Beleuchtungsstärke und Lichtfarbe können der Unterrichtssituation angepasst werden. Das hilft bei der Konzentration.
Harburg. "Ich kann mich bei unserem hellen Licht viel besser konzentrieren. Und wenn das dunklere Licht eingeschaltet wird, können wir uns entspannen", sagt Philip Navara (10). Mit seinen Mitschülern aus der Klasse 4a der Eißendorfer Grundschule In der Alten Forst lernt Philip seit einem Jahr unter "erhellten" Bedingungen: Die Grundschule hat an der bundesweit ersten Schulstudie zum Einsatz von "Dynamischem Licht" teilgenommen. Es erlaubt den Lehrern, sowohl die Beleuchtungsstärke als auch die Lichtfarbe der jeweiligen Unterrichtssituation anzupassen. Das Ergebnis ist beeindruckend: Sowohl Aufmerksamkeit und Konzentration als auch das Sozialverhalten der Schüler haben sich durch den gezielten Einsatz des richtigen Lichts positiv verbessert. Nun will Schulleiter Andreas Wiedemann alle Räume mit dynamischem Licht ausstatten.
Ein Morgen in der 4a: Zu Beginn der dritten Stunde herrscht noch das übliche Gewusel im Klassenraum. Lehrerin Michaela Schwindt gibt den Schülern eine Deutschaufgabe, dazu schaltet sie das Tafellicht mit etwa 1000 Lux ein - zum Vergleich: das normale Standardlicht jedes Klassenzimmers hat nur etwa 400 Lux. "Wir können die Buchstaben und Zahlen genauer erkennen, wenn das Tafellicht angeschaltet ist. Und es ist wie ein Signal, dass alle jetzt nach vorn zur Tafel gucken sollen", sagen Estelle Wappler (9) und Lena Prüß (10). "Ihr unterstreicht Subjekte rot und Prädikate blau im Text", so die Aufgabe von Lehrerin Schwindt. Hefte raus, Licht an: Mit etwa 1700 Lux und einer veränderten Lichtfarbe kommt nun das "Konzentrationslicht" zum Einsatz. Bücher und Arbeitshefte werden nahezu angestrahlt, Helligkeit und Farbton unterstützen den Lerneinsatz der Kinder: Jetzt heißt es "arbeiten", die Schüler erledigen ihre Aufgaben selbstständig. Und nach der intensiven Arbeitsphase schaltet Michaela Schwindt auf das "Beruhigungslicht" mit 400 Lux, und die Stunde klingt bei einer gemütlicheren Einheit aus.
"Durch das Einstellen von Helligkeit und Lichtfarbe kann ich die Unterrichtsphasen unterstützen und Konzentrations- und Beruhigungsphasen deutlicher voneinander trennen", sagt Michaela Schwindt. Und: "Die Konzentrationsfähigkeit der Schüler hat zugenommen, ihre Lesefähigkeit und auch ihr Sozialverhalten haben sich verbessert", so die Pädagogin. Ihre Eindrücke decken sich mit den Ergebnissen der Studie, die Prof. Dr. Michael Schulte-Markwort, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychosomatik der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf, durchgeführt hat. An der Studie haben insgesamt 166 Hamburger Schüler im Alter von acht bis 16 Jahren unter anderem der Eißendorfer Grundschule teilgenommen.
Die Ergebnisse: Um fast 35 Prozent stieg die Lesegeschwindigkeit bei Schülern unter dynamischem Licht an. Lasen sie unter Standardbeleuchtung in einer vorgegebenen Zeit 780 Wörter, so waren es 1051 Wörter bei dynamischem Licht. Beim Konzentrationstest war das Ergebnis noch deutlicher: Die Fehlerhäufigkeit nahm von durchschnittlich 17,45 Fehlern auf neun Fehler ab. Und auch die motorische Unruhe bei einigen Schülern ging zurück, wenn sie Mathematikaufgaben unter der Lichteinstellung "beruhigen" lösten.
"Die Ergebnisse sind signifikant positiv, sodass wir versuchen, diese verbesserten Lernbedingungen für alle Schüler umzusetzen und die Klassenräume unserer Schule mit diesem Licht auszurüsten", sagt Schulleiter Andreas Wiedemann (44).