An diesem Sonnabend machen die Straßengegner auf der Elbinsel das erste Mal Ernst.
Wilhelmsburg. Der Protest der "Engagierten Wilhelmsburger" gegen eine Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße (B4/75) auf die Bahntrasse und gegen den Bau einer Hafenquerspange im Wilhelmsburger Süden erreicht an diesem Sonnabend, 31. Oktober, eine neue Dimension: Um 11.45 Uhr laden die Aktivisten zu einer großen Demonstration auf der Bundesstraße ein. Motto: "Keine Autobahn durch unsere Mitte - High Noon auf der Wilhelmsburger Reichsstraße". Und da am Sonnabend auch Halloween gefeiert wird, heißt es auch: "Wir vertreiben die Autobahnmonster!"
Treffpunkt der Demo ist die Brücke der Kornweide in Höhe des Anschlusses Wilhelmsburg-Süd. Ab 12.25 Uhr ziehen die Demonstranten auf den beiden stadteinwärts führenden Spuren 1,8 Kilometer in Richtung Norden zur Abfahrt Wilhelmsburg-Mitte. Dort ist um 13.45 Uhr eine Kundgebung vor dem Wilhelmsburger Rathaus geplant. Die Wilhelmsburger Reichsstraße ist also in Richtung Zentrum zwischen Wilhelmsburg-Süd und -Mitte für rund eineinhalb Stunden lang gesperrt. Die Kornweide ist etwa zwischen 11.30 Uhr bis 12.30 Uhr zwischen Otto-Brenner-Straße und Georg-Wilhelm-Straße gesperrt - die Mengestraße etwa zwischen 13.30 Uhr bis 14.30 Uhr zwischen Dratelnstraße und Georg-Wilhelm-Straße.
Die Initiatoren der Demo, der Wilhelmsburger Hausarzt Manuel Humburg (61) aus Moorwerder und der Kirchdorfer Immobilienverwalter Jochen Klein (40), rechnen mit "mindestens 1000 Demonstranten". "Diese Demonstration ist umso wichtiger geworden, weil Senatorin Anja Hajduk mit ihrem Finanzierungsversprechen für die Verlegung der Reichsstraße den Dialog mit der Bevölkerung im Hamburger Süden abgebrochen hat", sagt der Allgemeinmediziner. "Damit konterkariert die Senatorin das laufende Beteilungsverfahren. Den Wortbruch von Frau Hajduk finde ich richtig schäbig."
Die Initiatoren der Demonstration fühlen sich "verschaukelt": "Wilhelmsburg wird einmal mehr als Stadtteil dritter Klasse behandelt", sagt Jochen Klein. "Eine neue, autobahnähnliche Straße mitten durch ein Viertel wäre doch in keinem anderen Stadtteil durchsetzbar."
Manuel Humburg ist empört: "Im Norden der Hansestadt soll die Zerstörung der Stadt mit einem grünen Deckel über die A 7 überwunden werden. Gleichzeitig sollen im Süden die Wohnquartiere durch neue Betonschneisen zerschnitten, verlärmt und entwertet werden. So etwas könnte sich eine Senatorin, vor allem eine grüne, in keinem anderen Stadtteil leisten. Diese Zweiteilung der Stadt ist ein Skandal." Der pensionierte Professor Michael Rothschuh (64) aus dem Reiherstiegviertel fordert sogar den Rückbau der Reichsstraße am alten Ort zu einem "Boulevard": Sein Plan: Das Tempo soll auf 50 km/h reduziert werden, nachts dürfen keine Lkw fahren und die Reichsstraße soll zwischen den Abfahrten Wilhelmsburg-Mitte und -Süd an einer Ampel überquert werden können - "so wie auch die vierspurige B 73, auf der in Hamburg Tempo 50 gilt, zwischen Harburg und der Stadtgrenze überquert werden kann."
Einem verbesserten Lärmschutz an der Bahntrasse sieht Jochen Klein indes skeptisch entgegen: "Die Anlieger der zweiten und dritten Reihe und in den höheren Stockwerken würden dank der Straße noch mehr Lärm abbekommen."