Malprojekt: Schüler der Katholischen Schule Neugraben bemalen sechs weiße Wände mit wetterfesten Farben
Neugraben. Es war eine klare Botschaft, die Schüler, Eltern und Kollegium der Gemeindeschule Heilig Kreuz am Wochenende nach Hamburg schickten. Mit Pinsel und Farbe bewaffnet, rückten sie den weißen Wänden mit den „Bullaugen“ auf dem Schulgelände zu Leibe, verzierten sie zwei Tage lang mit bunten Motiven. Die Künstler bekundeten damit ihre Solidarität, äußerten ihr Unverständnis über die Entscheidung des Katholischen Schulverbandes, die Einrichtung in Neugraben aus baulichen und ökonomischen Gründen bis 2023 abzuwickeln. Die neunjährige Anna Plange brachte die Hoffnung vieler Betroffener auf den Punkt: „Wenn wir die Wände fertig angemalt haben, dann können die in Hamburg unsere Schule doch nicht einfach so schließen. Das ist doch so schön hier.“
Ausgangspunkt für die Aktion der Katholischen Schule Neugraben (KSN) war ein vom Schülerrat initiierter Malwettbewerb. 120 Schüler aller Klassen reichten zum Thema „Schöne Schule“ ihre Vorschläge ein; eine mit Eltern, Schülern, Lehrern und Malern besetzte Jury wählte anschließend die sechs besten Entwürfe aus. Die von Anna Lorenzen („KSN unterm Regenbogen"), Julia Krautzer („KSN Schiff"), Noelle Mazur („Die Wasserliebe der Tiere"), Daniel Geist („Rosenkreuz“), Nicole Balko („Freiheit“) sowie Saskia Lenzing und Milena Guggenheimer („Safari“) gestalteten Motive wurden nun in einer Gemeinschaftsaktion vom Papier auf die Wände übertragen.
Zwei Tage lang arbeiteten alle kräftig mit. Lukasz Hutka, Inhaber der Firma „Malerhut“, stellte an jedem Bullauge einen Fachmann ab, der den Schülern beim Auftragen und Mischen der von Akzo Nobel gesponserten Farben zur Seite stand. Seinen Leitspruch „An erster Stelle steht der Spaß. Alles andere kommt von selbst“ nahmen sich die Schüler zu Herzen: Die Stimmung war gut, die weißen Wände waren im Handumdrehen Geschichte. „Einige Jungen und Mädchen waren mit soviel Engagement dabei, dass ich sie richtig ausbremsen musste, damit die Farben erst einmal in Ruhe durchtrocknen konnten“, sagt Hutka. Ganz ungeduldigen Künstlern drückte der Malermeister spontan einen Fön in die Hand.
Die wetterfesten Vollton-Farben wurden abschließend mit einem „Grafitti-Schutz“ lackiert, damit die Motive auch in ein paar Jahren noch schön und bunt sind. „Die Bilder überdauern so problemlos die Zeit“, sagt Hutka. Die Schule hingegen tut dies nicht. Weil der Katholische Schulverband Hamburg die für eine Sanierung notwendigen Kosten in Höhe von 15 bis 20 Millionen Euro für die KSN nicht ausgeben will, wird langfristig nur der Grundschulbereich erhalten - und von der Cuxhavener Straße 379 an den Standort Falkenbek verlagert. Schon ab dem kommenden Schuljahr 2014/2015 dürfen keine neuen fünften Klassen mehr gebildet werden.
Die Frage des neuen Schuldezernenten Erhard Porten, ob denn da soviel Aufwand überhaupt noch lohne, beantwortet der kommissarische Schulleiter der KSN mit einem klaren „Ja“. „Wir wollen zeigen, dass unsere Schule lebt - auch in schweren Zeiten. Das bin ich den Schülern, den Eltern, dem Kollegium, kurz: dem Ganzen hier einfach schuldig“, so Wolfgang Pickartz. „Außerdem hätte ich das Projekt auch gemacht, wenn die Schließung kein Thema gewesen wäre. Die Schüler sollen sich hier schließlich wohlfühlen, es schön haben, sich mit ihrer Schule identifizieren können. Nur so ist auch engagiertes Lernen und Lehren möglich. Davon bin ich überzeugt.“
Die Zukunft und die Frage, wie es nach und vor allem mit der Schule an der Cuxhavener Straße weitergeht, ließ Nicole Balko sogar in ihr Motiv einfließen. „Ich habe überlegt, was unsere Schule auszeichnet“, erzählt die 15-Jährige. Das Wort Freiheit, eine Friedenstaube und Tränen zieren ihr Bild. „Wir verlassen bald die Schule, sind frei, aber auch traurig. Hier ist die Gemeinschaft toll, das Verhältnis mit den Lehrern offen. Wer Hilfe braucht, bekommt sie auch“, erklärt Fenja Heede.
Auf die angekündigte Schulschließung reagieren die Schülerinnen deshalb mit Unverständnis. Lina Pohlan (16) sagt: „Die KSN wurde in den vergangenen Jahren immer vernachlässigt. Es war klar, dass irgendwann investiert werden muss. Die katholische Kirche ist nicht arm. Anscheinend war zumindest genug Geld da. um es in Limburg zu verschwenden. Und für uns ist dann plötzlich nichts mehr übrig. Das können wir nicht verstehen.“