Die Händler aus der Harburger Innenstadt wollen Unterstützung, damit sie ihren Kunden weiterhin gute Qualität anbieten können.

Lüneburger Straße und Hölertwiete - die eine Einkaufsmeile eher bodenständig, die andere klein und fein. Schon wieder verabschieden sich Geschäftsleute aus Harburg. Die, die bleiben, hoffen, dass sich bald etwas verändert wird in der City. "Wir Geschäftsleute hier sind die letzten Kämpfer in Harburgs Innenstadt. Viele andere haben das Feld doch den Ein-Euro-Läden überlassen müssen", sagt Anja Freiesleben, Inhaberin des "Feine Wäsche"-Geschäfts an der Hölertwiete.

Ramschläden, teure Parkplätze, schäbiges Umfeld - das macht sich beim Umsatz schmerzhaft bemerkbar. Schräg gegenüber hat die Boutique "donna" in der Hölertwiete aufgegeben. "Räumungsverkauf" steht in großen Lettern auf der Schaufensterscheibe. "Schicke, etwas gehobenere Mode geht hier anscheinend nicht. Harburg ist kaputt, es verkommt zur Ein-Euro-Zone", sagt Chefin Lucia Kruse. Sie betreibt zwei weitere Läden in Hittfeld. "In Harburg rentiert es sich leider einfach nicht."

Der Reformhaus-Chef ist pessimistisch

Parveen Duggal, Chef des Reformhauses, ist ebenfalls pessimistisch. "Es läuft schlecht. Die Leute wollen sparen, kaufen lieber in Drogerie-Ketten ein als bei uns." Er würde gerne sein Reformhaus vergrößern, das geht in der Hölertwiete aber nicht - kein Platz. "Aber das ist die Zukunft. Die Kunden wollen große Läden mit vielen Regalen und übersichtlichen Gängen." Er gibt sich noch zwei Jahre in der Hölertwiete.

Auch diesen Weggang würde Katrin Schmitt vom Buchladen am Sand an der Hölertwiete 5 sehr bedauern. "Wir zittern jetzt schon, hoffen nicht, dass die Boutique von einem Ein-Euro-Shop abgelöst wird. "Bloß nicht solche Verhältnisse wie an der Lüneburger Straße - das wollen wir hier nicht", sagt sie. Sie ist mit ihrem Umsatz zufrieden. "Alles in Ordnung, besonders jetzt, wo der Markt wieder da ist."

Der Wochenmarkt am Sand wirkt sich auch positiv für Anja Freieslebens Wäscheladen aus. Der harte Winter, dazu noch der Umzug des Marktes auf den Rathausplatz - fast hätte sie aufgeben müssen, denn kaum jemand kam in die bei Eis und Schnee schlecht geräumte Gasse. Seit fünf Jahren bietet sie dort Dessous an, davor war sie einige Jahre am Deichhausweg ansässig. "Kaum war die alte Post weg, ging es dort bergab. So richtig das Shopping-Erlebnis wird nicht geboten. Und genau das ist hier das Problem", sagt sie. Dabei seien im Umland durchaus solvente Käufer ansässig. Nur: "Wo sollen die hier ihr Geld ausgeben? Die gehen doch nicht in die vielen Ramschbuden."

Ein attraktiver Straßenbelag steht auf der Wunschliste

Sie ist froh über die Stammkundschaft, die ihr seit Jahren die Treue hält. Um neue Käufer anzulocken, sei einfach "frischer Wind" in der City nötig. Martin Heitzmann, Chef vom Spezialitätenladen "Eiskeller" sagt, wie er sich die Hölertwiete vorstellt: "Es müsste alles gepflegter sein."

Die Bäume gehörten beschnitten, die kleinen Beete müssten anders gestaltet werden. Er wünscht sich auch einen attraktiveren Straßenbelag für Harburgs kleine, feine Flaniermeile. Heitzmann: "Einkaufen muss ja auch ein kleines Erlebnis sein." Da stimmt ihm Franca Löntz-Krug von Nidda, Chefin von Friseur Löntz, zu.

Doch eine Angst eint sie alle: "Wenn Karstadt dichtmachen sollte, dann wird es hier noch schwerer, zu bestehen", sagt sie. Umso mehr ein Grund, betont Anja Freiesleben, die Gasse mal so richtig "aufzuhübschen". Dazu gehören auch Aktionen der Geschäftsleute. Ein wenig enttäuscht ist sie deshalb schon, dass es mit dem Hölertwietenfest dieses Jahr schon wieder nicht klappt. "Aber vielleicht tut sich ja doch noch was bei uns in der Hölertwiete."

Eine weitere Geschäftsaufgabe kündigt sich mit Plakaten an anderer Stelle der Innenstadt an: Am Harburger Ring/Lauterbachstraße räumt die "Die Polsterwelt" ihr Geschäft. Erst im Herbst 2006 hatte das Möbelhaus Brümmerhoff aus Schneverdingen in dem Eckgebäude die Filiale eingerichtet.

Jetzt wird der Räumungsverkauf mit Rabatten von mehr als 50 Prozent angezeigt. Ausschlaggebend für die Aufgabe der Filiale soll eine angekündigte Mieterhöhung sein. Und so gut, dass die Erhöhung hätte einfach weggesteckt werden können, sollen die Geschäfte in Harburg nicht gelaufen sein. Die Kundschaft komme zumeist aus dem Hamburger Speckgürtel und aus den Harburger Wohngebieten mit Einzelhausbebauung. Das zweigeschossige Geschäftsgebäude mit gut 3000 Quadratmeter Verkaufsfläche gehört zum Komplex des Harburger Panorama-Hotels. Als Eigentümer werden die Hamburger Immobilienunternehmer und Ehrenbürger Helmut und Hannelore Greve genannt.

P & C machte am Ring im Juni 2006 dicht

Die "Polsterwelt" hat für den Räumungsverkauf zurzeit zusätzliche Mitarbeiter beschäftigt. André Riethmüller und Bärbel Gaede zählen zum Abverkauf-Team. Die Gefahr, dass Fachverkäufer künftig auf der Straße stehen, sehen sie noch nicht. Insgesamt biete der Einzelhandel ihren Angaben nach für Fachverkäufer eine gewisse Auswahl.

Das 1988 eröffnete Geschäftshaus in guter Innenstadtlage hat bereits einen Mieterwechsel hinter sich. Ende Juni 2006 hatte die Hamburger P & C-Modehausgruppe dort ihre Filiale geschlossen. Damalige Begründung: "Überdurchschnittlich positive Entwicklung des Hamburger P & C-Hauses in der Mönckebergstraße bei gleichzeitig zunehmender Verödung der Harburger Innenstadtlage."

P&C war zuvor in Harburg von 1951 bis 1988 an der Moorstraße ansässig, wo heute das CinemaxX-Kino steht. Neben P & C war auch das Modehaus C & A am Harburger Ring (Ecke Lauterbachstraße/Am Wall) zu finden. Dort hat jetzt der Discounter Netto seinen Sitz. C & A zog 2004 ins neue Phoenix-Center. Und schräg gegenüber machte kürzlich, wie berichtet, am Harburger Ring das Brauhaus und Restaurant "Engelbräu" wegen gekündigten Mietvertrags dicht. "Vorübergehend geschlossen" steht an der Tür.