Neuer Name, neuer Standort, neues Konzept: „Landbaukultur“ an der Emmlendorfer Straße in Seevetal setzt auf heimische Produkte und Kreativität.
Emmelndorf. Am liebsten würden Kerstin und Uli Overmeyer gleich weiterplanen. „Wir haben so viele Ideen, die reichen noch für 1000 Jahre“, sagt die 43-Jährige mit strahlenden Augen. Sie steht mitten in ihrem neuen Hofladen, rote Paprika blitzen mit frisch gewaschenem Feldsalat um die Wette, aber irgendwie schweifen die Gedanken schon wieder in die Zukunft. Könnte man nicht auch eigene Rinder halten und deren Fleisch direkt vermarkten? Und wie wäre es, wenn man Lesungen und Musikkonzerte auf dem Hof veranstaltet? Die Overmeyers wären aber nicht die Overmeyers, zwei bodenständige Agraringenieure mit einem großen Bewusstsein für ökologische Landwirtschaft, wenn sie nicht wüssten, dass man manchmal einfach nur einen Schritt nach dem anderen setzen darf. Und warten muss, wie sich die Dinge entwickeln.
Der eine Schritt – das ist jetzt die Neueröffnung ihres Hofladens an der Emmelndorfer Straße und der neue Name „Overmeyer Landbaukultur“ anstatt des alten Namens „Hof Meyer-Sahling“. 500 Quadratmeter besitzt das neue Geschäft. Zuvor hatten sie auf den 300 Quadratmetern im Herzen von Alt-Emmelndorf, dem kleinen Seevetaler Gemeindeteil direkt neben Hittfeld, erkennen müssen, dass die räumlichen Grenzen allmählich erreicht sind. Ein Kundenstamm von 1500 Bioliebhabern erforderte neue Ideen, die das Ehepaar gemeinsam mit dem Strategieberater und Markenentwickler Günther van Ravenzwaay aus Buchholz entwarf.
„Im Lebensmittelhandel merkt man schnell, wie abhängig man von anderen ist“, sagt van Ravenzwaaay. Das Ziel deshalb: Lieber unabhängig sein, so viel wie möglich selbst anbauen und das dann verkaufen. 40 Gemüsesorten wollen die Overmeyers auf ihren eigenen Feldern ziehen. Kartoffeln, Möhren, Rote Bete, eben alles, was die heimische Natur so hergibt. „Wir wollen auch Folienhäuser testen, damit wir die Saison noch mehr verlängern können“, sagt Uli Overmeyer, 44. Außerdem sollen Hühner und eventuell ja auch die eingangs erwähnten Rinder dazukommen. „Dafür müssen aber erst die Abläufe am neuen Standort rundlaufen.“
Genügend Veränderungen sind dort jedenfalls schon so zu stemmen. Herzstück im Hofladen ist zwar nach wie vor das frische Obst und Gemüse, das in der Mitte der Fläche zentral präsentiert wird. Trotzdem hat sich der Aufbau etwas verändert – oder anders ausgedrückt: Er folgt jetzt einem ausgeklügelten Konzept. „Grundgedanke ist ein Erzeugermarktplatz“, umschreibt es van Ravenzwaay. Betritt man den Laden, sind rechter Hand zunächst die Salatdressings zu sehen, die ab sofort in der direkt angeschlossenen Manufaktur zubereitet werden. Es gibt Saucen für Karottensalat, Rote-Bete-Salat oder Blattsalat, immer passend zur jeweiligen Geschmacksnote und selbstverständlich rein natürlich produziert. Die Overmeyers wollen die einfachen, heimischen Gemüsesorten wieder interessant für die Kundschaft machen und zeigen, was bei einer intelligenten Verarbeitung möglich ist.
Außerdem werden in der Manufaktur Suppen, Gemüsebrotaufstriche oder Eintöpfe hergestellt, die ebenfalls in den Verkauf gehen oder direkt vor Ort verspeist werden können. Dazu besteht im neuen „Wohnzimmer“ im hinteren Bereich des Ladens Gelegenheit. An einem großen Tisch können Besucher Platz nehmen und sich im Winter an einem Kamin erwärmen oder im Sommer auf der neuen Terrasse die Sonne genießen. „Der Hof soll ein Ort der Begegnung werden mit Lesungen, Festen und Konzerten“, sagt van Ravenzwaay. Agricultura im wörtlichen Sinne eben.
Die notwendigen Getränke für derartige Festivitäten gibt es praktischerweise vor Ort. In der Rösterei wird frischer Kaffee zubereitet, aber nicht irgendein Kaffee, sondern ein Kaffee, den ausschließlich Kooperativen herstellen. Die Kaffeerösterei „Quijote“, so der Name des Händlers aus Hamburg-Rothenburgsort, reist regelmäßig zu den Partnern in den Ursprungsländern und garantiert faire Preise. Nicht minder ausgesucht sind die Weinlieferanten. Jedes der 16 Weingüter, die alle rein biodynamisch produzieren und aus Deutschland, Österreich und Südtirol stammen, stelle sich auf einem ausführlichen Infozettel vor und solle auch persönlich für Weinproben nach Emmelndorf kommen, so van Ravenzwaaay.
Im linken Bereich, neben der erweiterten Käsetheke, bieten die Verkäufer an der neuen Fleischtheke reine Bioprodukte an. Für Babynahrung sei das ideal, schwärmt Stephanie Jansen. Das Gleiche denkt Christine Klappenbach, die neben ihr steht und gerade Rindergulasch für Töchterchen Fenja, neun Monate, kauft. „Die Auswahl gefällt mir und der Laden ist schön luftig“, lobt sie das neue Konzept.
Am 21. und 22. Februar haben sie und alle anderen alten und neuen Kunden des Hofladens Gelegenheit, auf der offiziellen Einweihungsfeier den Betrieb der Overmeyers ganz genau kennenzulernen. Viele Lieferanten werden vor Ort sein, außerdem steht das Ehepaar selbst Rede und Antwort. Aber nicht erschrecken: Die Hofstelle, die als klassischer Vierseitenhof angelegt ist und zu der neben dem Hofladen eine Lagerhalle, der Hühnerstall und das Wohnhaus der Overmeyers gehören, in dem sie mit ihren sieben Kindern im Alter von vier bis 17 Jahren leben, ist noch nicht ganz fertig. Im Sommer soll der Bau komplett abgeschlossen sein, inklusive Streuobstwiese, Kräutergarten und Gemüsefeldern drumherum.