Harburgs Bezirksabgeordnete fordern eine nochmalige Prüfung der 7000 Quadratmeter großen Fläche am Sinstorfer Kirchweg. Die Ablehnung durch die Fachbehörde wollen die Politiker nicht hinnehmen.
Sinstorf. Die Kritik an der Arbeit der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) in der Bezirkspolitik wird immer lauter. Flächen, die der Bezirk Harburg zur Unterbringung von Flüchtlingen vorschlägt, werden, so jedenfalls sehen es Harburger Bezirksabgeordnete, unter fadenscheinigen Gründen abgelehnt. Andererseits aber wird der Bezirk vor vollendete Tatsachen gestellt, wenn die BASFI 400 Flüchtlinge auf Schiffen im Binnenhafen unterbringen will.
Jüngstes Beispiel ist eine mehr als 7000 Quadratmeter große Fläche am Sinstorfer Kirchweg, Höhe Autobahnraststätte Harburger Berge, die dem Bund gehört. Derzeit wird sie von der Autobahnmeisterei und vom Technischen Hilfswerk (THW) als Lager genutzt.
Der Bezirk schlug vor geraumer Zeit unter anderem diese Fläche der BASFI für die Folgeunterbringung vor. Die Fachbehörde hatte alle Bezirke aufgefordert, möglichst viele Flächen zu prüfen und vorzuschlagen.
Laut Bezirksverwaltung könnten hier bis zu 400 Menschen untergebracht werden. Die BASFI lehnte ab, weil angeblich die Autobahnmeisterei die Fläche „zur Lagerung von Brückenteilen und anderen Baumaterialien“ brauche und nicht einmal eine Nutzung von Teilflächen in Aussicht habe stellen können. Das geht aus der Antwort auf eine Anfrage der Harburger Grünen zu den vom Bezirk angebotenen Flächen hervor, die dem Abendblatt vorliegt.
Zudem, so die weitere Begründung der BASFI, gebe es in direkter Nachbarschaft keine Wohnbebauung. Das wiederum verweist Jürgen Heimath, SPD-Fraktionschef in der Bezirksversammlung Harburg, ins Reich der Fabeln.
„Würde es hier nicht um Menschen gehen, die dringend ein Dach über dem Kopf brauchen, müsste man über diese Begründung lachen. Ich frage mich ernsthaft, ob die Herrschaften bei der BASFI die Tatsache, dass direkt neben der Fläche die Käfersiedlung liegt, einfach ausblenden“, so der SPD-Politiker. Und sein Koalitionskollege, CDU-Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer, setzt hinzu: „Die BASFI lehnt die Fläche schlicht ab, weil sie nicht mit dem Bund verhandeln will. Das ist doch absurd.“
In der Antwort lässt die BASFI die Bezirksabgeordneten auch wissen, dass „die Fläche darüber hinaus über umfangreichen schützenswerten Baumbestand“, verfüge, der die Bebaubarkeit stark einschränken würde. Die Argumentation der Fachbehörde sorgt für erheblichen Ärger bei den Bezirksabgeordneten. Sie akzeptieren die Stellungnahme der BASFI schlichtweg nicht.
Immerhin, so Heimath, stehe bei der Flüchtlingsfrage auch der Bund in der Pflicht. Es könne doch nicht angehen, so Heimath, dass die „BASFI sich einerseits hier hinstellt und uns erzählt, es müssten dringend und schnell Flächen gefunden werden, andererseits dann aber geeignete Flächen einfach ablehnt oder, wie in Bostelbek, erzählt, die Container für die Flüchtlinge würden erst im August 2015 aufgestellt, nachdem man vorher einen enormen Druck aufgebaut hat“.
Die Fläche am Sinstorfer Kirchweg, sagen Heimath und Fischer, sei nur eine von mehreren Flächen, die die BASFI aus „nicht nachvollziehbaren Gründen“ abgelehnt habe.
Für die Erstunterbringung von Flüchtlingen in der Zentralen Erstaufnahme (ZEA) in der ehemaligen Post in Harburg ist die Innenbehörde zuständig. Nach spätestens drei Monaten sollen die Flüchtlinge in die Folgeunterbringung umziehen.
Weil aber die BASFI mit der Einrichtung von Plätzen dem Andrang der Flüchtlinge nicht folgen kann, musste die Innenbehörde kürzlich Container für knapp 200 Menschen neben der ZEA in Harburg aufstellen lassen.
„Wir können und wollen uns der Aufgabe nicht entziehen, bei der Verteilung der Flüchtlinge mitzuarbeiten. Aber wir in Harburg wissen nun mal am besten, welche Flächen geeignet sind und welche nicht.
Auf dieser Fläche am Sinstorfer Kirchweg müssten nicht mal Bäume gefällt werden, um die Menschen dort unterbringen zu können“, sagt Rainer Bliefernicht, stellvertretender CDU-Fraktionschef.
Die Bezirkspolitiker haben jetzt der Bezirksverwaltung den klaren Auftrag erteilt, die „planrechtlichen Möglichkeiten einer öffentlich rechtlichen Unterbringung auf dieser Fläche zu prüfen und dabei auch die derzeit im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Regelungen zur Erleichterung der Einrichtung von Unterkünften mit einzubeziehen“.
Bei einem positiven Ergebnis dieser Prüfung wird die BASFI aufgefordert, „alle notwendigen Schritte zu unternehmen, damit der Eigentümer die Fläche oder einen Teil der Fläche zur Verfügung stellt“. Es reiche nicht aus, dass die BASFI mit der Autobahnmeisterei spricht, sagt Jürgen Heimath.