Dem Kulturtag blickt Johanna Jaeger gespannt entgegen. „Ich weiß natürlich so gar nicht, was mich erwartet“, lacht sie. „Aber ich hoffe, dass ich an dem Tag ein paar Leute aus der Gegend kennen lernen kann.“
Harburg. „So richtig fertig ist das alles noch nicht“, sagt Johanna Jaeger, als sie die Tür zum Atelier im Mayr’schen Haus aufschließt. „Ich bin ja gerade erst in Harburg angekommen und noch dabei, mich einzurichten.“ Die aus Heidelberg stammende Foto-Künstlerin ist die neue Stipendiatin des 1986 gegründeten Vereins „Künstler in Harburg“ und erst vor zwei Wochen in das Fachwerkhaus in der Lämmertwiete eingezogen. Beim Kulturtag am 8. November gewährt die 29-Jährige Künstlerin den Harburgern nun erstmals Einblicke in ihre Arbeit.
Ihre Leidenschaft für Fotografie entdeckte Johanna Jaeger während ihres Studiums an der Universität der Künste in Berlin. „Ich habe ursprünglich viel skulptural und mit Installationen gearbeitet“, sagt sie. „Irgendwann hatte ich dann den Wunsch, sozusagen in meinen Installationen drin zu sein und mit der Fotografie kann man das eben ganz leicht erreichen.“ Auf moderne Technik verzichtet Johanna Jaeger dabei: Ihre Bilder entstehen ausschließlich analog und werden nicht digital bearbeitet. Die Abzüge macht sie in der Dunkelkammer selbst, und zwar in einer Größe von bis zu 1,80 mal 2,30 Meter.
Oft enthalten ihre Arbeiten dabei Hinweise auf den Ort, an dem sie entstanden sind. Für das Leporello „Hudson River“ zum Beispiel fotografierte Johanna Jaeger den gleichnamigen Fluss in New York, wo sie die letzten zwei Jahre gelebt hat. Die Fotos zog sie auf Aluminium auf, die Darstellung als Leporello soll die Wellenform widerspiegeln. Die meisten ihrer Bilder entstehen allerdings im geschlossenen Raum, denn am liebsten widmet Johanna Jaeger sich der inszenierten Fotografie. „So kann man mit der Kamera den Blick kontrollieren und Materialien ganz anders erscheinen lassen, als sie tatsächlich aussehen“, sagt sie. „Es hat mich schon immer gereizt, Sachen anders darzustellen, als man sie mit dem Auge sieht.“
Dafür benutzt Johanna Jaeger häufig ganz alltägliche Gegenstände. Mal hat sie mit einem Bleistift Löcher in ein Blatt gestochen, mal zwei Nägel in ihrem New Yorker Atelier fotografiert. Auch die Fussel eines Radiergummis hat sie verewigt. Das Ergebnis sieht aus wie ein wunderbarer Nachthimmel. „Mich interessieren eben eher unspektakuläre Dinge“, sagt sie, „die in einer anderen Form dann vielleicht relativ spektakulär wirken können.“ In vielen Arbeiten spielt sie allerdings auch mit Formen und dem Raum als solchem. Ergänzend zu ihren Fotos zeigt sie oft geometrische Objekte, die mit den Bildern in Dialog stehen. „Deswegen sage ich auch selten, ich bin Fotografin“, so Johanna Jaeger. „Weil ich mich eher als Bildhauerin fühle, die eine Kamera benutzt.“ So oder so: Beeindruckend sind ihre minimalistischen Bilder auf jeden Fall.
Dem Kulturtag blickt Johanna Jaeger gespannt entgegen. „Ich weiß natürlich so gar nicht, was mich erwartet“, lacht sie. „Aber ich hoffe, dass ich an dem Tag ein paar Leute aus der Gegend kennen lernen kann.“ Bis jetzt gefalle ihr ihre neue, temporäre Heimat ziemlich gut. „Die Kanäle und die Hafenanlagen aber auch die Industrie-Landschaft auf der anderen Seite der Gleise finde ich total spannend“, sagte sie. Und wer weiß, vielleicht wird Harburg bald sogar in einem von Johanna Jaegers Bildern verewigt.
Harburger Kulturtag am 8. November 2014: „Künstler zu Gast in Harburg“, Atelier im Mayr’schen Haus, Lämmertwiete 14, 12 bis 20 Uhr. Arbeiten von Johanna Jaeger. www.kuenstler-zu-gast-in-harburg.de