Das Bezirksamt Harburg hat viele Pläne für den Wochenmarkt am Sand. Konkrete Termine für deren Umsetzung bleibt es aber weiter schuldig.

Harburg. Vielleicht liegt's ja auch am Hamburger Winterschmuddelwetter, aber dieser Tage wirkt der Wochenmarkt am Sand noch eine Spur trostloser. Um die Mittagszeit stapfen im Nieselregen nur einige wenige Kunden zwischen den 24 Wagen und Ständen umher. So schauen die fliegenden Händler hinter ihren Theken ziemlich ratlos drein und träumen in der nasskalten Tristesse von besseren Tagen.

Dass es irgendwann Frühling wird, ist sicher. Ob sich dann auch die Gesamtsituation der 400 Jahre alten Harburger Institution nachhaltig verbessern wird, aber nicht. Dabei hatte der inzwischen abberufene Bezirksamtsleiter Torsten Meinberg den Wochenmarkt sogar mal zur "Chefsache" erklärt. Viel verändert hat sich seitdem aber nicht. Und das trotz einer zweiten Studie über die Zukunftsperspektiven der traditionsreichen Wagenburg. Vorgelegt hatte das 100 Seiten dicke und 33 000 Euro teure Werk bereits Mitte 2010 eine Projektgruppe der Hafen City Universität Hamburg.

Neue Hoffnung keimte bei den Marktbeschickern, von denen etliche sinkende Umsätze beklagen, als die Bezirksverwaltung am 15. Dezember des Vorjahres zu einer Informationsveranstaltung in den Meistersaal des Standesamts lud. Thema waren konkrete, auf der Studie basierende Maßnahmen, die 2012 und 2013 umgesetzt werden sollen. Doch aus der vorgezogenen Weihnachtsbescherung wurde nichts. "Wir kommen einfach nicht weiter in der Sache", lautete das frustrierte Fazit von Gerd Blockhaus, Chef der Werbegemeinschaft Wochenmarkt Harburg-Sand: "Es gibt nun seit Jahren dieselben Ansätze, aber es passiert einfach nichts."

Nach neuen Plänen des Bezirksamtes soll die Sackgasse an der Hölertwiete zur Fußgängerzone werden. Mit Tischen und Stühlen und "einem attraktiveren Mittagstisch-Angebot". Und neuen Toiletten vis-à-vis am Taxistand gegenüber der Sparkasse Harburg-Buxtehude. Überdies sollen die Marktbeschicker ihre Fahrzeuge künftig unter der Seehafenbrücke parken, um nicht unnötig Parkplätze für die Kunden zu blockieren. Und auch neue "Unterflurcontainer" sind geplant, um damit die oft überfüllten Müllbehälter aus dem Blickfeld zu nehmen.

"Das ist alles gut und schön", findet Henner Schönecke, Geschäftsführer des gleichnamigen Geflügelhofs. Seit 1914 betreibt das Familienunternehmen einen Stand auf dem Sand. Er kritisiert aber zugleich, dass nicht ein konkreter Termin für die Umsetzung genannt wurde: "Ob sich in diesem Jahr überhaupt irgendetwas bewegt, steht doch in den Sternen."

Dem widerspricht der zuständige Baudezernent Jörg Heinrich Penner. "Ich denke, die Toiletten und die neuen Müllcontainer könnten am ehesten 2012 realisiert werden", sagte er auf Nachfrage dem Abendblatt. Für den Toilettenneubau stehe eine sechsstellige Summe bereit. Nun sei jedoch die Politik am Zuge, die sich aber offenbar nicht auf einen genauen Standort einigen könne.

Um mehr Zug in die Entwicklung des Sands zu bekommen, wünscht sich Henner Schönecke seit Jahren eine Art Center-Manager für den Wochenmarkt. Stattdessen gebe es inzwischen schon drei Projektgruppen im Rathaus. Und einen Marktmeister, dem es an Macht mangele. "Er sollte deutlich mehr Kompetenzen übertragen bekommen, das würde uns kurzfristig vielleicht am meisten helfen", so Schönecke.

Der 39-Jährige denkt vor allem an eine neue Struktur der Wagenburg, die die Marktbeschicker gemeinsam mit dem Marktmeister entwickeln sollten. Das sieht auch Isabell Oertzen so, die auf dem Sand Käsespezialitäten anbietet. "Der Markt bietet kein geschlossenes Bild. Seit einige Tagesbeschicker ferngeblieben sind, werden die Lücken immer größer", sagt die Händlerin aus Seevetal.

Dem würden Blockhaus und Schönecke gern mit einem völlig neuen Aufriss der Marktstruktur begegnen. Nach Aussage Schöneckes könne die für eine vergleichsweise günstige Investition von 800 Euro erstellt werden. Denkbar sei zum Beispiel, die Stammbeschicker mehr im Zentrum zu platzieren, Tagesbeschickern eher Standorte im "äußeren Ring" zuzuweisen. Das würde für eine größere Flexibilität bei der Platzvergabe sorgen, in jedem Fall aber das Erscheinungsbild des Marktes deutlich verbessern.

"Das ist ein guter Vorschlag", sagt Penner. Für solche Ideen sei das Bezirksamt immer offen, weil es in dieser Sache nichts von oben verordnen wolle.

Die Idee, auf dem Sand eine Markthalle zu errichten, ist unterdessen endgültig hinfällig. "Zum einen fehlt es an Investoren", weiß Schönecke. Zum anderen hätten laut Wirtschaftsverein seriöse Studien hinreichend belegt, dass Markthallen in Deutschland nicht wirtschaftlich betrieben werden könnten.

Dass die Marktbeschicker in den Verhandlungen mit dem Bezirksamt offenbar einen schweren Stand haben, führt Isabell Oertzen auch auf die Tatsache zurück, dass sich die Händler oft nicht einig seien: "Die einen wollen das, andere das, wir sprechen zu selten mit einer Stimme." Henner Schönecke bezeichnet die Marktbeschicker vom Sand denn auch als "inhomogene Gemeinschaft", in der eben nicht alle an einem Strang und in dieselbe Richtung ziehen würden.

Bestes Beispiel ist die von der Verwaltung angeregte Ausweitung der Marktzeiten auf 14 Uhr. Bereits 2009 scheiterte der Versuch des "langen Donnerstags". Gerade neun Monate währte seinerzeit die Testphase. "Dabei ist längst erwiesen, dass es zwei Jahre dauert, bis sich neue Öffnungszeiten in den Köpfen der Verbraucher verankert haben und entsprechende Effekte spürbar werden", so Schönecke.