Hamburg. Straßen wurden geflutet, Dächer abgedeckt, Bäume stürzen um. Die Feuerwehr rückte fast 900-mal aus. Und erprobte ein neues Notruf-System.

Erst kam die drückende Hitze, dann tobte sich am Donnerstag das mächtigste Unwetter über Hamburg und Norddeutschland aus, das die Hansestadt seit Langem erlebt hat: Blitz und Donner, Starkregen mit enormen Niederschlagsmengen, dazu Sturmböen und örtlich Hagel.

Straßen wurden überflutet, Bäume entwurzelt, Dächer abgedeckt. Der Zugverkehr zwischen Hamburg und Bremen wurde für mehrere Stunden eingestellt und war auch am Freitag noch betroffen. Ein U-Bahn-Abschnitt wurde zeitweise gesperrt, weil ein Baum auf die Gleise zu fallen drohte.

Gegen 17 Uhr zog sich der Himmel über der Hansestadt zu, es begann zu blitzen, der Wind wurde immer stärker. In Ottensen und vielen anderen Stadtteilen krachte es ohrenbetäubend. Dann kamen in allerkürzester Zeit enorme Wassermassen vom Himmel.

Unwetter: Hamburg Wasser vergleicht „Jahrtausendregen“ mit Ahrtal

Hamburg Wasser hat den Starkregen vom Donnerstag als „Jahrtausendregen“ eingestuft. „Unsere Statistik sagt: Das war ein Regenereignis, wie es nur alle 10.000 Jahre vorkommt“, sagte Hamburg-Wasser-Geschäftsführer Ingo Hannemann am Freitag im Pumpwerk Hafenstraße.

Die höchsten Niederschläge habe man im Stadtpark verzeichnet, wo bis zu 47 Liter pro Quadratmeter gefallen seien – und das innerhalb von 20 Minuten, hochgerechnet also mehr als 140 Liter pro Stunde. „Das hatte fast die Dimensionen des Ahrtals“, so Hannemann. Das idyllische Tal in Rheinland-Pfalz war 2021 im Zuge von Starkregenfällen schwer verwüstet worden, mehr als 100 Menschen waren ums Leben gekommen.

Das städtische Unternehmen geht vor dem Hintergrund des Klimawandels für die Zukunft von weiter steigenden Regenmengen aus. Vor allem in den Winterhalbjahren sei mit mehr Niederschlag zu rechnen, sagte Hannemann. Die kaufmännische Geschäftsführerin Gesine Strohmeyer ergänzte: „Was wir aktuell erleben, wird typisch werden.“

Unwetter mit Sintflut über Hamburg – Feuerwehr fährt fast 900 Einsätze

Die Feuerwehr rückte fast 900-mal aus. „Das ist eine gewaltige Zahl, die wir so seit Langem nicht mehr erlebt haben. Wir hatten es vor allem mit umgestürzten Bäumen, überschwemmten Straßen und vollgelaufenen Kellern zu tun“, sagte ein Sprecher.

In der Rettungsleitstelle waren sämtliche Notrufabfrageplätze besetzt, um die Vielzahl der Notrufe zeitgerecht an die Rettungs- und Einsatzkräfte weiterzuleiten. Auch knapp 80 freiwillige Feuerwehren waren am Donnerstagabend im ganzen Stadtgebiet im Einsatz.

Unwetter Hamburg: Feuerwehr setzt neues Notruf-System ein

Um die enorme Anzahl an Notrufen bewältigen zu können, setzte die Leitstelle zudem erstmals ihr neues Interactive Voice Response System (IVR) ein. Personen, die den Notruf wählten, wurden mit einem Sprach- oder Tastenmenü aufgefordert, zwischen wetterbedingten, nicht ganz so eiligen und zeitkritischen, lebensbedrohlichen Einsätzen zu unterscheiden.

Um die unwetterbedingten Probleme kümmerte sich dann ein zusätzlich eingesetztes Team der Freiwilligen Feuerwehren. Auf diese Weise habe die Wartezeit für Anrufer mit akuten Notfällen wie Herzinfarkte, Brände oder Verkehrsunfälle erheblich verkürzt werden können, so ein Sprecher.

Unwetter in Hamburg – 250 Ampeln fallen aus

Ein Großteil der Einsätze der Feuerwehr Hamburg fand in den Stadtteilen Barmbek, Winterhude, Wandsbek, Lohbrügge und Bergedorf statt. Hier wurden Straßen überflutet, Keller und Tiefgaragen liefen voll Wasser.

Laut Verkehrsleitzentrale fielen zudem durch Blitze zeitweilig 250 Ampeln in Hamburg aus, gegen 19.30 Uhr waren es immer noch 30. Immerhin 28 der Lichtanlagen hätten manuell wieder eingeschaltet werden müssen, so die Polizei, die insgesamt 180 wetterbedingte Einsätze verzeichnete.

Auf der Alsterdorfer Straße stand das Wasser vorübergehend so hoch, dass es in einen Linienbus des HVV hineinlief. Passanten standen knietief in den Fluten. Menschen kamen nach aktuellem Stand aber zum Glück nicht zu Schaden.

Unwetter in Hamburg: Mühlenkamp verwandelt sich in Fluss

Auch der Mühlenkamp in Winterhude verwandelte sich binnen Minuten in einen Fluss, durch den Fußgänger und Radfahrer nur noch waten konnten. Autos steckten plötzlich in den Wassermassen fest. Das Wasser lief laut Feuerwehr auch in Ladenzeilen hinein. Einzelhändler und Gastronomen versuchten verzweifelt, der Fluten Herr zu werden – teils mit einfachen Plastikeimern.

An der Mozartstraße in Barmbek-Süd begrub ein Baumgigant gegen 17.45 Uhr mindestens fünf am Straßenrand geparkte Fahrzeuge unter sich, weitere Pkw sollen beschädigt worden sein. Einsatzkräfte rückten mit schwerem Gerät an, um den Baum zu zerlegen und die völlig demolierten Fahrzeuge zu bergen.

Unwetter in Hamburg: Dach in Barmbek-Süd abgedeckt

Ebenfalls in Barmbek-Süd, an der Von-Axen-Straße, deckte der Sturm das Dach eines Hauses in großen Teilen ab. Hier brachte die Feuerwehr ein neuartiges Teleskopfahrzeug zum Einsatz, das erstmals verwendet wurde.

In Eidelstedt an der Von-Appen-Straße rückte die Feuerwehr gegen 18.30 Uhr zu einem Großeinsatz aus, weil offenbar ein Blitz einen Baum in Flammen gesetzt hatte und dieser nun umzustürzen drohte. Wie schlimm die Situation vor Ort war, war zunächst noch unklar.

Unwetter in Hamburg: Straßen in Bergedorf unter Wasser

Besonders heftig trafen die massiven Regenfälle auch den Hamburger Osten. In Bergedorf rückte die Feuerwehr zu mindestens zehn überfluteten Straßen aus, darunter der Lohbrügger Weg, die Bergedorfer Straße, An der Twiete, Holtenklinker Straße und Wiesnerring.

Auch auf der Chrysanderstraße stand das Wasser so hoch, dass Türen zu den Häusern zeitweise nicht geöffnet werden konnten – Überflutungsgefahr.

Starkregen unterspült Gleise: Bahnstrecke Hamburg–Bremen nur eingeschränkt befahrbar

Die Feuerwehren im Landkreis Harburg waren schon zuvor nach einem starken Gewitter in mehreren Orten im Einsatz. In der Gemeinde Tostedt stürzten am Nachmittag mehrere Bäume um. Der darauffolgende Starkregen führte zu einer Unterspülung an den Gleisen. Die Bahnverbindung zwischen Bremen und Hamburg wurde deshalb vorübergehend gesperrt. Fernzüge wurden am Donnerstagabend ohne Halt über Hannover umgeleitet, wie die Bahn mitteilte. Die Regionalzüge von Metronom fielen aus.

In der Nacht zum Freitag lief der Verkehr nach Angaben einer Bahnsprecherin wieder an. Es werde aber mit langsamerer Geschwindigkeit gefahren. Dies habe Verspätungen von ungefähr 15 Minuten zur Folge. Wann der Fahrbetrieb wieder normal aufgenommen werden kann, blieb vorerst unklar.

Auch die Hamburger Hochbahn war von dem Unwetter betroffen. Weil ein Baum nach einem Blitzeinschlag auf die Gleise zu fallen drohte, wurde der Verkehr der U-Bahn-Linie U2 zwischen Barmbek und Wandsbek-Gartenstadt am Freitagvormittag eingestellt. Ein Ersatzverkehr mit Bussen und Taxis sei angefordert. Nach etwa drei Stunden konnte die Sperrung aufgehoben werden.

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Wetter in Hamburg: Von Hitzewelle zu Starkregen

In Kakenstorf wurden Teile eines Baumes nach einem Blitzschlag entfernt. Dafür war auch eine Drehleiter im Einsatz. Mehrere Straßen sind derzeit unter Wasser und deshalb unpassierbar. An vielen Stellen sind Gullis mit Laub verstopft, so dass das Wasser nicht ablaufen kann. Zu Personenschäden kam es nach ersten Erkenntnissen bisher nicht.

Weitere Hamburg-News

Auch nördlich von Hamburg waren die Ausläufer des Unwetters deutlich zu spüren. So brach in Quickborn das Dach eines Sonnenstudios ein. Glück im Unglück: Zu dem Zeitpunkt befanden sich keine Kunden in dem Geschäft an der Bahnhofstraße. Lediglich die Mitarbeiter erlebten den Schrecken ihres Lebens, blieben ansonsten aber unverletzt.

Wie wird das Wetter, wenn Deutschland am Sonnabend gegen Dänemark spielt?

Am Freitag bleibt es feucht und bewölkt. Außerdem kann es vereinzelt zu Gewittern kommen. Erst gegen Nachmittag soll es zunehmend trocken werden, dazu weht mäßiger Wind. Erwartet werden Temperaturen bis zu 25 Grad.

Die Nacht zum Sonnabend wird frisch mit Tiefstwerten bis zu 13 Grad und teils mäßigem und an den Küsten frischem Wind. Pünktlich zum Achtelfinalspiel Deutschland gegen Dänemark am Sonnabendabend erwartet der DWD dann allerdings nur noch vereinzelt kurze Schauer, dazu schwachen bis mäßigen Wind und Höchstwerte bis zu 25 Grad entlang der Elbe.