Die Harburger Arbeitsagentur will für 100 Mitarbeiter auf der Gartenmesse neue Arbeitsplätze finden. Dazu ist eine Jobbörse geplant. Die Zahl der Arbeitslosen im Bezirk geht zurück.
Harburg Nach dem Zuwachs im Juli ist die Arbeitslosigkeit im Bezirk Harburg im August wieder gesunken. Mit einer Quote von 9,3 Prozent 0,2 Prozentpunkte weniger als im Vormonat - liegt der Süden aber an vorletzter Stelle in der Stadt. Höher ist die Quote mit zehn Prozent nur im Bezirk Mitte. Insgesamt waren im August in Harburg noch 7460 Menschen ohne Job, 105 Personen weniger als im Juli. Das Abendblatt sprach mit der Agentur-Chefin für Harburg, Ines Rosowski, über die Chancen von jungen Migranten, offene Stellen und Ausbildungsplätze und warum sie nicht Schifffahrtskauffrau geworden ist.
Hamburger Abendblatt: Frau Rosowski, ist es eine Last oder eine Lust die Chefin der Arbeitsagentur mit einer der höchsten Arbeitslosenquoten in Hamburg zu sein?
Ines Rosowski: Es ist für mich und die 60 Beschäftigten im Haus seit Jahren eine Herausforderung. Sie besteht darin, den Bedarf der Arbeitgeber mit dem Angebot unserer Kunden in Einklang zu bringen. Wenn das gelingt, ist das ein Erfolgserlebnis. 35 Prozent der Kunden der Arbeitsagentur und 70 Prozent der Kunden des Jobcenters verfügen nicht über einen Berufsabschluss.
Kann sich die Lage in Harburg in absehbarer Zeit verändern?
Rosowski: Nur wenn mehr Harburger eine qualifizierte Ausbildung erhalten. Sie ist der Schlüssel zum beruflichen Erfolg. Menschen ohne Ausbildung, ohne ausreichende Deutschkenntnisse, Langzeitarbeitslose und Ältere, bekommen heute oft befristete Verträge. Wir sehen sie dann zwei bis drei Mal pro Jahr in der Agentur wieder. Migranten, die hier aufgewachsen sind, einen Schulabschuss haben und gut Deutsch sprechen haben dagegen gute Chancen auf einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz. Es gibt hier ein höheres Potenzial als in anderen Bezirken, um Lehrstellen zu besetzen.
Was lässt sich tun, um die Qualifikation der Älteren, egal ob Deutsche oder Ausländer, zu verbessern?
Rosowski: Im kommenden Jahr wollen wir in Hamburg ein neues Modell einführen. Es handelt sich dabei um einen Lehrgang für Menschen, die sich eine Umschulung nicht zutrauen oder für die das während der Schulzeit gezahlte Arbeitslosengeld nicht ausreichen würde. Bei dem neuen Modell wird die Ausbildung auf vier bis sechs Monate begrenzt. Es folgt eine Prüfung vor der Handelskammer mit Zertifikat. Geplant sind Qualifikationen für die Bereiche Lager, Logistik und Verkauf. Die Arbeitgeber haben bereits Interesse signalisiert. Nach der Ausbildung können die Menschen in der Firma weiter gefördert werden. Klar ist: Im Bezirk Mitte und in Harburg wohnen die meisten potenziellen Bewerber für dieses Modell.
Die Zahl der offenen Stellen in Hamburg ist gegenüber dem Vorjahr von 16.000 auf etwa 14.000 gesunken. Wie stark ist dies in Harburg zu spüren?
Rosowski: Mit 1051 waren im August 83 Stellen weniger frei als noch im Juli.
Und nun?
Rosowski: Die Arbeitsagentur, das Jobcenter und das Bezirksamt haben für den 2. September knapp 30 Arbeitgeber ins Rathaus eingeladen. Dort wollen wir über die Situation diskutieren und Förderinstrumente vorstellen, die das finanzielle Risiko für Firmen bei Neueinstellungen mindern. Wir wollen aber auch erreichen, dass uns frei werdende Stellen noch rascher gemeldet werden. Wenn wir nichts von ihnen wissen, können wir nicht nach Bewerben suchen.
Welche Qualifikationen fehlen im Bezirk?
Rosowski: Im Handwerk Elektroniker, Mechatroniker und Tischler, im Handel Fachverkäufer für Lebensmittel, in der Luftfahrt Tischler, Polster, Sattler und natürlich Ingenieure, in der Logistik Berufskraftfahrer, Disponenten und Lagerhelfer, im sozialen Bereich Erzieher und Pfleger sowie Personal für Gaststätten und Hotels.
Ist das Spektrum bei den freien Ausbildungsplätzen ähnlich breit?
Rosowski: Genaue Zahlen, inwieweit alle Lehrstellen besetzt werden können, liegen noch nicht vor. Aber auf jeden Jugendlichen kommt rein rechnerisch mehr als ein Ausbildungsplatz. Im Angebot sind Plätze für Beton- und Stahlbetonbauer, Dachdecker, für Fachkräfte im Gastgewerbe, als Fleischer, Friseur oder auch Kaufmann im Einzelhandel. Sogar als Müller im Lebensmittel- oder Futtermittelbereich kann man sich im Bezirk ausbilden lassen. Kurzentschlossene können jetzt noch einsteigen, auch wenn eine Lehre schon zum 1. August begonnen hat. Eine Entscheidung für eine Ausbildung im Betrieb ist dabei oft sinnvoller als ein höherer Schulabschluss, der dann vielleicht nicht so gut ausfällt. Die Harburger Jugendberufsagentur unterstützt Jugendliche beim Übergang von der Schule in den Beruf.
Die Arbeitsagentur in Harburg hat das Gastronomie-Personal für die Internationale Gartenausstellung (igs) gesucht. Die Ausstellung geht am 13. Oktober zu Ende. Was wird aus den Beschäftigten?
Rosowski: Unser Ziel ist, für die rund 100 Betroffenen einen Job in der Gastronomie zu finden. Dafür wird es am 25. September eine Jobbörse auf dem igs-Gelände im Verdüsungsgebäude nahe dem Wasserwerk geben. Dort werden 30 Arbeitgeber mit Ständen vertreten sein, die Kellern, Köche, Kassierer oder anderes Service-Personal suchen.
Frau Rosowski, Sie sind jetzt seit mehr als 30 Jahren bei der Arbeitsagentur. Was wären Sie geworden, wenn Sie sich damals für einen anderen Beruf entschieden hätten?
Rosowski: Schifffahrts-Kauffrau. Für diesen Beruf hatte ich schon eine Zusage, obwohl die Arbeitgeber damals noch eher zurückhaltend waren, wenn Frauen diesen Beruf ergreifen wollten. Aber ich habe mich für eine Ausbildung beim damaligen Arbeitsamt entschieden, weil dort ein Fachhochschule-Studium mit hohem Praxisanteil geboten wurde. Bereut habe ich das bis heute nicht. Die Arbeitsagentur ist ein spannender Arbeitgeber. Meine Mitarbeiter und ich arbeiten schließlich direkt am Puls des Harburger Arbeits- und Ausbildungsmarktes.