Hamburg. Nach fast 20 Jahren haben die Betreiberinnen das Café aufgegeben. Welche Hamburger Institution jetzt die Verantwortung übernimmt.

Wer gerne bei einem Cappuccino das Treiben auf dem Goldbekmarkt beobachtet oder hier nachmittags ein Sandwich oder ein Stück Kuchen gegessen hat, der wird das Marktkaffee am Goldbekplatz schmerzlich vermissen. Nach fast 20 Jahren haben die Betreiberinnen Claudia Greve und Elke Schließmann das ehemalige Toilettenhäuschen aufgegeben.

Wie sie in einem emotionalen Beitrag auf ihrer Website mitteilen, habe der Vermieter ihnen im Dezember 2022 eine Verlängerung des Mietvertrages verweigert. „Das Marktkaffee hat seine Türen für immer geschlossen“, schreiben sie. „Diese Entscheidung fiel nicht nur kurzfristig, sie ist uns auch ausgesprochen schwergefallen, wir hätten es uns wahrlich anders gewünscht.“

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Vorangegangen seien „jahrelange, zermürbende Gespräche und Auseinandersetzungen mit widersprüchlichen Aussagen seitens des Vermieters“. Eine vertrauensvolle und wirtschaftlich erfolgreiche Zusammenarbeit wäre somit für sie nicht mehr vorstellbar.

Der derart beschuldigte Vermieter, in diesem Fall das Bezirksamt Hamburg-Nord, kontert: „Die auf der Website des Marktkaffees veröffentlichte Aussage ist uns bekannt – sie entspricht nicht den Tatsachen.“ Es wurde sogar ein Anwalt eingeschaltet, doch dazu später.

Es habe sie „viel Mut, Kreativität, Kraft und auch Geld“ erfordert, ihre Vision umzusetzen, schreiben die ehemaligen Betreiberinnen des Cafés weiter. Tatsächlich hatte der Denkmalschutz zunächst Bedenken, das 40 Quadratmeter große Häuschen umzubauen.

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Doch „mit Leidenschaft, Humor, Durchhaltevermögen auch in nicht so leichten Zeiten und Spaß an der Arbeit“ hätten sie das Marktkaffee zu dem gemacht, was es lange war, so die ehemaligen Betreiberinnen: ein beliebtes Café mit rund 100 Außen- und zehn Innenplätzen.

Im Stadtteil wird gerätselt, wie es jetzt mit dem Häuschen unweit des Mühlenkamps weitergeht und ob man dort bald wieder einkehren kann. Aufklärung kommt von einer Hamburger Institution, mit der man nicht unbedingt gerechnet hat: der Stadtreinigung.

Stadtreinigung Hamburg übernimmt Klohäuschen am Goldbekplatz

„2016 haben wir laut Senatsbeschluss 125 öffentliche Toilettenanlagen übernommen“, sagt Sprecher Andree Möller. Darunter waren auch etliche der charmanten Klohäuschen, die mit der Zeit zu Imbissen oder Cafés umfunktioniert worden waren.

Nach und nach laufen jetzt deren Pachtverträge mit den jeweils zuständigen Bezirksämtern aus. Und diese können die Häuschen, wenn sie nicht mehr selber für sie zuständig sein möchten, der Stadtreinigung übergeben. „Wir kümmern uns ja immer um Sachen, die andere nicht machen wollen“, so Möller. Warum also nicht auch um die etwas anderen Klohäuschen?

Das Marktkaffee am Goldbekplatz musste schließen – und ist an die Stadtreinigung Hamburg gegangen.
Das Marktkaffee am Goldbekplatz musste schließen – und ist an die Stadtreinigung Hamburg gegangen. © Marcelo Hernandez

Nach der Sanierung könnte ein Kiosk in das Marktkaffee einziehen

Das Winterhuder Marktkaffee sei bereits das dritte. Nun soll das in die Jahre gekommene Gebäude saniert werden. „Wir stellen die Betriebssicherheit her und modernisieren Elektrik und Wasserleitungen“, sagt Möller. Wer im Anschluss einziehen kann, entscheide man anhand der Konzepte, die potenzielle Bewerber einreichen müssten.

Vorstellbar sei etwa ein Kiosk zur „Spätversorgung“ oder ein Treffpunkt für die Nachbarschaft, sagt Möller, und ergänzt mit trockenem Humor: „Der neue Betreiber soll nicht nur an sein Geschäft denken, sondern auch an die Geschäfte der Öffentlichkeit.“

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Eigentlich hätten die ehemaligen Betreiberinnen ihr Engagement beenden und selbstständig einen Nachfolgepächter suchen wollen, heißt es aus dem Bezirksamt. „Als dies abgelehnt wurde, wollten sie zum Jahresende 2022 vorzeitig aus ihrem Vertrag entlassen werden.“

Nachdem man ihnen eine fristgerechte Vertragsbeendigung zum 31. März 2023 in Aussicht gestellt habe, hätten die Betreiberinnen dann aber einen Anwalt eingeschaltet. Dieser habe vom Bezirksamt 18.000 Euro aus „einer nicht schlüssigen Forderung aus dem Pachtverhältnis“ eintreiben sollen. Aufgrund dessen wurden die Betreiberinnen dann doch vorzeitig aus dem Vertrag entlassen.