Ein paar Tausend Menschen wohnen in Nenndorf am Rand der Nordheide. Und gefühlt kommen seit neustem auf jeden Einwohner wenigstens ein halbes Verkehrsschild. Dabei hat der Landkreis nur neue Vorgaben für Fahrradfahrer umgesetzt.
Nenndorf. Alles ist so schön neu in Nenndorf! Die Ortsdurchfahrt der B75 durch das Dorf am Rande der Nordheide ist frisch saniert. Endlich sind auch die unromantischen Betonkübel verschwunden, die auf dem Seitenstreifen zwischen Eckeler Straße und Kirchstraße in Richtung Buchholz standen und die verhindern sollten, dass am Wochenende die Lkw-Fahrer ihre Sattelzüge dort abstellen konnten. Doch halt – so ganz rund ist die Sache immer noch nicht: Auf dem 300 Meter langen Straßenabschnitt ziert jetzt vor jeder Haltebucht ein blaues Parkschild den Weg, insgesamt sind es auf dieser kurzen Strecke allein sieben Stück. „Ich hab das Gefühl, das sind fünf zu viel. Wieso hat man nicht eins oder zwei aufgestellt, mit dem Hinweis, das es für die ganze Straße gilt?“, fragt sich auch Ines Schneider aus Nenndorf. Sogar ihren Kindern ist das blaue Wunder aufgefallen: „Meine Tochter Alina sagte neulich: Mama, die sind doch total unnötig“.
Nachts wird den Autofahrer sogar noch mehr geboten. Wenn Scheinwerfer auf die Parkschilder fallen, leuchten sie strahlend hell auf, so schön nacheinander aufgereiht erinnert das Blitzlichtgewitter an das Lichtermeer auf den Landbahnen von Flughäfen. Doch damit nicht genug. In Nenndorf gibt es offenbar ebenfalls großen Bedarf, die Bürger darüber aufzuklären, wer den Bürgersteig nutzen darf. In diesem Fall sind es im ganzen Dorf die Radfahrer und Fußgänger, die sich den Gehsteig miteinander teilen dürfen.
Damit das auch jeder immer und überall auf dem Schirm hat, stehen vor und hinter jeder Straßeneinmündung die regelnden blauen runden Hinweiszeichen, aus Richtung Harburg kommend sind es immerhin sieben, bis man am Nenndorfer Kreisel ankommt. Dort sind Ortsunkundige dann endgültig aufgeschmissen, denn hier sieht man den Weg vor lauter Schildern endgültig nicht mehr. „Die Nenndorfer haben sich langsam an die komische Verkehrsführung im Kreisel gewöhnt, aber wer das nicht kennt, für den ist das hier eine Katastrophe“, sagt Ines Schneider. „Ich hab in ganz Deutschland noch keinen Kreisel wie unseren hier gesehen“, sagt sie irritiert.
Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint, hinter den vielen Verkehrszeichen steckt ein System. Was die Schilder-Perlenschnur an den Parkbuchten angeht, gibt das Sonderzeichen mit dem Pkw unter dem blauen P-Schild einen ersten Anhaltspunkt bei der Suche nach einer Erklärung. „Damit ist jetzt ganz klar geregelt, dass an diesen Stellen keine Lkw mehr parken dürfen“, erklärt Landkreissprecher Bernhard Frosdorfer die vielen Verkehrszeichen. „Das entspricht der Straßenverkehrsordnung“.
Auch für die blauen Schilder, die den Radlern erlauben, den Fußweg zu befahren, gibt es eine schlüssige Begründung. Denn in Nenndorf haben Radler jetzt diverse Möglichkeiten, voran zu kommen: Zum einen wurden direkt auf der Straße Radfahrstreifen markiert. Sind die Abgrenzungslinien durchgezogen, handelt es sich um einen Radfahrstreifen. Ihn gibt es in Fahrrichtung Buchholz. In Fahrrichtung Harburg ist die Linie gestrichelt, es handelt sich dabei um einen Fahrradschutzstreifen, der befahren werden darf, aber nicht zwingend muss. „Besonders Ältere, die sich auf der Straße nicht sicher fühlen, dürfen auch auf dem Gehweg fahren, dies regeln die runden blauen Schilder“, erläutert Frosdorfer.
So erklärt er auch die vielen Hinweise für Radler zur Fahrbahn- oder Gehwegnutzung im neuen Kreisel. Außerdem umrahmen rot-weiß gestreiften Baken den Kreiselrand, die die Zufahrt zu einer Baustelle absperren und um den inneren Ring des Kreisels schützen. Gleich nach der Eröffnung Anfang August waren die Randsteine beschädigt worden. „Da muss die Baufirma noch nachbessern, erst dann ist die endgültige Bauabnahme“, erläutert Frosdorfer.
Dass die Nenndorfer jetzt im Besitz von so vielen schönen Verkehrsschildern sind, ist also dem Umstand geschuldet, dass es im Landkreis Harburg einfacher werden soll, mit dem Fahrrad von A nach B zu kommen. „Wir nutzen die Sanierung der Ortsdurchfahrt um auf diesem Gebiet neue Erkenntnisse zu sammeln“, sagt Bernhard Frosdorfer. Dahinter steht der verbesserte Schutz, vor allem für ältere Radler. „Wir bieten ihnen viele Optionen dafür an.“