Geht es nach dem Hamburger Bauunternehmer Arne Weber werden die Wohnungen der Zukunft zu Leuchttürmen. Was zunächst klingt wie ein Wolkenkuckucksheim, ist dabei ziemlich geerdet.

Harburg. Leuchttürme sind Sehnsuchtsorte: Dutzendfach zieren sie Briefmarken, leuchten als Werbeträger von Kinoleinwänden, symbolisieren Urlaubserinnerungen auf Computerschirmen, sie werden besungen oder sind spektakulärer Schauplatz in Literatur und Film. Doch das könnte erst der Anfang gewesen sein: Geht es nach dem Hamburger Bauunternehmer Arne Weber werden Wohnungen der Zukunft zu Leuchttürmen.

Was zunächst klingt wie ein Wolkenkuckucksheim, ist ziemlich geerdet: Die Planungen sind abgeschlossen, auf der Immobilienmesse Expo Real in München wird Weber erstmals das Modell des „visionären Bautyps“ präsentieren. Sogar der Bauantrag für das sogenannte Lighthouse ist schon fertig, es fehlt nur noch die letzte Unterschrift für das Grundstück. Dann kann es losgehen. Wo genau „die Zukunft des Wohnens“ Gegenwart wird, lässt Arne Weber, Firmeninhaber des Bauunternehmens HC Hagemann, noch offen. Aber es wird in Hamburg sein. Und es soll schnell gehen. „Im Frühjahr wird das erste Lighthouse fertig“, zeigt sich Weber optimistisch. Was sich Weber ausgedacht hat, erinnert an Wohnpilze aus alten Science-Fiction-Filmen. Tatsächlich kommt das Lighthouse sehr futuristisch daher. In der Höhe von zwölf bis 20 Metern ruht eine kreisrunde Wohnplattform auf einer Spannbetonröhre. Mit einem gläsernen Fahrstuhl fährt der Bewohner in seine Wohnung, aus der sich dann ein 360-Grad-Panoramablick ins Land öffnet. Ein Rundbalkon mit etwa 60 Metern Länge liegt vor den Panoramascheiben, die mit fahrbaren Lamellen je nach Stand der Sonne vor Einstrahlung geschützt sind. Der Dachgarten gleicht mit seinen 150 Quadratmetern Größe einem Panoramadeck; die Wohnungen selbst sind 230 Quadratmeter groß. Das Basismodell soll rund zwei Millionen Euro kosten. „Wir verkaufen das Haus wie ein Auto“, sagt Weber. „Im Preis ist alles drin: das Grundstück, die Gründung, die Erschließung.“ Bei Bedarf kann das Lighthouse größer und teurer werden, auch eine Tiefgarage sei möglich. Auf der Münchner Messe wird das Modell erstmals der Weltöffentlichkeit präsentiert, dann soll der Verkauf starten: „Wir wollen das Lighthouse weltweit vertreiben, am Mittelmeer, in Florida, in Dubai.“

Der Prototyp aber kommt nach Hamburg. Und ist ein Hamburger Gemeinschaftswerk. Gerade testen die Wissenschaftler der TU Harburg das Modell im Windkanal, die Architekten Biwermau vom St.-Annen-Ufer haben die Entwurf gezeichnet, die Ingenieure von WTM am Johannisbollwerk das Tragwerk geplant. Konzept und Idee stammen von Arne Weber. Geboren wurde der Wohnleuchtturm in der Elbmündung. Zwischen den Sänden Schaarhörn und Vogelsand stand einstmals Europas teuerster und modernster Leuchtturm, der Große Vogelsand. Wegen der Verlegung der Fahrrinne wurde das Leuchtfeuer nach nur 23 Betriebsjahren 1998 abgeschaltet. „In der Zeitung hatte ich gelesen, dass er abgerissen werden soll“, erinnert sich der Bauingenieur mit Helgoländer Wurzeln, der oft am alten Lichtzeichen vorbeigefahren war. Weber wollte den Großen Vogelsand retten und in ein Eventhotel verwandeln, doch die Pläne zerschlugen sich. 2008 begann schließlich der Rückbau, doch in Webers Kopf leuchtet er weiter. „Ich kann mich noch genau erinnern, wie wir damals fasziniert oben auf dem Leuchtturm gestanden haben und Krabbenbrötchen aßen“, erinnert sich der Hamburger Unternehmer. „Dabei kam mir der Gedanke, warum baut man eigentlich nicht etwas höher? Am Wasser oder im Wasser?“

Das Gefühl dort oben ist einzigartig. „Man glaubt, man schwebt.“

Aus dem Traum wird nun Wirklichkeit – und steht vor der weltweiten Vermarktung. „Mal sehen, wie das Ausland reagiert“, sagt Arne Weber. Zehn Jahre arbeitete er an der Idee, zehn Jahre wurde entwickelt, entworfen, verworfen. Ursprünglich sollte die Wohnebene auf einer Stahlkonstruktion thronen, inzwischen hat man sich für 30 Zentimeter starken Beton entschieden. Immerhin gilt es, eine Wohnplattform mit einem Gewicht von 300 Tonnen zu tragen. Zehn Lighthouses könne man jährlich verkaufen, glaubt Weber. Zumal die Wohntürme auch variiert werden können: Beispielsweise könnten mehrere Lighthouses auf einem Grundstück entstehen, mehrere Wohnringe auf einem Betonfuß zusammengeführt werden oder miteinander verbundene Leuchttürme ein Hotel ergeben. Die schlanken Betonpilze passen in Webers Entwürfen ins Meer oder in die Savanne, aber auch an Hänge in den Alpen oder hinter den Elbdeich. „Wir können auch für Hitzacker günstige Fünfmetertürme entwickeln“, sagt Weber. Sie sind nicht nur einbruch-, sondern auch flutsicher. Ökologisch erfüllen die Häuser die strengsten Anforderungen: Aufgrund der Solarpanele auf dem Dach soll das Lighthouse mehr Strom produzieren, als es verbraucht, eine kontrollierte Be- und Entlüftung gewinnt die Wärme zurück, der Flächenverbrauch ist minimal.

Was nach Science-Fiction klingt, ist Weber sehr ernst. Mit der Entwicklung des Channel Hamburg, dem Bau der U 4 oder des Elbtunnels hat sein Unternehmen umfangreiche Expertise auch für schwierige Bauten. Schon jetzt macht sich der 70-Jährige Gedanken um die Konkurrenz zu seinem architektonischen Unikum. „Wenn es funktioniert, wird es Nachahmer geben“, sagt Weber. „Aber wir haben alles geschützt, was sich schützen ließ.“ Die Zukunft, sie kann kommen.