert er sich.
Obwohl er ein gestandenes Nordlicht ist, war es für ihn überhaupt kein Problem, mit dem rheinländischen Gemüt seiner Kameraden aus dem Karnevalsverein in Kreuzau warm zu werden. Und das obwohl seine Frau Kerstin und die Töchter Lea und Nina keineswegs den Jecken in sich entdeckt haben. Also fährt der Glasermeister jedes Jahr ohne familiäre Unterstützung in den Süden und stürzt sich ins närrische Getümmel. Dass er vom Vorstand seines Vereins nun gefragt wurde, ob er Prinz werden wolle, sieht er als große Ehre an und als große Verantwortung.
Dass er vollkommen von der Sache überzeugt ist, zeigt schon sein Prinzenornat, das einer echten Karnevalsmajestät absolut würdig ist und das er mit Stolz trägt. Dazu gehört ein prächtig besticktes Wams in den Vereinsfarben Blau-Weiß, dazu eine kurz Pluderhose und – weiße Strumpfhosen.
Seinen Kopf ziert die Prinzenkappe, die mit Fasanenfedern geschmückt ist. Der weiße Umhang und das Narrenzepter vervollständigen das Prinzenoutfit. Das Ornat, nicht zu verwechseln mit einer Uniform, wird von einem Prinzen zum nächsten weiter gegeben. Nur die Strumpfhose hat sich Bartels frisch angeschafft, „im Rheinland ist das völlig normal, wenn man als Mann im Strumpfgeschäft danach fragt“.
Bartels ist total vom Karnevalsvirus infiziert, sogar sein Handy klingelt nicht profan sondern trällert „Echte Fründe“, ein Hit der Kölner Band „De Höhner“, wenn jemand anruft. „Ich bin wahrscheinlich der einzige in ganz Hamburg, der mit diesem Ton rumläuft“, sagt Bartels und grinst.
Auf ihn kommt in seiner Amtszeit eine Menge Arbeit zu. Am 11. November begann es mit seiner Inthronisation. In der ausverkauften Kreuzauer Festhalle wurde er mit den Insignien des Prinzen – Kette, Kappe und Narrenzepter – ausstaffiert und fungiert nun noch bis Aschermittwoch als Oberhaupt der „Ahle Schlupp“.
Ein Motto für diese Zeit hat er auch schon: „Hamburg is zwar ne Schau – doch ich stohn op Krözau“. Ihm zur Seite stehen, so wie bei jedem Schützenkönig auch, die Adjutanten. Vier gute Freunde helfen Bartels dabei, alles vorzubereiten und durchzuziehen. „Die machen eigentlich den Hauptjob“. Denn ein Karnevalsprinz hat jede Menge zu tun.
Zunächst muss für den Rosenmontagszug ein Prunkwagen für den Prinzen gebaut werden. 20 Männer werkeln zurzeit an dem Gefährt, wie es aussehen wird, ist absolute Geheimsache. Bartels hüllt sich in Schweigen, verrät aber immerhin, dass Hamburg natürlich eine nicht unerhebliche Rolle spielen wird. Am Rosenmontag wird er auf dem Wagen stehen und die „Bröckelsche“, die Bonbons, auf das närrische Fußvolk herabregnen lassen.
60 Gruppen, 15 Prunkwagen, vier bis fünf Spielmannszüge, insgesamt um die 1200 Menschen werden den Rosenmontagszug in Kreuzau gestalten, man rechnet mit rund 40.000 Zuschauern. „Um das zu sehen, kommen sogar viele Leute von außerhalb“, erzählt Bartels stolz. Hinzu kommt die Karnevalssitzung seines Vereins, bei der er auf dem Prinzenthron, dem „Prüttel“, an vorderster Stelle sitzen wird.
Bartels schaut aber nicht nur den Vorführungen und Sketchen zu und hört die Reden, die in der Bütt geschwungen werden. Immer wieder muss der Prinz die Vorgänge auf der Bühne kommentieren – so witzig wie möglich. „Ich bin zwar nicht immer lustig, aber ich bin schlagfertig“, sagt Bartels. Dass er dort auch mal als „Fischkopp“ tituliert wird, stört ihn überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil: „Es kommt bei Publikum immer gut an, wenn man sich selbst auf die Schippe nimmt.“
Wichtig ist vor allem, während der Sitzung, die knapp fünf Stunden dauert, nicht zu viel zu trinken. „Ein besoffener Prinz ist nicht präsentabel.“ Deshalb ist Bartels ein Freund der „Dritten Halbzeit“: Wenn die Karnevalssitzung offiziell gegen Mitternacht beendet ist, wird in einem kleineren Saal weiter gefeiert und dann darf sich Bartels auch mal einen genehmigen.
Der ganze Verein arbeitet für die Events zur närrischen Zeit. Jung und Alt machen mit. „Jeder bringt hier seine Fähigkeiten ein.“ Nicht gern gesehen sind unnötige Geldausgaben, selbermachen ist angesagt. Und so hat Klaus Bartels für die Sitzung nicht nur Tischlampen aus Glas geschliffen, sondern auch diverse Bastelstunden eingelegt und die 500 Tischkarten für die Gäste eigenhändig ausgeschnitten.
Klaus Bartels auf zahlreichen weiteren Veranstaltungen unterwegs: Inthronisation anderer Karnevalsprinzen, eine Kindersitzung, karnevalistisches Treiben am Dorfbrunnen und der „Möhneball“ an Weiberfastnacht, die Schlüsselübergabe im Rathaus, der Geisterzug des Tambourcorps „Edelweiß“, der große Prinzenball und eine Mundartmesse – bis zu vier Termine an einem Tag muss Prinz Klaus II. abarbeiten.
Deshalb hat er sich diesmal zehn Tage im Februar frei genommen: „Man ist dann zwar wie ferngesteuert, aber ich freu mich drauf.“