Hamburg. Auch der Standort Loogestraße stößt auf Ablehnung. Bezirksamtsleiter Rösler: Stadtteil tut sich besonders schwer mit Solidarität.
Nein, namentlich und offiziell mag sich kein Eppendorfer gegen die geplante Flüchtlingsunterkunft an der Loogestraße aussprechen. Unmut gab es bislang nur im Regionalausschuss, als das Thema auf der Tagesordnung stand. Als Mitglieder der Initiative „Welcome to Eppendorf“ jetzt für einen Fototermin mit dem Abendblatt ein kleines Banner entrollen, halten aber einige Passanten mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg. „Schämt euch!“, „Das ist das Allerletzte!“ und „Wollt ihr das bezahlen?“, rufen sie im Schutz der Anonymität, während sie an der Grünfläche vorbeigehen, auf der 2018 eine Folgeunterkunft mit 104 Plätzen entstehen soll.
Der vergleichsweise kleine Standort wäre die erste Flüchtlingsunterbringung in Eppendorf. Und er ist der dritte Versuch der Stadt, dem Bürgervertrag entsprechend auch in diesem Stadtteil eine Unterkunft zu errichten. Nachdem zunächst der Expresswohnungsbau für 2400 Personen an der Osterfeldstraße gescheitert war, weil sich Bezirk und Investor nicht einigen konnten, ruderte die Stadt nach massiver Kritik von Denkmalschützern auch bei der geplanten Unterkunft im Seelemannpark zurück.
Gegen beide Unterkünfte hatten aber auch Anwohner massiv protestiert – sie fürchteten um ihre Sicherheit, den Wert ihrer Immobilien und, im Falle des Seelemannparks, den Verlust einer viel genutzten Freizeitfläche.
Demonstranten nutzen Trick für Genehmigung
Die Grünfläche an der Loogestraße wird nicht besonders häufig genutzt. Sie liegt zwischen einem Spiel- und einem Sportplatz, auch eine Skateanlage ist nur einen Katzensprung entfernt. Dennoch gilt der unmittelbar an den Gleisen der Linie U3 gelegene Grünstreifen nun als wichtige Spielfläche für Kinder und als Idyll für Schmetterlinge, Kaninchen, Igel und Eichhörnchen.
Plüschtiere dieser Gattung saßen zumindest in einem Sarg, der am Sonnabend (nur einen Tag nach dem Fototermin mit der Willkommensinitiative) als „Kunstinstallation“ auf der Grünfläche aufgebaut worden war, „um das Bedauern des Verlusts dieser urbanen Grünfläche“ zu demonstrieren. Der Bezirk hatte die Installation genehmigt, die von einer Hobbykünstlerin als „emissionsfreie, zwei Quadratmeter große Ausstellung“ mit einer „Kiste“, in der Natur abgebildet wird, beantragt worden war.
„Durch Widerstand gerät Stadtteil in Misskredit“
Von einem Sarg mit Grablichtern davor war nicht die Rede. „Wir sind ganz bewusst und vorsätzlich in die Irre geführt worden“, sagt Bezirksamtsleiter Harald Rösler, der die Installation sofort abräumen ließ, als er sie selbst in Augenschein genommen hatte. Über den Widerstand im Stadtteil gegen Flüchtlingsunterkünfte ist er nicht glücklich.
„Eppendorf gerät zunehmend in Misskredit. Es spricht sich herum, dass sich dieser Stadtteil besonders schwer tut, hier seinen solidarischen Anteil zu leisten – und eine laute Minderheit erbitterten Widerstand gegen die Aufnahme Hilfebedürftiger leistet, auch wenn es nur noch 100 sind.“
Auch Kerstin Graupner vom Zentralen Koordinierungsstab Flüchtlinge (ZKF) sagt: „Wir haben noch nie so großen Protest gegen eine Flüchtlingsunterkunft erlebt wie bei Seelemannpark und Loogestraße.“ Neben Bedenken um die Sicherheit von Kindern und Mädchen in leichter Sportkleidung trügen die Anwohner der Loogestraße auch viele absurde Argumente vor.
Sie befürchteten den Verlust von Parkplätzen, den Baulärm und die Reflexion des U-Bahn-Lärms durch die Modulhäuser. Andere monierten, dass eine Flüchtlingsunterkunft „einfach nicht zur Loogestraße passe“, die Fläche als Hundeauslaufplatz verloren gehe, und dass dort vermutlich auch Obdachlose untergebracht werden sollten, was man „in Eppendorf nicht wolle“.
Schiff im Hafen böte 200 Plätze
„Wir wohnen hier auf einer Insel der Glückseligen. Wovor sollen wir denn Angst haben? Es nimmt uns doch niemand etwas weg“, sagt dagegen Gesina Pansch, die seit 1960 „auf der Looge“ wohnt und mit ihren Mitstreitern von „Welcome to Eppendorf“ im Stadtteil für mehr Toleranz wirbt.
Christine Brüggemann, Vorsitzende des Gesundheits-, Sozial- und Integrationsausschusses der CDU Hamburg-Nord und ebenfalls Anwohnerin, würde es wegen der teuren Erschließungsarbeiten für Strom und Wasser begrüßen, wenn die Flüchtlinge in einer der leer stehenden Eppendorfer Schulen (Kellinghusenstraße oder Erikastraße) untergebracht würden. „Förderlich für die Integration ist eine Unterbringung in Eppendorf aber nicht“, sagt sie.
An den Grundschulen, die ohnehin schon auf Erweiterungscontainer zurückgreifen müssten, gebe es keine freien Plätze mehr. Anders wäre das beispielsweise in Harburg: Dort im Hafen gebe es ein Schiff mit 200 freien Plätzen. „Die Verteilung von Flüchtlingen sollte nicht kurzsichtig nach einem Schlüssel erfolgen“, sagt sie, „sondern unter dem Aspekt, an welchem Standort es Kapazitäten für sie gibt.“
Informationsabend für Anwohner
Zur Wohnunterkunft Loogestraße gibt es am Mittwoch, 21. Juni, einen Informationsabend, auf dem das Bezirksamt Hamburg-Nord und der Betreiber „Fördern & Wohnen“ den Anwohnern Rede und Antwort stehen. Die Veranstaltung beginnt um 18 Uhr in der Aula der Stadtteilschule Eppendorf (Curschmannstr. 39).
Laut „Fördern & Wohnen“ wird das Heim trotz sinkender Flüchtlingszahlen als Folgeunterkunft für Familien und Alleinreisende benötigt – unter anderem, weil an anderen Standorten wegen der Bürgerverträge Plätze wegfallen und Familien nachziehen.
Die Gebäude sollen optisch ansprechende Fassaden bekommen. Die Sozialarbeiter vor Ort sollen auch als Ansprechpartner für Nachbarn sein.