1000 Plätze sind in den Erstaufnahmen, doch jetzt warten schon 1700 Asylbewerber auf eine Unterkunft. Harburgs Bezirksamtsleiter Thomas Völsch spricht von einer dramatischen Situation.
Harburg. Die Behörde für Inneres und Sport (BIS) kündigt an, kurzfristig die vom Bezirksamt Harburg vorgeschlagene Alternativfläche für Zeltunterkünfte nahe der Erstaufnahme für Asylbewerber am Neuländer Platz zu prüfen. Laut Frank Reschreiter, Sprecher der Behörde, sollen dort etwa drei Zelte für jeweils 25 bis 30 Personen kurzfristig aufgestellt werden, um den großen Andrang von Asylsuchenden bei der Erstaufnahme (ZEA) in der alten Post aufzufangen.
Wie berichtet, hatte Bezirksamtsleiter Thomas Völsch (SPD) am Mittwochnachmittag die Fraktionschefs von den Plänen der BIS, auf dem Neuländer Platz Zelte für Asylsuchende zu errichten, in Kenntnis gesetzt. Auch Völsch sei erst am Abend vorher von der BIS darüber informiert worden, hieß es aus dem Harburger Rathaus. Die Verwaltung hatte den Standort Neuländer Platz abgelehnt, weil es ein stark frequentierter öffentlicher Platz sei. Der Alternativvorschlag der Verwaltung: Die Zelte sollen auf der Dreiecksfläche zwischen der ZEA, Umgehungsstraße und Großmoordamm aufgestellt werden. „Es herrscht eine dramatische Situation, und ich erkenne die Notlage an. Wir werden uns natürlich daran beteiligen, eine vernünftige Lösung hinzubekommen. Aber es kann keine Lösung sein, dafür einen öffentlichen Platz zu nutzen“, sagt Bezirksamtsleiter Thomas Völsch (SPD). Am Mittwoch sei er mit einem Mitarbeiter vor Ort gewesen und habe sich dieses Dreieck angesehen. Früher wurde die Schotterfläche, die inzwischen zugewachsen ist, als Parkplatz genutzt.
„Hamburgweit haben wir 1000 Plätze in den zentralen Erstaufnahmen, aber 1700 Asylsuchende müssen wir aktuell aufnehmen, weil die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration nicht nachkommt mit der Schaffung von Folgeunterkunftsplätzen“, so Reschreiter. Die BIS ist zuständig für die Erstaufnahme. Hier wird am Tag ihrer Ankunft als erstes geklärt, ob die Menschen in Hamburg bleiben oder in anderen Bundesländern untergebracht werden müssen. Hamburg muss 2,5 Prozent aller nach Deutschland kommenden Flüchtlinge aufnehmen.
In der Erstaufnahme bleiben diejenigen, die schließlich Hamburg zugeteilt werden, bis sich herausgestellt hat, ob sie Asylanträge stellen können oder sofort wieder in ihre Heimat zurück geschickt werden. Das sollen im Höchstfall drei Monate sein. Dann wechseln sie in Unterkünfte der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI). „Nachts stehen mitunter 50 bis 80 Menschen in Harburg und wollen zur Notaufnahme, und die Zahlen steigen dramatisch. Um diese Spitzen auffangen zu können und den Menschen ein Dach über dem Kopf zu geben, brauchen wir die Zelte“, sagt Reschreiter. In den mit Doppelstock-Betten ausgerüsteten Zelten sollen die Flüchtlinge in der Regel nur eine Nacht bleiben, bis ihr Status geklärt ist. Der BIS sei allerdings sehr daran gelegen, den Standort zu finden, „mit dem der Bezirk und die Bezirkspolitik gut leben“ könnten. Daher prüfe man jetzt zügig die Alternativfläche. Wichtig sei nur, so der BIS-Sprecher, dass die Fläche in direkter Nachbarschaft zur ZEA gelegen sei, um die Menschen von der ZEA versorgen zu können. Neben den beiden anderen Erstaufnahmen in der Schnackenburgallee und in der Sportallee stehen bereits Zelte für die Asylsuchenden.
Marcel Schweitzer, Sprecher der BASFI erklärt den Engpass bei den Folgeunterkünften damit, dass das Verfahren sehr aufwendig sei. „Die Prüfung von Flächen dauert mindestens sechs Monate. Die Entscheidung zur Nutzung einer Fläche trifft eine Lenkungsgruppe, an der neben der Sozial- und der Innenbehörde auch die Bezirke und andere mit dem Flächenmanagement befassten Behörden und Stellen teilnehmen“, sagt Schweizer. Anschließend finde im Rahmen des bezirklichen Anhörungsverfahrens die Bürgerbeteiligung statt, woraufhin die „Detailplanungen in einen Bauantrag münden, über den das jeweils zuständige Bezirksamt entscheidet“, so der Sprecher der BASFI. Erst dann könne mit Bauarbeiten begonnen werden. Schweitzer weiter: „Die Inbetriebnahme eines neuen Standortes ist mit hohem Aufwand, Unwägbarkeiten und langen Vorlaufzeiten verbunden, weshalb die gegenwärtige Überbelegung in der ZEA nicht über Nacht abgebaut werden kann.“
Unterdessen muss die BIS handeln. Reschreiter kündigt an, dass die Zelte in Harburg innerhalb weniger Tage aufgebaut werden sollen.