Mit 20 Teilnehmern ist das Kulturereignis in seinem zehnten Jahr so umfangreich wie nie zu vor. In zahlreichen Galerien, auf dem Wasser und in der Uni stellten Künstler am Sonnabend ihre Werke aus - oder führten sie auf
Harburg. Wie Dolly müsste man sein, das geklonte Schaf aus Wales. Dann hätte man sich pünktlich zum Harburger Kulturtag am Sonnabend einfach verdoppeln, verdreifachen oder gar vervierfachen können und sich nicht mit der Entscheidung herumschlagen müssen, welche der teilnehmenden Kulturinstitutionen man besucht. Mit 20 Teilnehmern ist das Kulturereignis in seinem zehnten Jahr so umfangreich wie nie zu vor.
Uns treibt es zunächst einmal in die Harburger Arcaden. Allerdings nicht zum Shoppen, sondern auf der Suche nach Kunst. Der Harburger Künstler Toro hat zum Kulturtag Arbeiten von rund 40 Künstlern kuratiert, die von der Seevepassage über das Phoenix Center bis eben zu den Arcaden in der ganzen Innenstadt verteilt sind. Während wir noch suchen, steht Toro plötzlich hinter uns. „Nach oben!“, verrät er. In einem Leerstand befindet sich dort Toros Arbeit „No Water No Port“, die er für die „Nacht der Lichter“ im September angefertigt hatte. Der leuchtende Schwemmkörper sei sein Protest gegen die Unaufmerksamkeit für das Wasser gewesen. „Für die Illuminierung der Gebäude wurden Tausende Euro ausgegeben“, so Toro, „aber niemand hat etwas auf dem Wasser gemacht. Dabei wäre der Hafen ohne das Wasser nichts.“
Aufs Wasser geht es im Anschluss. Die Harburger Künstlerin Kerstin Nagel-Stein präsentiert ihre fantasievollen Bilder auf einer Barkasse im Binnenhafen. Eine wahrlich ungewöhnliche Präsentationsfläche, die dafür sorgt, dass stets eine Menschentraube vor Ort ist. „Hier ist richtig viel los“, freut sich Kerstin Nagel-Stein. „Es waren schon viele Freunde hier, aber auch eine ganze Menge Menschen, die den Kulturtagspin tragen und alle Stationen ablaufen.“
Direkt nebenan in der Kulturwerkstatt herrscht ebenfalls reges Treiben. In der Geschichtswerkstatt zeichnet die Malgruppe „Farbpalette“, im Seminarraum sind Schwarz-weiß-Fotografien der Fotogruppe zu bestaunen und im Saal bringt Ulrike Lachmann, Leiterin des Harburger Binnenhafenchors „Die Ohrwärmer“, den Kulturtagsbesuchern gerade das Stück „The Scat Calypso“ bei. Die Harburger können richtig gut singen!
Aber wir müssen weiter. Es gibt schließlich so viel zu sehen. Zum Beispiel das Archäologische Museum, das pünktlich zum Kulturtag die neue Sonderausstellung „Raubgräber – Grabräuber“ eröffnet. Sie erzählt spektakuläre Fundgeschichten und gewährt den Besuchern Einblicke in die Arbeit von Archäologen. In der St. Johanniskirche sorgen derweil die Musikgemeinde Harburg, die Harburger Kantorei und die St. Trinitatisgemeinde den ganzen Tag über für Musik und in der Sammlung Falckenberg wird über die polarisierenden Arbeiten des Spaniers Santiago Sierra diskutiert, während sich an der Flutschutzwand am Bostelbeker Hauptdeich Graffiti-Künstler die Spraydose in die Hand reichen.
Wie im Flug vergeht die Zeit im Electrum, dem Museum der Elektrizität, wo Margot Niemann bei einer äußerst unterhaltsamen Führung kuriose Elektrogeräte der letzten 130 Jahre vorstellt. „Das hatten wir früher auch“, hört man die Besucher immer wieder murmeln.
Unsere letzte Station ist das TuTech-Haus, wo der Moorburger Kunstmaler Heinz-Jürgen Wilde seine Arbeiten präsentiert. Über 200 Besucher seien schon da gewesen, verrät Wilde. Vor allem in dem dunklen Raum, in dem ein gutes Dutzend mit Neonfarben gemalte Großformate hängen, kommen die meisten von ihnen aus dem Staunen kaum mehr heraus. Die Bilder, die Motive wie die Elbphilharmonie, den Hafen oder das TuTech-Haus zeigen, leuchten unter Schwarzlicht in grellem Rot, Gelb und Blau. Ob denn Gunter Gabriel schon da war, fragen wir Wilde. Immerhin hatte der Sänger seinen Besuch bei Wilde vorher angekündigt. „Nein“, so Wilde. „Er hatte zu viel zu tun.“ Selbst Schuld, er hat was verpasst!