Hamburg. Gericht kippt teilweise behördliches Verbot und erlaubt Zelte. Doch das Bündnis strebt weiter den Stadtpark als Standort an.

Der Streit um den Standort des Klimacamps, in dem vom 9. bis zum 15. August mehrere Tausend Teilnehmer übernachten wollen, ist trotz eines Gerichtsurteils noch nicht beigelegt. Nachdem am Mittwoch das Verwaltungsgericht das Gelände rund um die Elly-See-Straße am Altonaer Volkspark als Standort festlegte und damit den Vorgaben der Polizei folgte, wollen die Organisatoren des Camps, die einem Bündnis von mehr als 30 Gruppen angehören, weiterhin den Hamburger Stadtpark nutzen. Diese Nutzung war untersagt worden.

Es droht nicht nur im Vorwege Ärger. Die Woche, in der die Teilnehmer der Veranstaltung in der Stadt sind, könnte für viele Hamburger zur Nervenprobe werden. Bei der Polizei geht man davon aus, dass zahlreiche Teilnehmer auch an verschiedenen Stellen Aktionen durchführen, die das Ziel haben, den Verkehr lahmzulegen. Zudem wurde die Zahl der möglichen Teilnehmer nach oben korrigiert. Sie wurde auf 6000 verdoppelt, da die Mobilisierung in Deutschland, aber auch im Ausland, auf entsprechende Resonanz stieß.

Polizei Hamburg: "Protestler haben Technik des Festklebens verfeinert"

Für die Polizei geht es dabei nicht nur um die Verhinderung und schnelle Beendung solcher Aktionen. Ein Problem wird nach Einschätzung von Beamten auch der Schutz der Protestierenden sein. „In dieser Zeit, in der Familien angesichts der Energiekrise um ihre Existenz bangen, dürfte die Akzeptanz solcher Aktionen zurückgegangen sein“, sagt Thomas Jungfer, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG).

Es könnte problematisch werden, etwa wenn sich die Protestler auf dem Asphalt festkleben oder sich auf Höhe von Verkehrsknotenpunkten anketten. Diese Erfahrung habe man bereits in Berlin gemacht – und auch, dass Teilnehmer solcher Aktionen mittlerweile erst loslegen würden, wenn man sich eines schnellen Erscheinens der Polizei gewiss sei. Die Protestler hätten die Technik des Festklebens zudem inzwischen verfeinert. Mittlerweile wird Quarzsand benutzt, der das Loslösen von der Fahrbahndecke erschwert – und derartige Aktionen in die Länge zieht.

Klimacamper kündigen zahlreiche Aktionen an

Die Polizeiführung hat auf die neue Einschätzung reagiert: Sie hat nicht nur für den Fußballeinsatz am 14. August, wenn der FC St. Pauli gegen Magdeburg antritt, sondern auch für die Einsätze im Zusammenhang mit der Klimawoche Hundertschaften aus anderen Bundesländern zur Verstärkung angefordert. Die Hamburger Polizei wird während des Klimacamps rund um die Uhr verstärkt präsent sein. Auch der Führungsstab wird die gesamte Zeit besetzt sein und vom Polizeipräsidium aus den Einsatz leiten. Eingebunden ist die komplette Bereitschaftspolizei. Zusätzlich werden die Alarmhundertschaften aufgerufen, die sich aus Beamten der Hamburger Polizeiwachen zusammensetzen. Auch sie werden rund um die Uhr im Einsatz sein. An den Wachen selbst wird es dann Zwölf-Stunden-Dienste geben, damit die Peterwagen rund um die Uhr besetzt bleiben.

In Sachen Klimacamp blieben die Fronten nach dem Urteil verhärtet. Charly Dietz, Sprecherin von Ende Gelände, erklärte, dass man weiter den Stadtpark als Standort für das Zeltlager favorisiere, weil die vom Gericht festgelegte Fläche nahe dem Volksparks für die erwartete Zahl der Teilnehmer zu klein sei. Die Polizei hingegen nennt praktische Gründe für ein Verbot des Camps im Stadtpark und der ebenfalls diskutierten Moorweide. Die Flächen seien, das habe man im Stadtpark nach dem Konzert der Rolling Stones festgestellt, für die Hamburger erst einmal nicht mehr nutzbar und müssten aufwendig wieder hergerichtet werden.

Polizei unglücklich mit einer Entscheidung des Gerichts

Unglücklich ist man bei der Polizei mit der Entscheidung des Gerichts, das Verbot für das Aufstellen von Übernachtungs- und Versorgungszelten zu kippen. Zwar habe das Bundesverwaltungsgericht im Zusammenhang mit dem Protest gegen den Tagebau in Garzweiler geurteilt, dass ein auf Dauer angelegtes Protestcamp – einschließlich der dafür notwendigen In­frastruktur – umfassend von der Versammlungsfreiheit geschützt sei. Dieser Entscheidung zugrunde liegen allerdings, so die Polizei, die dortigen Rahmenbedingungen und der Umstand, dass im Umfeld eine Infrastruktur fehlt. Das sei in Hamburg anders.

Stephan Jersch von den Linken hingegen meint: „Das faktische Verbot eines Camps im Stadtpark und die umfangreiche Beauflagung für eine Fläche im Altonaer Stadtpark stellt einen schweren Angriff auf die Versammlungsfreiheit dar“, so der umweltpolitische Sprecher der Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft. Es sei „unglaublich“, dass weder die Polizei noch Innensenator Andy Grote (SPD) mit Blick auf das Camp auf Entenwerder während des G-20-Gipfels, dessen Verbot ein Gericht nachträglich als rechtswidrig einstufte, „daraus etwas gelernt haben und weiterhin auf eine autoritäre Verbotspolitik setzen“. Angesichts der Klima­krise, der drohenden Energiekrise und der damit verbundenen gesamtgesellschaftlichen Folgen sei das Klimacamp „ein wichtiger Ort des Austausches, der Vernetzung und des Protestes für eine gerechte und solidarische Krisenpolitik“.

Laut Polizeisprecher Holger Vehren sei es bei den Kooperationsgesprächen mit den Organisatoren indes „immer nur um die Frage des Standortes gegangen und nie um die Frage, ob die Versammlung überhaupt stattfinden kann".