Die studierte Tänzerin und Choreografin Anastasia Schwarzkopf unterrichtet in der HNT den neuen Tanztrend Contemporary. Die Harburgerin trainiert mit jungen Leuten tänzerische Techniken, die auf der Bühne gefragt sind
Hausbruch. Dass seit diesem Jahr Contemporary zum Repertoire der Kandidaten in der RTL-Tanzshow „Let’s dance“ gehört, zeigt, wie populär die choreografische Bühnentanzkunst der Gegenwart zurzeit ist. Im Hamburger Süden hat die Hausbruch-Neugrabener Turnerschaft (HNT) das Potenzial des Trends im Wettbewerb um die knappe Freizeit von jungen Leuten entdeckt. Nicht mehr HipHop ist der coolste Tanz: Als Pionier unter den Sportvereinen bildet die Turnerschaft Jugendliche in Contemporary Dance aus. Dazu hat der Sportverein jetzt eine studierte Tänzerin und Choreografin eingestellt: die 29 Jahre alte Harburgerin Anastasia Schwarzkopf.
Contemporary Dance ist jung, wild und sinnlich. Die zierliche Anastasia Schwarzkopf steht für einen neuen Typus Trainer – und für den modernen Sportverein im Wandel der Zeit. Wer hätte vor 20 Jahren gedacht, dass ein Sportverein einmal in die Domäne Theatern einbrechen würde?
Dienstag Abend gegen 21 Uhr: Der junge Trend wird spät trainiert. Vor der Spiegelwand in der Sporthalle neben der HNT-Geschäftsstelle an der Cuxhavener Straße bringt Anastasia Schwarzkopf jungen Leuten die tänzerischen Techniken bei, die sie einmal in Shows, auf die Theaterbühne oder in die Produktion eines Musikvideos bringen könnten. „Ich will auch die Körper formen, denn eine Dreifach-Pirouette klappt nicht beim ersten Mal“, sagt sie. Es dauert ein paar Monate, die Muskeln zu diesen Fähigkeiten anzuregen.
Die Tanzstilrichtung Contemporary vereinigt das Neueste aus den vergangenen zehn Jahren zeitgenössischen Tanzes: auch HipHop, zusätzlich aber noch Entwicklungen aus Modern Dance, Jazz und Ballett. Contemporary-Tänzer sind Grenzgänger zwischen den Stilen. Die Bewegung durch den Raum ist dabei der zentrale Gedanke. Anastasia Schwarzkopf spricht häufig von dem „Flow“, das englische Wort für fließen. Bewegungen wie aus einem Guss wäre die deutsche Umschreibung dafür.
Damit ein Sportverein junge Leute erreiche, müsse er am Puls der Zeit bleiben, sagt Bilke Wehrs vom HNT-Sportspool. Die Abteilung ist die Antwort der Turnerschaft von 1911 auf gesellschaftliche Entwicklungen und die Erkenntnis, dass Sportvereine heute über den Faktor Show junge Menschen für sich begeistern können. „Eine junge Tanzlehrerin und Choreografin wie Anastasia Schwarzkopf mit einer neuen Tanzrichtung passt sehr gut dazu“, sagt Bilke Wehrs. Hinzu kommt: Die heute 29-Jährige hat als Jugendliche bereits in der HNT Ballett und HipHop getanzt, ist mit dem Verein aufgewachsen.
Die Welt des Balletts mit ihren eigenen Regeln, die abgeschottete Theaterwelt – all das habe sie früh fasziniert, sagt Anastasia Schwarzkopf. Sie verließ das Gymnasium Süderelbe noch vor dem Abitur. Schulunterricht und Tanztraining konnte sie nicht mehr zeitlich miteinander vereinbaren. Nach einem Jahr mit nur vier Stunden Schlaf täglich habe sie sich für das Tanzen entschieden.
Als besonders talentiert nahm die staatliche Hochschule für diverse Künste in Tilburg Anastasia Schwarzkopf auch ohne Abitur auf. Insgesamt fünf Jahre hat die Harburgerin in den Niederlanden Bühnentanz und Choreografie studiert und jeweils mit dem Bachelor abgeschlossen. Unterrichtssprache an der internationalen Hochschule war Englisch. Auf dem Stundenplan standen Kurse wie Bollywood, Afro, aber auch Kunstgeschichte oder die menschliche Anatomie.
Es sei eine herrliche Zeit gewesen, schwärmt Anastasia Schwarzkopf von ihrer Studienzeit: „Die Luft war so geladen, die Stimmung so euphorisch.“ Nach dem Studium inszenierte die Deutsche in den Niederlanden als Choreografin noch einige Tanzaufführungen bei Festivals.
Dem Fachpublikum in Hamburg ist Anastasia Schwarzkopf als Choreografin des Tanztheaterstücks „PopPornPolitics“ ein Begriff. Das Hamburger Sprechwerk hat die Satire gezeigt, die den Kampf zwischen Hochkultur und Unterhaltung aufs Korn nimmt. Das Sprechwerk ist eine wichtige Adresse für zeitgenössischen Tanz in Hamburg.
Seit einem Jahr lebt Anastasia Schwarzkopf wieder in Harburg, ist Mutter einer acht Monate alten Tochter. Das war die Chance für die HNT, die Profitänzerin als Honorartrainerin zu engagieren. Und weil sie das immer gefragt wird: Nein, sagt Anastasia Schwarzkopf, mit dem von Hans Schwarzkopf gegründeten Haarkosmetikunternehmen und der bekannten Shampoo-Marke habe ihre Familie nichts zu tun.
Contemporary Dance, ab 16 Jahre, Dienstag, 20 bis 22 Uhr, Anmeldung: HNT-Sportbüro, Telefon 040/7017443