Hamburg. Streit um Emily-Ruete-Platz: Nach Rassismus-Vorwürfen wurden Schilder erst ab-, dann wieder aufgebaut – wegen eines Fehlers im Amt.
Diese Überraschung ist dem Bezirk Nord gelungen: Vor einigen Tagen sind die Schilder mit der Bezeichnung Emily-Ruete-Platz im Finkenau-Quartier wieder aufgestellt worden, nachdem diese erst Ende September abgebaut worden waren. Weder die Anwohner noch die Bezirkspolitik hatte die Verwaltung vorab informiert.
„Was das Bezirksamt hier veranstaltet, ist eine Posse. Das bindet Ressourcen innerhalb der Verwaltung und kostet zusätzliches Geld. Es ist keinem damit geholfen, dass hier nun wieder die Schilder mit der Bezeichnung Emily-Ruete-Platz stehen, die dann in absehbarer Zeit ein weiteres Mal entfernt werden müssen“, sagt Stefan Baumann, CDU-Abgeordneter in der Bezirksversammlung Hamburg-Nord. Zumindest müsse auf der Namenstafel darauf hingewiesen werden, dass dieser Platz wieder umbenannt wird.
Emily Ruete soll sich für Sklavenhaltung eingesetzt haben
Bereits im Oktober hatte das Abendblatt über den Platz ohne Namen am Ende der Leo-Leistikow-Allee in dem Neubaugebiet auf der Uhlenhorst berichtet. Der Regionalausschuss Barmbek-Uhlenhorst-Hohenfelde-Dulsberg hatte am 21. September auf Antrag von Grünen und SPD eine Beschlussempfehlung für den Hauptausschuss der Bezirksversammlung Nord verabschiedet, wonach der Platz wegen der erst jetzt „zutage getretenen kritikwürdigen Ansichten“ nicht weiter nach Emily Ruete benannt sein soll. Der Hauptausschuss schloss sich dieser Empfehlung an.
In einer Drucksache der Bezirksversammlung heißt es: „Emily Ruete setzte sich in ihren Memoiren wiederholt für die Sklavenhaltung ein, ihre Äußerungen gegenüber den Sklav*innen sind rassistisch.“ Die Namensgeberin hatte eine bewegte Lebensgeschichte. Sie wurde 1844 unter dem Namen Salama bint Said, Prinzessin von Oman und Sansibar, als Tochter des regierenden Sultans auf Sansibar geboren, heiratete 1867 den Hamburger Kaufmann Rudolph Heinrich Ruete und lebte in der Hansestadt.
Prüfung des Staatsarchives steht noch aus
Ein weiterer Wunsch der Bezirkspolitik war jetzt, dass die Beschilderung entfernt werden soll. Das Bezirksamt kam dieser Aufforderung wenige Tage später nach. Ein Fehler: „Wir haben die Schilder des Emily-Ruete-Platzes aufgrund eines Beschlusses des zuständigen Regionalausschusses etwas voreilig entfernt. Zuerst muss das Staatsarchiv prüfen, dann muss der Senat die Benennung rückgängig machen, dann erst wird das Bezirksamt aufgefordert, die Beschilderung zu entfernen. Aus diesem Grund haben wir die Schilder vorerst wieder angebracht“, sagte Larissa Robitzsch, Sprecherin des Bezirksamtes.
Aber weder der Senat noch das Staatsarchiv konnten bislang tätig werden. Auf Abendblatt-Anfrage sagte Enno Isermann, Sprecher der Kulturbehörde: „Da der Platz bereits benannt wurde, kann eine Namensänderung nur durch eine Umbenennung erfolgen. Diese Umbenennung müsste im Rahmen eines Umbenennungsantrags vom Bezirk angestoßen werden. Dazu müssten die bezirklichen Gremien sich auf eine Vorgehensweise einigen.“
Staatsarchiv liegt noch kein Umbenennungsantrag vor
Dem Staatsarchiv liege bisher kein Umbenennungsantrag mit einem anderen Namensvorschlag aus dem Bezirk vor, der geprüft werden könnte. Von diesem Prozedere hat das Bezirksamt offensichtlich keine Kenntnis: „Sobald das Staatsarchiv die Prüfung abgeschlossen und der Senat entschieden hat, dass der Platz umbenannt werden soll, wird das Bezirksamt über die üblichen Wege die Bürger*innen dazu aufrufen, sich an der Namensfindung zu beteiligen“, sagt Sprecherin Larissa Robitzsch. Das bedeutet, die Kulturbehörde und der Bezirk müssten sich nun erst einmal über das weitere Vorgehen abstimmen.
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Unterdessen übte auch der SPD-Bezirksabgeordnete Rüdiger Wendt Kritik an der Verwaltung, die vom Grünen-Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz geführt wird. Wendt sagte: „Ich hätte mir gewünscht, dass der Bezirk die Schilder gar nicht erst abgebaut hätte, sondern das man so lange wartet, bis der Platz einen neuen Namen durch die Bürger verliehen bekommt. Danach hätte man die Alten gegen die neuen Schilder austauschen können. Das was der Bezirk hier jetzt durch einen Formfehler ausgelöst hat, ist der Öffentlichkeit nur schwer zu vermitteln.“