Hamburg. Die Grünen möchten aus der temporären Aufhebung der Einbahnstraßenregelung eine Dauerlösung machen. Das stößt auf Kritik.

Es ist eine Verkehrsführung, die in Deutschland seit 1952 einmalig ist: Von 4 Uhr früh bis 12 Uhr mittags ist die zweispurige Sierichstraße östlich der Außenalster eine Einbahnstraße Richtung City, ab 12 Uhr dann bis zum frühen Morgen eine Einbahnstraße stadtauswärts. So sollen lange Staus im Berufsverkehr vermieden werden.

Ab Ende Juni aber wird die Sierichstraße auf einem knapp einen Kilometer langen Teilstück in Winterhude zu einer ganz normalen Straße mit Gegenverkehr. Grund sind Bauarbeiten an der Hudtwalckerstraße: die Einfahrt in die Sierichstraße wird dann sechs Wochen lang nicht möglich sein. Hinter der Absperrung wird der Richtungswechsel solange aufgehoben.

„Nicht ohne Bürgerbeteiligung planen“

Die Grünen in Hamburg-Nord, die sich schon länger für die Abschaffung der Einbahnstraßenregelung einsetzen, fordern, dies als „Testlauf“ zu betrachten. Dagegen sträuben sich CDU, der ADAC und sogar der Koalitionspartner SPD, der sich 2017 selbst für die Abschaffung des Richtungswechsels eingesetzt hatte. Grund: Die Grünen fordern auch, entlang der Sierichstraße neue Geh- und Radwege anzulegen.

„Eine Umsetzung ginge auf Kosten von Bäumen und Parkplätzen“, sagt dagegen SPD-Nord-Chef Thomas Domres. „Das kann man nicht ohne Bürgerbeteiligung planen.“ Auch die CDU warnt. „Wir lehnen die Förderung des Radverkehrs auf Kosten anderer Verkehrsteilnehmer und Anwohner ab“, sagt Martin Fischer, verkehrspolitischer Sprecher der Bezirksfraktion. „Die Sierichstraße ist als Fahrradstadt-Testfläche ungeeignet. Wir brauchen die Durchgangsstraße mit Richtungswechsel besonders im Berufsverkehr, sie ist eine der leistungsfähigsten Hauptverkehrsstraßen der Stadt.“

„Gut ausgebaute Alternative am Leinpfad“

Die FDP-Bürgerschaftsfraktion spricht von einer "rein ideologisch getriebenen Verkehrspolitik, ausgetragen auf dem Rücken von Pendlern und Lieferanten aus und nach Winterhude". Diese müsse ein Ende haben, sagte der FDP-Verkehrsexperte, Ewald Aukes. "Der Wechselverkehr auf der Sierichstraße ist eine intelligente Lösung, um die tageszeitabhängigen Pendlerströme zwischen Stadtzentrum und dem Bezirk Nord über eine zweispurige Straße abwickeln zu können", sagt der Politiker. Für sicheren Radverkehr seien bereits in den Parallelstraßen Fahrradstraßen eingerichtet oder solche geplant. "Wir brauchen keine einseitige verbitterte Anti-Autofahrer-Ideologie der Grünen", so Aukes.

Auch der ADAC befürchtet Staus im Berufsverkehr. „Die Aufheben der Regelung würde dazu führen, dass deutlich weniger Autos diese Verbindung nutzen können. Und für Fahrradfahrer gibt es mit dem Leinpfad eine gut ausgebaut Alternative“, sagt Sprecher Hans Pieper.