Die Betreiber des Gründer-Campus in Bostelbek sehen ihr Projekt gefährdet, weil sie nicht expandieren können
Heimfeld. Vom Standort der neuen Harburger Flüchtlingsunterkunft auf der Pferdewiese in Bostelbek waren nicht nur die Siedler im Umfeld überrascht. Auch Christoph Birkel, Geschäftsführer des hit-Technoparks am Tempowerkring. Für ihn galt das Straßendreieck Am Radeland/Bostelbeker Damm/Moorburger Bogen immer als potenzielle Erweiterungsfläche für Hamburgs einzigen Technologiepark. Nun sieht Birkel nicht nur dessen Expansion gefährdet, sondern das Projekt im Ganzen.
„Ich muss mich wirklich wundern: Da will der Senat angeblich die Gründung weiterer Technologieparks vorantreiben, und dann bremst er die Entwicklung des einzig bestehenden in dieser Weise aus. Das konterkariert sein Bekenntnis für mich. Ich kann nicht verstehen, warum man uns nicht viel früher informiert und eingebunden hat“, sagt Birkel Junior, der den Park gemeinsam mit Vater Wolfram leitet.
1994 hatte die Unternehmerfamilie das Gelände des ehemaligen Tempo-Dreirad-Werks übernommen. Mitte der 80er-Jahre war der Technopark von Professoren der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) in Zusammenarbeit mit der Hansestadt Hamburg gegründet worden. Erklärtes Ziel war es, Jungunternehmern, zumeist Absolventen der TUHH, bezahlbaren Mietraum für die Entwicklung und Produktion eigener Innovationen zur Verfügung zu stellen.
In den vergangenen 20 Jahren haben die Birkels den hit-Technopark zu einer Harburger Erfolgsgeschichte werden lassen. Auf dem mehr als 28.000 Quadratmeter großen Areal mit grüner Campus-Atmosphäre sind heute rund 110 Firmen beheimatet, die im nationalen und internationalen Technologiebereich tätig sind und teilweise zu den Weltmarktführern gehören. Nach dem Zukauf mehrerer Parzellen wurde gerade der fünfte Bauabschnitt fertiggestellt. Doch damit sind die Grenzen des Wachstums erreicht.
Überraschende Unterstützung durch Antrag der Harburger SPD
Unterdessen hatten langjährige Bestandsmieter bereits Ende vergangenen Jahres weitergehenden Platzbedarf angemeldet. „Eine Expansion zum Hafen hin, scheidet nach Auskunft des Harburger Bauamtes aus“, sagt Christoph Birkel. Die angrenzenden Wiesen im Norden seien ökologische Ausgleichsflächen mit seltenen Tieren und dürften nicht bebaut werden. So bleibt als einzige, ortsnahe Alternative die keine 100 Meter entfernte Pferdewiese.
Durch die dort nun geplante Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft aufgeschreckt, ist Christoph Birkel in den vergangenen Tagen unter anderem beim Bezirksamt vorstellig geworden. Dort hat man ihm eine Fläche an der B73 angeboten. Sie gilt durch ihre Lage aber als wenig attraktiv und hätte auch keinerlei Anbindung an den hit-Technopark.
Doch jetzt erhalten die Birkels plötzlich Unterstützung von der SPD-Fraktion. In einem Antrag für die letzte Bezirksversammlung vor dem Ende der laufenden Legislatur fordern die Harburger Sozialdemokraten die Verwaltung auf, „bereits heute die mittelfristige Erweiterungsmöglichkeit vorzubereiten“ und hierfür „gegebenenfalls Flächen zu sichern bzw. zu reservieren“.
Dieser Vorstoß überrascht nicht nur deshalb, weil im selben Antrag ausdrücklich eingeräumt wird, dass „die Erweiterungsmöglichkeiten im mittelbaren und unmittelbaren Umfeld des Standortes begrenzt bzw. ausgeschöpft“ sind. Auch deshalb, weil die Technopark-Chefs keinen Zweifel daran gelassen haben, dass sie vor allem auf die Pferdewiese fokussiert sind. Die aber ist bekanntlich vom Bezirksamt als Standort für eine weitere Flüchtlingsunterkunft benannt worden. Und wird dafür von der Sozialbehörde mit Sicherheit auch beansprucht.
SPD-Fraktionschef Jürgen Heimath ist sich des Dilemmas wohl bewusst. „Hier geht es aber auch um Arbeitsplätze, Innovationen und letztlich um Standortsicherung“, sagte er dem Abendblatt. Mit dem Antrag wolle man nicht zuletzt gegenüber dem Senat „den Finger in die Wunde legen“. Da müsse sich denn wohl auch mal die Wirtschaftsbehörde klar positionieren.
Christoph Birkel gibt zu, dass zwei Herzen in seiner Brust schlagen würden: „Natürlich haben wir eine moralische Pflicht, Flüchtlinge aufzunehmen.“ Darin liege mit Blick auf den zu erwartenden Fachkräftemangel in den kommenden Jahren ja auch eine gewisse Chance. Andererseits könne er nicht die Sorgen und Bedenken seiner Mieter und Kunden ignorieren. Der „Technopark hinterm Flüchtlingsdorf“ sei nicht gerade eine gute Werbung. „Und weil man eben nicht genau weiß, wer da nun wirklich untergebracht wird, sind auch die bereits geäußerten Sicherheitsbedenken nicht von der Hand zu weisen“, so Birkel. So sei nicht auszuschließen, dass man Kunden verlieren werde.
Nun hofft er auf einen Kompromiss. Eine zeitliche Begrenzung des Flüchtlingscamps auf fünf Jahre wäre für ihn eine denkbare Option. Alles andere aber nur „sehr schwer vorstellbar“.