Ein Musiker, der auf Kontraste steht. Max Schwarz sitzt leidenschaftlich gern an seiner „Schießbude“ und beherrscht gleichermaßen die Pauke im Sinfonieorchester Neu Wulmstorf.
Neu Wulmstorf. Tattoos, lange Haare, Lederklamotten – so sieht nach allen Klischees ein Heavy-Metal-Musiker aus. Nicht so der Metal-Schlagzeuger Max Schwarz aus Neu Wulmstorf. Der 21-Jährige mit schwarzer Hornbrille und grauem Hemd erinnert eher an einen Bankkaufmann als an ein Heavy-Metal-Bandmitglied.
Der junge Mann kann aber auch beides: Metal und Klassik, Pauke und Schlagzeug. Vielleicht passt er deshalb nicht so recht in eine Schublade. Max Schwarz ist ein Beispiel dafür, dass sich Klassik und Metal nicht ausschließen müssen. Dass beides geht. Dass man nicht wie ein böser Junge aussehen muss, um Metal zu mögen.
Doch lange Zeit machte sich Max Schwarz gar keine Gedanken über den Musikstil. Er wollte nur eines: Schlagzeug spielen. Und das schon mit drei Jahren. Als er schließlich die fünfte Klasse besuchte, erfüllten ihm seine Eltern den Wunsch. Als Belohnung für die guten Zeugnisnoten überraschten sie ihn mit einem Besuch der Musikschule Lepél in Neu Wulmstorf und meldeten ihn für den Schlagzeugunterricht an.
Das war so etwas wie die Initialzündung, die am Ende zur Bandgründung und zur Abiturprüfung im Schlagzeug führte. Damit ist Max Schwarz der erste in Niedersachen, der sein Abitur im Schlagzeug ablegte. Üblicherweise entscheiden sich die Schüler eher für Instrumente wie beispielsweise Cello oder Gitarre.
Es war offensichtlich die richtige Wahl. Max Schwarz erhielt volle Punktzahl in der praktischen Prüfung und verließ mit einer Gesamtabiturnote von 1,8 das Neu Wulmstorfer Gymnasium. Wer glaubt, dass so eine musikalische Prüfung ein Spaziergang ist, irrt.
Max Schwarz musste das Drum-Set, die Snare-Drum und die Pauke beherrschen und dabei unterschiedliche Stile wie Klassik, Jazz und Rock bedienen. „Dafür muss man schon eine umfangreiche musikalische Vorbildung haben“, sagt sein Musiklehrer Heiko Lepél, Leiter der Musikschule in Neu Wulmstorf.
Zu den Prüfungsstücken zählten der erste Akt aus der „Sinfonie aus der neuen Welt“ von Antonin Dvorak, „Getting it startet“ und der Song „Indestructible“ von der Metal-Band Disturbed.
Es gehörte auch dazu, vom Blatt spielen zu können – also ein völlig unbekanntes Musikstück zu spielen, um zu testen wie notensicher der Schüler ist. Ein halbes Jahr lang hat sich Max Schwarz zusammen mit seinem Schlagzeuglehrer Heiko Lepél auf das Abitur vorbereitet.
Das Abi hat ihn letztlich auf die Pauke gebracht. Neben Klavier und Gitarre ist es nun das dritte Instrument, das Max Schwarz beherrscht. So gut, dass er zum festen Ensemble des Neu Wulmstorfer Sinfonieorchesters zählt. Etwa zur selben Zeit, als er sein Abitur ablegte, gründete sein Schlagzeuglehrer Lepél das neue Orchester in Neu Wulmstorf.
Ehrensache für den jungen Musiker, Teil dessen zu sein. Groß ist die Pauke, aber das heißt noch lange nicht, dass ein stumpfes Raufhauen reicht. „Man muss sie sehr feinfühlig spielen“, sagt Max Schwarz. „Darauf ergeben sich ganz andere Töne, die ich auf das gesamte Orchester abstellen muss.“ Ganz andere Herausforderungen also als die, denen er sich als Schlagzeuger und Sänger seiner Band „Schattenfurcht“ stellen muss.
Dahinter verbirgt sich eine Gothic-Metal-Band. Ursprünglich als Rockband „Alive“ gestartet hat es mehrere Jahre und häufig wechselnde Namen gebraucht, bis Max Schwarz und seine Bandkollegen den für sie richtigen Metal-Stil gefunden haben. Inspiriert haben sie unter anderem namhafte Bands wie „Within Temptation“ und „In Flames“.
„Über uns und unsere Musik lässt sich sagen, dass die Lieder größten Teils vom Tod und dessen Verbindung zum Alltag, besonders zur Liebe, handeln. Dies in einem lyrischen Mantel, hinterlegt mit sattem Gitarrensound und ins Blut schießenden Keyboardmelodien“, schreibt „Schattenfurcht“ über sich selbst auf Facebook.
Die Lieder komponiert Max Schwarz. Dabei profitiert er von seinem Mitwirken im Sinfonieorchester. Denn ähnlich wie die finnische Metal-Band „Nightwish“, die sich gerne von einem kompletten Sinfonieorchester begleiten lässt, baut auch Max Schwarz Orchesterklänge in seine Stücke ein.
Ohnehin findet er nicht, dass zwischen Metal und Klassik eine große Lücke klafft. Für ihn gehen ein schönes Gitarrenriff und ein pompöses Orchester gut zusammen. „Orchester-Musik ist oft in Moll geschrieben, und da auch Metal eher eine düstere Musik ist, sind beide in ihrer Grundstimmung miteinander gut vereinbar“, sagt Max Schwarz.
Das klingt schon sehr professionell. Doch seinen ursprünglichen Plan, Musik zu studieren hat er aufgegeben und sich stattdessen für Nanowissenschaften entschieden. Auch da haben ihm das Abitur und die manchmal quälende Vorbereitung die Augen geöffnet: Musizieren auf Zwang ist nichts für ihn.
„Das wollte ich jedenfalls nicht für den Rest meines Lebens machen“, sagt Max Schwarz. Er will sich die Freude an der Musik nicht verderben. Deshalb wird seine Leidenschaft auch nicht zum Beruf, sondern bleibt ein Hobby.
Zielstrebig wie Max Schwarz ist, hat er keine Probleme, sich von einer ursprünglichen Idee wie dem Musikstudium zu lösen. Genauso ging er mit seinem Metal-Markenzeichen um: die langen Haare. Fünf Jahre lang reichten sie bis über die Schulter. „Es war dann einfach praktischer, sie kurz zu tragen“, sagt Max Schwarz. Schnippschnapp. Haare ab.