Zweiter Teil der Wahl-Diskussion an Hamburger Schulen, diesmal an der Lessing-Stadtteilschule in Harburg. Heiße Debatten mit klaren Worten, die man bei Profi-Politikern wohl nicht hören würde.

Harburg Die Diskussion läuft gerade eine halbe Stunde, als sich ein kleiner Tumult zusammenbraut. Um den Netzrückkauf war es zuvor gegangen und damit um die Frage, ob die Stadt hierfür rund zwei Milliarden Euro ausgeben sollte oder lieber nicht. Das Für und Wider wurde abgewogen. Bis sich ein Schüler meldete, um eine ganz andere Frage zu stellen, die so eigentlich gar nicht vorgesehen war: „Warum werden Frauen in Deutschland eigentlich schlechter bezahlt als Männer?“

So einleuchtend die Frage ist, so sehr findet sie ihre Zustimmung unter den rund 170 Schülern in der Aula der Lessing-Stadtteilschule in Harburg. Spontaner Applaus brandet auf, Füße trampeln, Gemurmel schwillt zu Gerede an und Eric de Vries, Vize-Chef der Hamburger Jungliberalen (Julis), muss warten, bis er überhaupt antworten kann. Es ist der zweite Stopp der „Du hast die Wahl“-Tour der Schulmarketing-Agentur DSA youngstar und des Abendblatts. An zehn Schulen diskutieren vor allem Erstwähler mit Vertretern der Jugendorganisationen der fünf im Bundestag vertretenen Parteien.

Jetzt also zur Gleichstellung und zu ungerechten Löhnen. Das sei ein wichtiges Thema, sagt Juli-Mann de Vries, als die Aufregung abebbt, man könne es jedoch nicht in nur vier Jahren abarbeiten. Eine Frauenquote würde jedenfalls nicht helfen, schiebt er nach. „Bezahlung muss über Leistung funktionieren.“

Maximilian Bierbaum, politischer Geschäftsführer der Grünen Jugend in Hamburg, wird deutlicher: „Ich kann das Gerede von freiwilliger Selbstverpflichtung der Unternehmen einfach nicht mehr hören“, platzt es aus ihm heraus. Mehr Frauen würden heute Abitur machen und studieren, aber nur die wenigsten säßen später auf Chefsesseln, das könne nicht angehen. Carl Philipp Schöpe, Chef der Hamburger Jusos, verspricht selbstbewusst: „Gewinnt Rot-Grün die Wahl, wird es schon in den ersten 100 Tagen ein Entgeltgleichheitsgesetz geben.“

Zwar stehen die Jungpolitiker in Sachen Vollmundigkeit den Profis kaum in etwas nach, doch ist ihre Sprache klarer und direkter als die der Politpromis in den vielen TV-Wahlsendungen und in Berlin. Und sie ist oft ungefiltert, was gut ankommt bei den Schülern. Viele diskutieren mit, stellen Fragen. Und sie applaudieren besonders laut, als etwa Fabian Thiel, Landessprecher der Linksjugend sich beim Thema Flüchtlinge über Abschiebungen in Hamburg mokiert. „Es kotzt mich an“, schimpft er. Die Jungpolitiker verkaufen ihre Positionen nicht nur, sie sind von ihnen überzeugt. Ihr Herz tragen sie dabei so manches Mal auf der Zunge.

Bei einer Frage geraten aber alle ins Stocken, wieder, als es um Gleichberechtigung geht. „Warum sitzen eigentlich nur Männer auf der Bühne“, will ein Schüler wissen. Grinsen, Schweigen, Räuspern. Während sich die anderen in generellen Ausführungen zu Familien- und Gleichstellungspolitik verlieren, ist es Carstens Ovens, Chef der Hamburger Jungen Union, der Stellung nimmt: „Das ist in der Tat schade“, sagt er. „In der JU haben wir 35 Prozent Frauen, ich hätte ja eigentlich auch eine der jungen Damen schicken können.“ Recht hat er.

Trotzdem ist es die CDU, die bei der abschließenden Wahl der Lessing-Schüler verhältnismäßig schlecht abschneidet. Sie kommt auf nur 4,3 Prozent und würde damit an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Die SPD ist klarer Sieger und kommt auf 59,9 Prozent. Dahinter folgen Linke, Grüne und FDP.

Die nächste Diskussion ist an der Otto-Hahn-Schule in Jenfeld. Im Netz lässt sich die Tour unter facebook.com/bittewaehlengehen verfolgen.