Hamburg. Sommergewitter sorgt für Chaos und Hunderte Feuerwehreinsätze. Einige Orte in Hamburg waren besonders schwer vom Unwetter betroffen.
An diesem Abend braute sich über Hamburg mächtig was zusammen. Schon Stunden vor einem der stärksten Unwetter seit Jahren über der Hansestadt war zu spüren, dass es bald kracht und donnert. Der Deutsche Wetterdienst warnte: „Es besteht große Gefahr für Leib und Leben.“ Wie stark das Gewitter am Donnerstag dann aber über Hamburg tobte, überrascht auch Experten.
Allein 10.000 Blitze und bis zu 50 Liter pro Quadratmeter wurden verzeichnet. Überflutete Straßen, umgestürzte Bäume, abgedeckte Dächer waren die Folge. Die Feuerwehr Hamburg war ab 17 Uhr im Dauereinsatz. Hamburg Wasser spricht angesichts der Wassermassen sogar von einem „Jahrtausendregen“.
Unwetter Hamburg: Einige Stadtteile massiv betroffen – auch Winterhude
Nach Angaben des Hamburger Wetter- und Klimaexperten Frank Böttcher war der Stadtteil Curslack im Bezirk Bergedorf am heftigsten von dem Unwetter betroffen: Dort kamen 50 Liter Regen pro Quadratmeter herunter.
Auch die Stadtteile Harburg, Wilhelmsburg und Neugraben-Fischbek bekamen enorm viel Regen ab – dort waren es bis zu 40 Liter pro Quadratmeter. Extrem waren die Niederschläge zudem in der Hamburger Innenstadt und in Winterhude, wo Straßen zeitweise überflutet waren.
Starkregen, Gewitter: Eindrucksvolle Bilder der „Jahrtausendflut“
Von dem heftigen Unwetter betroffen war auch das Hamburger Umland: Die meisten Regenmassen gingen in Norderstedt, Bad Bramstedt und Tangstedt (Kreis Stormarn) nieder, ebenfalls mit bis zu 50 Litern pro Quadratmeter.
Wetterexperte: „In Hamburg haben wir solche Ereignisse nur selten“
„Das Besondere war, dass das Unwetter relativ breitflächig war und dadurch die Wassermassen kaum ablaufen konnten“, erklärt Böttcher. Der Experte für Extremwetter weist darauf hin, dass die Kaltfront zudem eine sehr langsame Zuggeschwindigkeit hatte. Diese lag demnach bei 30 km/h – daher brauchte das Gewitter auch fast eineinhalb Stunden, um über die Stadt hinwegzuziehen. „Wir beobachten, dass diese Wetterlagen insgesamt langsamer werden“, so Böttcher. Eine Auffälligkeit, die derzeit auch Inhalt vieler Studien sei.
Und um mal eine Dimension zu haben, was solch ein Sommergewitter „leisten kann“, wie es Böttcher formuliert: Von 17 bis 18.30 Uhr zählt der Wetterexperte 10.000 Blitze beziehungsweise Entladungen zusammen, die in Hamburg und Umgebung erfasst wurden. Grundsätzlich ordnet Böttcher das Wetterphänomen am Donnerstag – er bezeichnet es auch als Extremwetter – so ein: „Wir haben nur sehr selten solche Ereignisse in Hamburg, wo ein Gewitter so großflächig über Hamburg zieht.“
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Hamburg Wasser stuft den Starkregen als „Jahrtausendregen“ ein
Das sieht man bei Hamburg Wasser auch so. Dort hat man den Starkregen vom Donnerstag als „Jahrtausendregen“ eingestuft. „Unsere Statistik sagt: Das war ein Regenereignis, wie es nur alle 10.000 Jahre vorkommt“, sagte Ingo Hannemann, Geschäftsführer von Hamburg Wasser, am Freitag im Pumpwerk Hafenstraße.
Die höchsten Niederschläge habe Hamburg Wasser im Stadtpark in Winterhude verzeichnet, wo bis zu 47 Liter pro Quadratmeter gefallen seien – und das innerhalb von 20 Minuten, hochgerechnet also mehr als 140 Liter pro Stunde. „Das hatte fast die Dimensionen des Ahrtals“, so Hannemann. Das idyllische Tal in Rheinland-Pfalz war 2021 im Zuge von Starkregenfällen schwer verwüstet worden, mehr als 100 Menschen waren ums Leben gekommen.
Das städtische Unternehmen geht vor dem Hintergrund des Klimawandels für die Zukunft von weiter steigenden Regenmengen aus. Vor allem in den Winterhalbjahren sei mit mehr Niederschlag zu rechnen, sagte Hannemann.
Unwetter in Hamburg: Schwerpunkt der Feuerwehr-Einsätze im Osten der Stadt
872 wetterbedingte Einsätze musste die Feuerwehr am Donnerstag in nicht einmal vier Stunden in Hamburg abarbeiten. Der Schwerpunkt der Einsätze zog sich im Osten der Stadt über Bergedorf nach Wandsbek und Rahlstedt bis hoch nach Sasel. Auch Stadtteile wie Winterhude, Eilbek, Barmbek, Lokstedt, Hamm und Groß Borstel bekamen das Unwetter deutlich zu spüren.
Häufig waren Straßen überspült, Keller vollgelaufen oder Bäume umgestürzt. Selbst am Freitag rückte die Feuerwehr immer wieder aus, um Schäden zu beseitigen. So hohe Einsatzzahlen sind in Hamburg die Ausnahme, im Zusammenhang mit Unwettern kommen sie aber immer wieder vor.
Unwetter in Hamburg – die stärksten Ereignisse der vergangenen Jahre:
- Im Februar 2002 starben zwei Frauen in Volksdorf, als Sturm „Anna“ über die Stadt fegte. Ihr Auto war von einem umstürzenden Baum getroffen worden. Die Feuerwehr musste damals rund 850 Einsätze bewältigen.
- Im Juni 2004 zog eine Gewitterfront über Hamburg. Rund 2300 Blitze gingen auf die Stadt und das Umland nieder. Orkanböen knickten Tausende Bäume um.
- Im März 2006 bildete sich in Harburg ein Tornado, der auch zwei Baukräne umknicken ließ. Die beiden Kranführer kamen dabei ums Leben. Durch den Sturm wurde auch eine Hochspannungsleitung zerstört, wodurch es zu einem längeren Stromausfall kam.
- Sturmtief „Emma“ richtete im März 2008 schwere Schäden in Hamburg an. Die Feuerwehr rückte zu mehr als 500 Einsätzen aus. In Fuhlsbüttel entgingen 131 Flugzeugpassagiere nur knapp einer Katastrophe, als ihr Airbus während der Landung durch den Sturm ins Schlingern kam.
- Orkantief „Niklas“ sorgte Anfang April 2015 für 787 wetterbedingte Einsätze der Feuerwehr. Die Masse – 743 Einsätze – betraf die Beseitigung von Sturmschäden. Auf der A1 bei Stillhorn wehte der Sturm einen Lastzug um. An der Elbphilharmonie riss ein 30 Meter hohes Gerüst ab und stürzte ins Wasser.
- Im Juni 2016 bildete sich im Bereich Bramfeld ein Tornado. Besonders betroffen waren die Haldesdorfer Straße, der Tegelweg, die Farmsener Höhe und die Eulenkrugstraße. Die Feuerwehr arbeitete 254 Einsätze in dem Bereich ab.
- Anfang Oktober 2017 fegte das Sturmtief „Xavier“ über Hamburg hinweg. Die Feuerwehr rückte zu rund 1200 Einsätzen aus. Das THW unterstützte mit fünf Einsatzzügen. „Xavier“ war einer der folgenreichsten Stürme in Hamburg. In der Manshardtstraße in Horn stürzte ein Baum auf ein Auto. Zwei Insassen wurden eingeklemmt. Ein Mann konnte nur noch tot geborgen werden.
- Das Sturmtief „Herwart“ sorgte Ende Oktober 2017 für mehr als 800 Feuerwehreinsätze. Neben starkem Sturm fiel viel Regen. Bäume stürzten um. Autos versanken in vollgelaufenen Tiefgaragen.
- Im Mai 2018 traf das Unwetter „Ursula“ vor allem den Bereich Bergedorf. Dort fielen innerhalb kurzer Zeit rund 50 Liter Regen pro Quadratmeter. Am Dünenweg drohte ein Gebäude einzustürzen. Das Krankenhaus Boberg stand teilweise unter Wasser. Die Feuerwehr zählte 1171 Einsatzstellen.
- Im Februar 2022 sorgte das Sturmtief „Zeynep“ für 1475 Wettereinsätze. Der Sturm mit Orkanböen von bis zu 120 km/h war mit einer Sturmflut verbunden. Hauptsächlich ging es damals für die Feuerwehr aber darum, umgestürzte Bäume und Bauzäune, heruntergefallene Dachziegel und andere Schäden durch Wind zu beseitigen. Nur eine Woche zuvor hatte das Sturmtief „Ylenia“ für 860 Feuerwehreinsätze in Hamburg gesorgt.