Er liebt das Leben auf dem Wasser und hat sich deshalb die „Stadersand“ umgebaut. Doch den Wandel des Hafens zum Szene-Viertel beobachtet er mit Skepsis.
Harburg. Es sind die Lichtreflexe, die Werner Pfeifer immer aufs Neue faszinieren und gleichzeitig beruhigen. Die bewegte Wasseroberfläche zeichnet bei Sonnenschein helle Kringel an die Kajütendecke. Er liebt die Segelschiffe, die Barkassen und das Schwanenpaar, das in aller Ruhe majestätisch seine Bahnen durch den Harburger Binnenhafen zieht. Und er mag seine Nachbarn: Knud den Künstler, Sören den Internettechniker und Ralf, den Bootsbauer.
Den Männern geht genau wie Werner nichts über das Dasein auf dem Wasser. „An Bord der ‚Stadersand‘ zu sein, bedeutet für mich Entspannung pur“, sagt der freie Journalist und Musiker. Wenn der 53-Jährige nach Westen schaut, sieht er einen gigantischen Schaufelbagger und daneben die schlichten Neubauten der Schlossinsel. Ein archaisch wirkendes Baufahrzeug und moderne Wohnblocks.
Der Gegensatz könnte größer kaum sein. Aber gerade das macht den Charme aus. Pfeifers Steganlage am Harburger Hauptdeich setzt mit Wohnschiffen von supermini-simpelst bis groß-komfortabel gewissermaßen ein Sahnehäubchen aufs pittoreske Ensemble. Mit 27 Metern Länge, knapp acht Metern Breite und beachtlicher Höhe wirkt die „Stadersand“ neben den anderen Booten wie ein Ozeandampfer.
Auf den drei Decks der ehemalige Hadag-Fähre verteilen sich heute eine große Wohnküche, ein Badezimmer mit Dusche, zwei WCs, drei Schlafzimmer und ein mehr als 60 Quadratmeter großes Sonnendeck. Dämmung und Doppelverglasung, Zentralheizung und Kaminofen, Schiebetüren und Klimaanlage sorgen winters wie sommers für Wohlfühl-Temperaturen.
Als Werner 1990 die damals vierzig Jahre alte Fähre für 28.000 Mark erwarb, war sie bereits ausgeschlachtet und eigentlich schrottreif. Das Äußere des genieteten Stahlrumpfs – eistauglich, wie Werner stolz betont – ließ er vom Maler entrosten und anstreichen. Den Innenausbau bewerkstelligte er selbst mit Hilfe von Freunden.
Fast zehn Jahre lebte er an Bord, dann zog der Familienvater an Land, dem Nachwuchs zuliebe. „Nach Rissen, in einen Reichen-Vorort“, sagt der NDR-Reporter und seine wegwerfende Handbewegung lässt keinen Zweifel daran, was er von einschlägigen Nobelvierteln hält.
Die Kinder sind mittlerweile halbwüchsig und Werner beginnt wieder, seinen Traum zu leben. Nicht immer, aber immer öfter weilt er auf der „Stadersand“. Harburg und der Binnenhafen liegen ihm am Herzen. Er möchte aufmerksam machen auf das lange vergessene maritime Juwel, dessen Wandel von der Industriebrache zum angesagten Szene-Viertel er aus nächster Nähe verfolgt hat.
Er möchte so viel Flair wie möglich erhalten und ist bereit, Geld zu investieren, um aus der „Fischhalle“ am Kanalplatz ein „Galerie-Café“ zu machen. Mit den Liedern seiner CD „Kleiner Ozean“ hat er bereits Sympathien für die „alteingesessenen“ Hafenbewohner geweckt und ihnen ein musikalisches Denkmal gesetzt.
„Sie sind hier doch das Salz in der Suppe“, findet das singende, textende und komponierende Multitalent. Darüber hinaus lädt der Gitarrist und Mundharmonika-Spieler in unregelmäßigen Abständen zu privaten Musik-Veranstaltungen ins „Café Kleiner Ozean“ auf der „Stadersand“ ein. Dann gibt es am Steg und an Bord ordentlich was für Ohr und Herz und Seele.
„Ich bin jemand, der sein Glück gern teilt“, sagt Werner. Deshalb – und weil der Erhalt des Schiffs nicht billig ist – vermietet er sein schwimmendes Königreich. Tage- oder wochenweise, für Partys, Hochzeiten, Familienfeiern. Es gibt schließlich eine Menge Menschen, die vom Leben auf dem Wasser fasziniert sind.