Hamburg. Alexander Donner ist seit einem Unfall querschnittsgelähmt. Trotz mehr als 50 Bewerbungen findet der Ex-Leistungssportler keine Arbeit.
Wenn Alexander Donner von dem Tag berichtet, der sein Leben für immer verändert hat, spricht er ganz ruhig und geradezu distanziert über die Ereignisse. So, als erzähle der Hamburger die Geschichte einer anderen Person. Keine Emotionen, keine Trauer. Vielleicht hat er die schreckliche Geschichte von seinem Badeunfall aber auch schon so oft erzählt, dass sie heute bei ihm selbst keinen Schrecken mehr auslöst – anders als bei seinen Zuhörern.
Der Tag liegt gut 20 Jahre zurück. Es war Sommer. Donner war 16 Jahre alt und hatte sich mit Freunden an einem Badesee in der Nähe von Plön verabredet. Immer wieder sprangen die Jungen von einem Baum ins Wasser. Jeder Sprung ein Treffer, der Spaß riesengroß. Dann ein letzter Sprung, bevor die Gruppe sich auf den Heimweg machen wollte.
Plötzlich an Rollstuhl gefesselt: Sprung ins Wasser veränderte Leben des Hamburgers
„Ich muss etwas mehr Richtung Land gesprungen sein als die Male zuvor und dabei steiler eingetaucht sein“, sagt der heute 37-Jährige über diesen letzten Sprung. Schon unzählige Male hat er sich gefragt, warum er auf diesen nicht verzichtet hat.
Denn der Sprung änderte alles im Leben von Donner und seiner Familie. Der Jugendliche prallte mit dem Kopf auf den Boden. „Es hat geknackt.“ Dann blieb ihm die Luft weg, und er wurde ohnmächtig. Donner konnte sehr lange tauchen, deshalb dachten seine Freunde zunächst, er tauche unten am See noch ein wenig. Viel zu spät realisierten sie, dass etwas nicht stimmte. Machten sich auf die Suche unter Wasser – und entdeckten den bewusstlosen Freund.
Sprung ins Wasser: Freunde mussten den Hamburger reanimieren
„Sie mussten mich sofort wiederbeleben, mein Herz hatte schon aufgehört zu schlagen“, so Donner. Zum Glück stand nicht weit entfernt ein Angler. Dieser besaß bereits ein Handy, „was damals ja nicht üblich war.“ So konnte der Notarzt schnell verständigt werden. Donner wurde in die Klinik geflogen, er überlebte den Unfall. Allerdings schwer behindert.
Seitdem ist er an den Rollstuhl gefesselt. Kann seine Beine nicht mehr bewegen, auch seine Fingerfunktion ist eingeschränkt. Ein Wirbelkörper wurde bei dem Aufprall zertrümmert, ein anderer gebrochen. Die Verletzungen zerstörten das Rückenmark von Alexander Donner. „Ich werde wahrscheinlich nie wieder laufen können“, sagt er.
Alexander Donner zählte bundesweit zu den großen Rudertalenten
Dabei zählte der junge Mann vor seinem Unfall zu den Nachwuchstalenten im Rudersport. Im Sommer des tragischen Unfalls war er gerade Zweiter bei den Deutschen Meisterschaften im Doppel-Vierer der Junioren geworden, hatte einen Sieg bei „Jugend trainiert für Olympia“ erkämpft und wollte an weiteren Regatten teilnehmen.
Mit diesem letzten Sprung war all das vorbei. Donner verbrachte ein Dreivierteljahr im Krankenhaus, musste danach sein Leben komplett neu organisieren. „Ich habe früh eingesehen, dass ich vermutlich nie wieder laufen werde“, sagt er. Als Leistungssportler sei es ihm vielleicht einfach schneller klarer gewesen, dass der Rollstuhl nun künftig sein Fortbewegungsmittel sein würde.
Hamburger Alexander Donner arbeitet seit vielen Jahren als Rudertrainer
Das Rudern wollte Donner allerdings nicht aufgeben. Der junge Mann machte auf dem Johanneum sein Abitur, begann Sportwissenschaften und Bewegungswissenschaften zu studieren. Nebenbei trainierte er verschiedene Ruderer.
Das macht Alexander Donner bis heute. Allerdings hat er seit dem Ende seines Studiums nie eine feste Anstellung bekommen. Eine Tatsache, die ihn vor große Herausforderungen stellt. Denn Donner lebt von den Einnahmen, die er als Rudertrainer erhält. Einen Urlaub hat er seit mehr als zehn Jahren nicht gemacht. „Ich kann nichts planen, keine größeren Anschaffungen machen.“
Wenn das Rudertraining ausfällt, fehlen dem Hamburger auch die Einnahmen
Die Miete zu zahlen, sei noch kein Problem – zum Glück. Das allerdings auch nur, weil die Wohnung auf der Uhlenhorst klein sei und die Miete nicht so hoch. Aber größere unvorhergesehene Rechnungen bereiten dem 37-Jährigen schnell Probleme. „Das stresst einen ungemein.“ Sobald eine Trainingseinheit ausfalle, fehlten auch die Einnahmen. Und im Winter liefe es sowieso eher schlecht.
Dabei würde er sehr gern fest angestellt arbeiten. „Es ergäben sich aus der Kombination meines Studiums mit meiner Trainertätigkeit viele Möglichkeiten“, so Donner. In einem Sportverein könnte er arbeiten. Oder in einem Fitnessstudio. Auch an der Universität wäre eine Anstellung möglich. Oder im Gesundheitsmanagement einer Firma.
Sportler aus Hamburg schrieb mehr als 50 Bewerbungen – ohne Erfolg
Doch ein Unternehmen, das bereit ist, ihn zu beschäftigen, gibt es bisher nicht. Mehr als 50 Bewerbungen habe er in den vergangenen zehn Jahren geschrieben – und immer nur Absagen erhalten.
Einige Firmen seien nicht barrierefrei und können ihm deshalb keine Arbeit anbieten. Andere scheinen laut Donner schlicht Angst zu haben, einen schwerbehinderten Menschen anzustellen. „Sie glauben, dass sie mich dann nicht so einfach wieder loswerden.“ Für Donner ist es eine negative Auswirkung des Antidiskriminierungsgesetzes, das eigentlich behinderte Menschen schützen soll.
Aus lauter Verzweiflung hat der 37-Jährige vor Kurzem einen Spendenaufruf auf der Plattform GoFundMe ins Leben gerufen. Sein Ziel: Sich ein Elektrozuggerät für seinen Rollstuhl zu finanzieren – um auch größere Strecken zurücklegen zu können. „Ein entsprechend ausgestattetes neues Auto könnte ich mir nicht leisten.“
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Hamburger ohne Job: „Kann doch nicht sein, dass ich als Studierter keine Arbeit finde“
Den Spendenaufruf zu starten, ist Donner schwergefallen. „Ich möchte eigentlich nicht um Unterstützung betteln.“ Freunde hätten ihn aber ermuntert – und so habe er schließlich die Aktion gestartet. Mit Erfolg, nun hat er das Geld zusammen und kann das passende Rollstuhlzuggerät mit Elektromotor bestellen. Mehr als 15.000 Euro wurden gespendet.
Viel lieber möchte Donner allerdings endlich sein eigenes Geld verdienen. „Wir haben doch akuten Fachkräftemangel“, sagt er. „Es kann doch nicht sein, dass ich als Studierter keine Arbeit finde, nur weil ich im Rollstuhl sitze.“ Die Hoffnung, doch noch die Firma oder den Verein zu finden, der ihm eine Arbeitsstelle gibt, hat er nicht aufgegeben. Auch wenn es manchmal schwerfalle, sagt Alexander Donner.