2300 zusätzliche Wohnungen entstehen bis Ende 2015 im Bezirk Harburg. Die zweite Wohnungsbaukonferenz macht deutlich, wer darin leben soll: Der Hamburger Süden will mit Imagekampagne um Familien werben
Neugraben. In den Jahren 2014 und 2015 entstehen im Bezirk Harburg insgesamt 2300 zusätzliche Wohnungen. Davon sind 1500 öffentlich gefördert. Diese Zahlen nannte der Planungsamtsleiter Henning von Ladiges am Mittwochabend bei der Wohnungsbaukonferenz des Bezirks Harburg in Neugraben. Damit nicht genug: In den nächsten sechs Jahren wird der Wohnraum in Hamburgs Süden mindestens so gewaltig weiter wachsen: Karen Pein von Internationalen Bauausstellung (IBA) Hamburg GmbH erwartet in diesem Zeitraum allein in Neugraben in den beiden Baugebieten Elbmosaik und frühere Röttiger Kaserne insgesamt 2300 neue Wohneinheiten. Das bedeute 6000 bis 7000 neue Einwohner allein in Neugraben.
Der Bezirk Harburg wird im Stadtteil Neugraben am stärksten wachsen. Einzelne Teilnehmer sprachen deshalb auch süffisant von einer Neugrabener Wohnungsbaukonferenz. Dass der Bezirk Harburg aber auch in anderen Stadtteilen wachsen wird, machte Henning von Ladiges mit einer Auflistung von Wohnungsbauvorhaben in den nächsten zwei Jahren deutlich: Demnach entstehen an der Denickestraße/Thörlweg/Thörlstraße in Verbindung mit Seniorenwohnungen insgesamt 340 Wohneinheiten, an der Wilstorfer Straße 80 140 Wohnungen oder am Bleicherweg/Helmsweg 175 Wohnungen. Allerdings sieht der Planungsamtsleiter die Chancen schwinden, in zentralen Stadtteilen Harburgs Wohnungen im großen Stil zu bauen. Die Nachverdichtung, die Nutzung freistehender Flächen innerhalb bestehender Bebauung, stoße bei Anliegern auf Widerstände.
In einer Schnellpräsentation der zukünftigen Wohnungsbauvorhaben der SAGA/GWG im Bezirk Harburg hat der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Willi Hoppenstedt ein Projekt gezeigt, mitten im Zentrum Harburgs günstigen Wohnraum zu schaffen: An der Knoopstraße, Ecke Harburger Ring, plane das Unternehmen insgesamt 78 städtisch geförderte Wohnungen. Bei einem Quadratmeterpreis von sechs Euro könnten in die 60 bis 70 Quadratmeter großen Wohnungen auch Studenten einziehen. Noch seien die Verhandlungen über das Grundstück nicht abgeschlossen, sagt Willi Hoppenstedt. Die SAGA/GWG rechne aber mit dem Baubeginn im Jahr 2015.
Bei der zweiten Wohnungsbaukonferenz des Bezirks Harburg haben sich Planer der Verwaltung, selbstständige Stadtplaner, Bauunternehmer, Investoren, Bezirkspolitiker und Bürger über Strategien zur baulichen Entwicklung von Hamburgs Süden ausgetauscht. Einigkeit besteht offensichtlich darüber, welche Menschen möglichst in den zusätzlichen Wohnraum einziehen sollen. Der Bezirk Harburg will sich im Wettbewerb mit anderen Bezirken in der Freien und Hansestadt Hamburg als Standort für Familien profilieren, an dem Wohnen noch bezahlbar ist.
Während Gemeinden im benachbarten Landkreis Harburg im Wettbewerb um Familien auf Neubaugebiete ausschließlich mit Einfamilien-, Doppel und Reihenhäusern setzen, gehört für die IBA-Expertin Karen Pein Geschosswohnungsbau zwingend zu familiengerechtem Wohnen hinzu. Sie schlägt ein Modell vor, in Neugraben Baugebiete mit 40 bis 45 Prozent Geschosswohnungsbau, 30 bis 45 Prozent Reihenhäusern und nur 20 bis 25 Prozent Einfamilienhäusern zu realisieren. „Damit haben wir ein Alleinstellungsmerkmal, um in Neugraben Familien nebeneinander leben zu lassen“, sagt Karen Pein. Nicht jeder möchte die Oma im Haus haben, aber im Quartier. Deshalb sei Geschosswohnungsbau so wichtig.
Dr. Jan Behrendt von dem gleichnamigen Hamburger Wohnungsbauunternehmen rät, zwar gute, aber nicht zu teure Architektur in Neugraben zu bauen. Die neuen Wohnungen müssten bezahlbar sei. Das sei wichtig für Familien. Man müsse mit den Häusern aber keine Expertenwettbewerbe gewinnen.
Familien sei das Bildungsangebot mit Schulen in der Nachbarschaft wichtig, betont Willi Hoppenstedt. Leute würden wegen des Images des Stadtteils Wilhelmsburg verlassen, wenn die Kinder in das Grundschulalter kämen.
Der Bezirk Harburg will Ähnlichem mit einer Imagekampagne begegnen. Das Problem aber: Zurzeit gewinne Harburg neue Einwohner überwiegend aus den Stadtteilen Billstedt und Wilhelmsburg, sagt die Stadtforscherin Renate Szameitat. Nach Harburg kämen Menschen mit vergleichsweise niedrigem Einkommen.