Die Schüler waren Partner der Gartenschau. Jetzt sind sie vom Kahlschlag auf der Elbinsel entsetzt.
Wilhelmsburg. Ihre geliebte Trauerweide mit den langen Zweigen ist weg, und auch die Wiese mit den vielen Büschen hinter der Schule ist von Baggern einplaniert. Ganz besonders schlimm aber: Der Fischreiher "Fritzi" ist nicht mehr da. Er hat sein Revier verlassen müssen, weil ihm die Bauarbeiten für die internationale Gartenschau 2013 (igs) keinen Platz mehr ließen. Seit mehr als einem Jahr war die Klasse 2c der Gesamtschule Wilhelmsburg ein Partner der igs, beteiligte sich mit Ideen und tatkräftiger Hilfe am Projekt "Mein Park" und sollte die Vorbereitungen bis zur Ausstellung begleiten. Doch damit ist jetzt Schluss. Als die gut 20 Mädchen und Jungen nach den Frühjahrsferien Ende März in die Schule zurückkehrten, stellten sie fest, dass Weide, Wiese und Fischreiher der igs geopfert worden waren. Damit waren sie nicht einverstanden. Klassenlehrerin Gabi Carstensen: "Die Kinder reagieren wirklich betroffen. Wir haben viel miteinander gesprochen, und die Klasse hat jetzt den Entschluss gefasst, sich nicht mehr als Partner der internationalen Gartenschau beteiligen zu wollen."
Lehrerin Franziska Pettersson: "Die Kinder haben sich sehr für Naturschutz und natürliche Umgebung ausgesprochen und erkannt, dass viele Neuerungen in ihrem Alltagsleben keine wirkliche Verbesserung der Lebensqualität bringen würde, wenn sie beispielsweise mit Eintrittskosten verbunden sind und dafür die natürliche, kostenfreie Umgebung zum großen Teil beseitigt wurde."
Die Lehrerinnen sagen, die Klasse würde in einen Gewissenskonflikt geraten, falls sie sich weiter für die igs engagiere, denn die Klasse befürworte nicht das Fällen von mehr als 2000 Bäumen. Carstensen: "Unter diesen Gesichtspunkten können die Kinder stolz auf sich und ihre Entscheidung sein." Zu Beginn der Partnerschaft waren die Kinder bei einem Rundgang durch den Wilhelmsburger Rathauspark an der Mengestraße angehört worden. Sie sollten mit gehobenem oder gesenktem Daumen zeigen, welche Bäume ihrer Meinung nach gefällt werden sollten. Bei fast allen Bäumen zeigten ihre Daumen nach oben. Nun gibt es viele der Bäume nicht mehr. Die Parkmitte wirke wie ausrasiert. Die Kinder fragen sich, ob sie sich diese übersichtliche Fläche schön vorstellen können. Und sehr viele Bäume sind auch geopfert worden, um den 14 Meter breiten Barkassenkanal für die Wasserverbindung "Von Rathaus zu Rathaus" herzustellen. Interessante Paddel- und Freizeitangebote sind auf dem Kanal auch vorgesehen. Doch die Klassenentscheidung lautet: Das Entsetzen und der Kummer um das Verlorene können von durchgestylten Spielplätzen und Spielplatz-Fest-Aktionen nicht ausgeglichen werden. In Zukunft wollen sich die Kinder mit den alten Bäumen im Naturschutzgebiet Heuckenlock beschäftigen.
Ina Heidemann, Sprecherin der igs: "Wir bedauern die Entscheidung der Klasse 2c sehr. Wir werden das Gespräch mit den Kindern und den Lehrern suchen und hoffen natürlich darauf, eine Lösung zu finden." Jörg Kallmeyer, Schulleiter der Gesamtschule Wilhelmsburg, sagt, die Schulleitung akzeptiere die Entscheidung der Klasse 2c. Kallmeyer: "Aber ich muss dabei deutlich machen, es handelt sich nicht um die Meinung der Klasse und nicht um die Haltung der Schule. Wir sehen das sehr viel differenzierter und halten an Kooperationen, die wir mit der igs eingegangen sind, fest." An Projekten der igs weiterhin beteiligt sind die Klassen 3c und 8a der Gesamtschule Wilhelmsburg. Die Kinder hatten sich vor mehr als einem Jahr bereits an einer kleinen Baumfällaktion beteiligt, um Platz für eine neue Brücke über die Groß Sand-Wettern zu schaffen.