Trotz Minusgraden ist es in den Wohnwagen kuschelig. Zum Duschen führt der Weg aber durch den tiefen Schnee.
Holm-Seppensen/ Heidenau. Die Dächer der Wohnwagen sind mit einer weißen Haube bedeckt, die Gardinen vor den Fenstern zugezogen. Den Gartenzwergen steht der Schnee bis zur Nasenspitze.
Der Campingplatz Holm-Seppensen scheint wie ausgestorben. Die Dauercamper sind vor den Minus-Graden geflohen. Alle Camper? Nicht alle, dort vorne im Spechtweg 128 brennt Licht.
"Kommen Sie schnell rein, bei mir ist es schön warm!" ruft mir Martina Weise (53) aus Reinbek zu. Tatsächlich: Wer in Martina Weises Vorzelt sitzt, hat die frostigen Temperaturen schnell vergessen: 23 Grad zeigt das Thermometer an, dem Gasofen sei Dank. "Zwei elf Liter Flaschen Gas pro Woche brauchen wir im Moment, nur zum Heizen", so Martina Weise.
Die meisten ihrer Nachbarn haben beim ersten Schneefall ihre Sachen gepackt und sind nach Hause gefahren. "Dabei ist es jetzt so unglaublich schön hier", schwärmt die Hamburgerin. Und friedlich. "Morgens liege ich im Bett, ziehe die Gardinen zur Seite und beobachte, wie sich die Äste der Bäume unter der Last des Schnees biegen."
Nachts schaltet sie den Ofen in dem mit Holz ausgekleideten Vorzelt aus, im Wohnwagen selbst heizt sie rund um die Uhr. Sonst würde es selbst Martina und ihrem Mann Ulrich (48) zu kalt.
Im Frühjahr 2007 haben die beiden den idyllisch gelegenen Platz entdeckt. Seit dem sind sie fast jedes Wochenende hier. "Ich komme auch gerne während der Woche", so Martina Weise. Selbst das Sturmtief "Daisy" konnte sie nicht abschrecken. "Aber wir haben vorgesorgt", lacht sie und zieht eine Schranktür auf. Darin stapeln sich ihre "Hamstereinkäufe": Dosen mit Suppen und Eintöpfen. Angst hat sie auf dem verwaisten Platz nicht. "Ich fühle mich hier auch nachts sicher und wohl."
Und wenn sie mal raus muss? "Nachts benutze ich unsere Wohnwagentoilette." Zum Duschen geht sie in Bademantel, dicken Socken und Hausschuhen zum nah gelegenen Waschhaus - fünf Minuten Fußweg. "Das härtet ab, krank bin ich hier noch kein einziges Mal geworden."
Eins von zwei Waschhäusern ist jetzt im Winter geöffnet. "Und das heizen wir konstant, genau wie den Wasch- und Trockenraum", erklärt Siegrid Schnitter (55), Bürokraft am Campingplatz. Der Kiosk bleibt in diesen Monaten geschlossen. 260 Stellplätze sind rund um einen See angelegt, 190 von Dauercampern belegt. "Vielen von ihnen rufen an und fragen, ob alles in Ordnung ist, das Vorzelt unter der Schneelast nicht zusammenbricht", so Siegrid Schnitter. Einer der sechs Campingplatz-Mitarbeiter schaut immer nach dem Rechten, räumt die Hauptwege, macht sie passierbar. Denn fürs Wochenende haben sich einige Camper angekündigt, um die weiße Pracht zu genießen.
"Auch bei uns ist auf dem Campingplatz nicht viel los", sagt Nadja Abe (48), sie führt zusammen mit ihrem Mann Erik (48) das Ferienzentrum Heidenau. "In unseren Ferienhäuschen sieht das anders aus, aber auf dem Campingplatz stellen wir im Winter das Wasser ab." Nur noch wenige Dauercamper schlafen bei den frostigen Temperaturen in ihren Wohnwagen.
Marina Galle (49) und ihr Freund Willi (53) haben ein kleines Mobilheim gemietet und genießen die Ruhe, die das Ferienzentrum in diesen Tagen umgibt. Um Geld zu sparen, heizen sie nur den etwa zehn Quadratmeter großen Wohnraum, das Vorzelt bleibt kalt. Dort hat Marina Galle einen kleinen Gasherd stehen. "Die Kartoffeln schäle ich mit Handschuhen, weil ich sonst zu sehr friere", sagt sie lachend. Stören tut sie die Kälte aber nicht. "Das ist doch das beste Anti-Aging-Rezept, nach einem strammen Spaziergang in klarer Luft todmüde ins Bett fallen und sich morgens mit eiskaltem Wasser das Gesicht waschen." Sie hofft, dass das Winter-Abenteuer nicht so schnell vorbei geht.