Das IBA-Projekt kostet 14 Millionen Euro - die Verantwortlichen sagen, wofür es gut ist. 60.000 Besucher werden jedes Jahr erwartet.
Wilhelmsburg. Die neue Mitte Wilhelmsburgs unweit des S-Bahnhofes Wilhelmsburg erhält ein neues Gesicht. Die Bauarbeiten laufen dank des milden Wetters auf Hochtouren. Große Teile des Rohbaus für das Gebäude der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt stehen schon. Bauarbeiter sind auch dabei, die Brücke über die Bahngleise und die modernste Kletterhalle Norddeutschlands auf dem Gelände der Internationalen Gartenschau (igs) zu errichten.
Am künftigen Haupteingang der Gartenschau, die am 26. April 2013 ihre Pforten für rund 2,5 Millionen Besucher öffnen wird, entsteht derzeit auch eine wichtige andere Landmarke für die größte Flussinsel Europas: das Wälderhaus. Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) lässt sich dieses Prestigeobjekt nach Informationen des Hamburger Abendblattes 14 Millionen Euro kosten: zehn Millionen Euro zahlt die Schutzgemeinschaft, davon sechs Millionen Euro mittels Kredit; die restlichen vier Millionen Euro zahlen die deutschen Steuerzahler über das Konjunkturprogramm II des Bundes.
Das Projekt der Internationalen Bauausstellung (IBA) beinhaltet auf zwei Ebenen eine große Ausstellung rund um das Thema Wald- und Forstwirtschaft. Dazu werden ein Forum für Einrichtungen aus der Bau-, Energie- Forst- und Holzwirtschaft, ein Restaurant, in dem auch Kinder kochen können, und das Raphael Hotel Wälderhaus mit 82 Zimmern auf drei Ebenen gebaut - ein Doppelzimmer der Drei-Sterne-Herberge wird rund 100 Euro kosten.
+++ "Wälderhaus" soll Attraktion in Wilhelmsburg werden +++
60 000 Besucher erwartet das Wälderhaus pro Jahr. Der Beton-Holzbau soll Ende Juli dieses Jahres eröffnen - im August 2011 hatte die SDW noch April 2012 im Visier gehabt. Die Fassade des futuristisch anmutenden Baus wird komplett mit Lärchenholz verkleidet.
Ursprünglich wollte die SDW einen Neubau am Rande des Niendorfer Geheges errichten lassen, um dort die waldpädagogische Arbeit der SDW und Räume für Ausstellungen und Seminare anbieten zu können. Doch 9000 Eimsbütteler hatten sich in einem Bürgerbegehren gegen eine Vergrößerung des bestehenden Hauses ausgesprochen.
Ein Wälderhaus mitten in der urbanen, neuen Mitte der Elbinsel - viele Wilhelmsburger fragen sich, was so ein Edelbau in der Inselmitte zu suchen hat und ob er nicht viel besser in einen richtigen Wald passen würde. Das Hamburger Abendblatt befragte die Verantwortlichen des Projekts.
IBA-Chef Uli Hellweg sieht in dem Wälderhaus "eine überörtliche Attraktion, die Tourismus nach Wilhelmsburg bringen wird". Es passe "großartig" auf die Elbinsel, weil es das Thema des nachhaltigen Umgangs mit der Natur thematisieren werde. Zudem sei das Haus eine "großartige Bereicherung für die Bildungslandschaft der Elbinseln" - für Schüler und für Erwachsene. Dass für die Gartenschau rund 2300 stattliche Bäume gefällt wurden, sieht der IBA-Obere nicht als Menetekel an: "Die neue Landschaft ist für die Bedürfnisse der Menschen, die in Wilhelmsburg wohnen und hier herziehen werden, da. Kulturlandschaft verändert sich - für die gefällten Bäume wird Ersatz geschaffen." Dass die meisten Bäume auf Brachflächen im Osten der Elbinsel gepflanzt werden, wo kaum ein Wilhelmsburger hinkommt, sei kein Problem. "Es geht um die Aufenthalts-, Erholungs- und Sportqualität für die Elbinselbewohner", sagt Hellweg.
+++ Uli Hellweg: "Wilhelmsburg ist meine Baustelle" +++
Igs-Chef Heiner Baumgarten sagt, das Wälderhaus sei "ein attraktives Angebot für Kinder und Jugendliche - von hier aus werden auch viele Exkursionen in den Wilhelmsburger Inselpark und in den Tideauenwald Heuckenlock starten". Er wertet es "als positiv, dass sich die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald traut, an einem Ort ein Wälderhaus zu errichten, wo so viele Bäume abgeholzt wurden. Die Baumfällungen waren kein Hinderungsgrund für die SDW, an diesem Standort zu bauen". Insgesamt, so der igs-Chef, werde sich die Artenvielfalt der Vegetation - Bäume, Kräuter, Wiesenblumen - auf dem Gartenschaugelände erhöhen.
"Mit den Baumfällungen hätte man es auf dem igs-Gelände sicherlich etwas besser machen können", sagt der Leiter des Wälderhauses, der Kulturmanager Thomas Stölting. "Ich denke, man hätte nicht so viele Bäume fällen müssen. Aber die igs muss die Flächen für die Gartenschau vorbereiten. Auf der Fläche des Wälderhauses ist kein einziger Baum gefällt worden - unser Haus hat sogar eine Lindenreihe gerettet."
Ein Drittel der Hamburger Drittklässler sei noch nie in einem Wald gewesen, behauptet SDS-Geschäftsführer Rüdiger Kruse. Im Wälderhaus könnten sie für den Wald sensibilisiert werden. "Der Standort ist zwar nicht so lieblich wie im Schwarzwald, aber Hamburg ist eine Stadt, wo zwischen den Bäumen Häuser stehen. Wilhelmsburg ist ein spannender Standort, etwas Neues auszuprobieren. Das Wälderhaus wird allen neugierigen Menschen nützen. Im Sinne einer Grundversorgung braucht man es nicht."
+++ IBA-Geschäftsführer: "Das meiste wird bis 2013 fertig" +++
"Wir glauben an die wachsende Stadt" - mit diesem Satz begründet Hotelbetreiber Hans Gerst die Standortwahl für sein achtes Hotel in der Hansestadt. "Wilhelmsburg ist außer der Hafencity der Ort, der die besten Zukunftsperspektiven bietet. Wir erwarten naturoffene Gäste, die sich die Ausstellung anschauen, aber auch normale Hamburgbesucher, die in neun Minuten mit der S-Bahn zum Hauptbahnhof fahren können."
Das Wälderhaus solle die Besucher, vor allem Jugendliche auch dazu animieren, einmal selber in den Wald zu gehen, sagt der Architekt Andreas Heller. "Es ist traurig um jeden Baum, der für Gartenschau gefällt wurde. Wenn dieses Haus in 100 Jahren vielleicht nicht mehr existiert, ist es kompostierbar und wird in den Kreislauf zurückgeführt."