Das Hamburger Thalia Theater hat sich auf seiner Sommertour in der Metropolregion ganz besondere Spielorte ausgewählt. Sechsmal gastieren Schauspieler mit einem besonderen Programm in Industriedenkmälern.

Karoxbostel. Spinnweben in den Fenstern, knorrige Holzbalken unter dem Reetdach, in den dunklen Ecken wispern die Mäuse. Die alte Wassermühle in Karoxbostel ist ein geheimnisvoller Ort, der langsam aber sicher wieder zu Leben erwacht.

Die alten Mauern sind außerdem der ideale Ort für einen Abend voller Gespenster- und Gruselgeschichten. Das Thalia Theater ist im Sommer auf Tour in alten Industriedenkmälern und kommt mit einem Abend voller Spuk und Schauder in die alte Wassermühle.

Am Donnerstag, 19. Juni, werden der Thalia Schauspieler Tilo Werner und zwei Kollegen eine eigens für diesen Ort entwickelte Inszenierung präsentieren, die nur an diesem Abend in der Karoxbosteler Mühle zu sehen sein wird.

Um 19 und um 21 Uhr laden sie zu einer Lesung, die anders ist, als es der Zuschauer kennt. So wie man es gewohnt ist – das Publikum auf den Stühlen im Zuschauerraum, die Schauspieler auf einer Bühne –, das wird es nicht geben.

Die drei Akteure werden gleichzeitig in verschiedenen Räumen performen, das Publikum ist aufgefordert zwischen den Auftrittsorten zu wandern. „Damit wollen wir einen etwas anderen Kunstgenuss bieten, hier wird der Raum zu einem Teil der Geschichte“, erläutert Julia Mittelstraß vom Thalia Theater das Konzept.

Im vergangenen Jahr hatte es den ersten Kontakt zwischen Emily Weede, der ersten Vorsitzenden des Mühlenvereins, und dem Hamburger Theater gegeben. Der Regisseur Helge Schmidt kam an einem Tag das erste Mal hierher, als es langsam dunkel wurde. Nebel waberte vom Mühlenteich auf, ein Wasserfall lief durch das seitlich zusammengebrochene Haus, Moos wucherte bis in die Räume.

Helge Schmidt war von Anfang an fasziniert von der geheimnisvollen Atmosphäre. Und als dann auch noch Emily Weede die vielen geheimnisvollen Geschichten um die alte Mühle, die an dieser Stelle schon seit 1438 steht, erzählte, war für ihn klar: An diesem mystischen Ort müssen wir spielen!

Eigens für diesen Abend stellt er nun Texte zusammen, die die geheimnisvolle Stimmung, die von der Mühle immer noch ausgeht, erlebbar zu machen. Der Schauspieler Tilo Werner ist seit fünf Jahren festes Mitglied im Ensemble des Thalia Theaters. Das Theaterpublikum kennt ihn aus Inszenierungen wie Kleists „Der zerbrochene Krug“, Peter Handkes „Immer noch Sturm“ oder auch Büchners „Woyzek“.

Aktuell probt er gerade für „Die drei Musketiere“, die am 5. Juni im Thalia im Zelt in der Hafencity Premiere haben werden. Der Abend in Karoxbostel ist auch für ihn ein ungewohnter Spiel-Platz: „Er freut sich total, an einem so spannenden Ort auftreten zu können“, berichtet Julia Mittelstraß.

Seit vergangenem Jahr arbeiten das Thalia Theater und die Metropolregion Hamburg zusammen, um den Kulturaustausch zwischen Stadt und Land mit neuen Ideen zu inspirieren. Schauspieler reisen an besonders atmosphärische Orte zu Lesungen und Inszenierungen. In diesem Jahr wurden sechs Schauplätze in ganz Norddeutschland ausgewählt, die bezeichnend sind für Industriekultur.

Ob Schwedenspeicher in Stade, das Museum Windstärke 10 in Cuxhaven, das Detlefsen-Museum in Glückstadt, der Thormann Speicher in Wismar, die Hitzler Werft in Lauenburg, in der die ersten großen Elb-Binnenschiffe gebaut wurden oder eben die Wassermühle in Karoxbostel – jeder dieser Orte haucht dem Theater auf seine eigene Weise Leben ein.

„Für das Thalia Theater, das mit seinen Stücken weltweit zu Gastspielen geladen ist, hat auch das Engagement in der Region, in der es beheimatet ist, eine große Bedeutung“ , sagt Julia Mittelstraß.

Für Marion Köhler von der Metropolregion Hamburg ein Projekt, das allen hilft: „Wir können so Menschen aus den verschiedensten Bereichen zusammenbringen und fördern den Austausch von Kultur und Tourismus zwischen Hamburg und dem Umland.

Nicht nur Karoxbostel als Schauplatz eines so hochwertigen Theaterabends mit Künstlern, die ganz direkt vor den Zuschauern agieren können, macht sie stolz: „Auf diese Weise können wir zeigen, was wir für Schätze und Kostbarkeiten in der Region haben.“

Und die sollen die Zuschauer bei der Lesung in der Wassermühle genießen. Emily Weede wünscht sich viele Gäste, die sich in der Mühle umschauen, den Sommerabend am Mühlbach oder auf dem Hofplatz genießen und mit einem Glas kühlen Weins anstoßen, auf diesen Ort voller Geheimnisse und den Geschichten vergangener Zeiten.

Die Karten für den 19. Juni kosten 12 Euro, das Kontingent ist allerdings begrenzt. Ab sofort läuft der Vorverkauf in der Buchhandlung Seevetal in Hittfeld unter Telefon 04105/58150 oder direkt beim Mühlenverein im Internet.

wassermuehle-karoxbostel@arcor.de