Jetzt beginnen die Koalitionsverhandlungen. Um regieren zu können, braucht die SPD einen verlässlichen Partner. Die CDU hat nichts dagegen, in die Regierungsbank zu wechseln.
Harburg. Regiert in Harburg künftig zum ersten Mal eine Große Koalition? Am Mittwochabend jedenfalls hat der SPD-Kreisvorstand die Weichen für eine Koalition mit der CDU in der Bezirksversammlung gestellt. Mit deutlicher Mehrheit, so SPD-Kreischef, Frank Richter, „hat sich der Kreisvorstand nach einer sachbezogenen und offen geführten, intensiven Diskussion dafür ausgesprochen, der CDU Koalitionsgespräche anzubieten“.
An der Diskussion für oder gegen eine Koalition für die nächsten fünf Jahre mit der CDU haben sich zwar auch Fraktionsmitglieder der SPD beteiligt, die Abstimmung selbst aber war Sache des Vorstands. Bereits am Donnerstagmorgen hatte Richter CDU-Kreis- und Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer von dem Ergebnis der Debatte unterrichtet.
„Inhaltlich“, so Richter weiter, „hätten wir mit beiden möglichen Koalitionspartnern ohne Probleme arbeiten können, trotz unterschiedlicher politischer Schwerpunkte der Parteien. Aber die Wahl ist auf die CDU gefallen. Und ich habe die Erwartung, dass eine große Koalition in den nächsten fünf Jahren die Herausforderungen vernünftig aufgreifen und bearbeiten kann.
Beide Fraktionen sollen sich mit der Koalition identifizieren können.“ Ziel sei es jetzt, sagt der SPD-Kreischef, „noch im August in Arbeit zu kommen". Bereits am Montag wird Fischer seinen Kreisvorstand, die Delegierten aus den Harburger CDU-Ortsvereinen und die Fraktion darüber abstimmen lassen, ob die CDU das Angebot der SPD, Koalitionsverhandlungen zu führen, annehmen soll.
Ralf-Dieter Fischer hegt wenig Zweifel daran, dass die Partei der Empfehlung des Kreisvorstandes, das Angebot anzunehmen, folgen wird. Richter und sein Kollege Jürgen Heimath, SPD-Fraktionschef, jedenfalls sind optimistisch, dass die Koalitionsverhandlungen zu einem guten Ergebnis für den Bezirk Harburg führen werden.
Zu Einzelheiten, die in den Koalitionsverhandlungen diskutiert werden, wollen weder Richter noch Heimath sich äußern. Obwohl er kein Freund von Koalitionen sei, sagt Fischer, verspreche er sich von einer großen Koalition viel für Harburg und ein stärkeres Auftreten des Bezirks gegenüber dem Senat.
Enttäuschung über die Entscheidung der SPD dagegen gab es bei den Grünen. „Wir sind überrascht, weil beide Sondierungsgespräche in guter Atmosphäre geführt wurden. Die thematische Übereinstimmung zwischen uns waren sehr groß.
Gerade im zweiten Gespräch konnten wir der SPD deutlich machen, dass mit uns eine kontinuierliche Arbeit über fünf Jahr sehr wohl möglich ist“, sagt Robert Klein, Sprecher des Vorstands der Harburger Grünen und neues Mitglied in der Fraktion der Bezirksversammlung. „Offensichtlich“, so Klein weiter, „hat der SPD die knappe Mehrheit, die mit uns zustande gekommen wäre, Sorge bereitet. Thematische Gründe jedenfalls schließe ich aus“.
SPD und Grüne hätten zusammen 27 Stimmen. Das wären zwei Stimmen mehr gewesen, als die Opposition in der Bezirksversammlung hat. Nur zwei unsichere Kantonisten bei Grünen oder SPD hätten aus Sicht der Koalition das Abstimmungsergebnis gefährden können. Eine komfortable Mehrheit ist das in der Tat nicht. „Jetzt werden wir halt eine schlagkräftige Oppositionsarbeit machen“, kündigt Robert Klein an.
Schlichtweg „albern“ findet gar Carsten Schuster die Vorstellung, dass die Bezirksversammlung künftig von einer Großen Koalition geführt werden soll. „Ich fände es besser, wenn es darum gehen würde, für gute Ideen in der Bezirksversammlung Mehrheiten zu bekommen.
Wenn man bedenkt, welche Entscheidungskompetenzen die Bezirksverwaltung überhaupt nur hat, brauchen wir wirklich keine große Koalition“, sagt der FDP-Bezirksabgeordnete. Viel spannender hätte auch Sabine Boeddinghaus, Fraktionschefin der Linken, eine Wahlperiode mit wechselnden Mehrheiten gefunden. „Ich finde es schwach von der SPD, habe aber nichts anderes erwartet“, sagt sie.