Neben der Uni ist Holm Keller Geschäftsführer bei der Berliner proportion GmbH. Sie verkauft Fertighäuser von Campus-Architekt Libeskind.

Lüneburg. Dieser Mann hat viele Jobs. Vielleicht zu viele. Holm Keller, hauptamtlicher Vizepräsident der Leuphana Universität Lüneburg, führt nebenbei zwei Firmen. Eine davon verkauft Fertighäuser von der Stange, entworfen von Daniel Libeskind, der auch das Lüneburger Audimax auf dem Campus gestalten soll.

Dafür hat Keller gemeinsam mit einem Geschäftspartner im April/Mai 2007 die "proportion GmbH" mit Sitz in Berlin gegründet. Ein Dr. Marko Schulz und Keller sind als Geschäftsführer eingetragen, die Firma beschäftigt sich laut Handelsregister mit "der Projektierung und dem Verkauf von Fertighäusern und der damit verbundenen Ausstattungselemente sowie dem zu diesem Zweck notwendigen Erwerb und Verkauf von Grundstücken". Alle Fertighäuser der proportion GmbH haben übrigens eine Zinkfassade - Zink wiederum ist das Geschäftsfeld der Rheinzink GmbH in Düsseldorf, die den Bau eines Audimax, ebenfalls entworfen von Libeskind, in Lüneburg fördern will.

Zur Höhe seines finanziellen Engagements in Lüneburg und endgültigen Entscheidung will sich Unternehmenssprecher Frank Neumann auf Nachfrage zwar nicht äußern, aber: "Wir haben bei der Vorplanung mitgewirkt, beraten in Sachen technische Realisierbarkeit und können uns ein Sponsoring vorstellen. Laut Planung sollen Fassaden und Dächer aus unserem Material entstehen." Vor eineinhalb Jahren habe Holm Keller den Kontakt zur Firma gesucht, mit Libeskind arbeite man bereits seit vielen Jahren zusammen, so ist Zink aus Düsseldorf etwa am Jüdischen Museum in Berlin verbaut worden.

Auch in Sachen Zusammenarbeit bezüglich der proportion GmbH gebe es "Vorgespräche", so Neumann auf Nachfrage. "Das liegt ja auf der Hand." Angedacht seien die neuen Libeskind-Objekte als Passivhäuser, und zurzeit prüfe man, ob das technisch realisierbar sei. Könnte das Lüneburger Audimax nicht eine Art Testlauf für die Fertighäuser sein? "Klar", so Neumann, "natürlich hat das Audimax eine ganz andere Größenordnung." In Sachen "Proportion" stecke man in der Konzeptionsphase, aber "machbar schien es".

Öffentlich bezuschusst wird die Planung des Audimax vom Land Niedersachsen jetzt schon mit 2,6 Millionen Euro, weitere 20 sind für den Bau in Aussicht gestellt. Sieben kommen von Stadt und Landkreis.

Somit ist Keller nunmehr Vizepräsident einer öffentlich subventionierten Universität und Geschäftsführer einer GmbH, die Häuser desselben Architekten verkauft, dessen Audimax-Pläne mit Steuergeld gefördert werden. Obendrein arbeitet seine GmbH eng mit einer Firma zusammen, die wahrscheinlich den Audimax-Bau sponsern wird.

Keller ist vom Stiftungsrat der Universität zum Beamten auf Zeit ernannt worden, daher gelten auch für ihn die Vorschriften des Niedersächsischen Beamtengesetzes. Prof. Dr. Hartwig Donner, Jurist und ehemaliger Präsident der Universität Lüneburg: "Nebentätigkeiten dürfen 20 Prozent der regelmäßigen Arbeitszeit nicht überschreiten. Und sie müssen vom Stiftungsrat genehmigt werden."

Prof. Dr. Wolfgang Ewer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht in Kiel und Lehrbeauftragter der Christian Albrechts Universität in Kiel geht noch weiter: "Ich kenne nicht alle Einzelheiten, aber ich frage mich, ob eine derartige Nebentätigkeit überhaupt genehmigt werden kann. Meiner Ansicht nach dürfte es da Probleme geben - das Ansehen der Verwaltung könnte leiden, geschäftliche und dienstliche Interessen könnten sich überschneiden."

Jens Petersen, Vorsitzender des Stiftungsrats der Universität, sagt: "Sämtliche Nebentätigkeiten sind gründlichst vom Stiftungsrat und Ministerium geprüft worden und genehmigt mit der Maßgabe, dass alle Richtlinien erfüllt werden."

Keller selbst antwortet auf die Fragen der Harburger Rundschau: "Meine genehmigten Nebentätigkeiten liegen de facto bei einem halben Arbeitstag pro Woche." Die proportion GmbH sei "eine Investition", man wolle in Sachsen-Anhalt Arbeitsplätze schaffen. Dass er dort als Geschäftsführer eingetragen sei, sei "ein Papiertiger. Da arbeite ich nicht wirklich". Wenn die Firma im Sommer aktiv werde, würde ein Geschäftsführer eingestellt, und er selbst verschwinde aus dem Handelsregister.

"Dann bin ich nur noch Investor und besitze Anteile. Das ist nichts anderes als ein Kapitalinvestment", so Keller. Mit der Rheinzink GmbH habe proportion nichts zu tun, sagt Keller erst, räumt dann ein: "Rheinzink könnte unter Umständen mal Kunde oder Lieferant von proportion werden. Es gibt aber keine Kapitalverflechtung."