Winterhude. Eigentümer will Gebäude zwischen Übersee- und Jahnring umbauen. Geplantes Pergolenviertel soll Areal zusätzlich beleben.

Die Regenwolken haben sich verzogen, ein kalter Wind fegt durch das verwinkelte Zentrum der City Nord. Die Fassaden aus Wasch- und Sichtbeton, stellenweise aufgelockert durch gelb und orange gestrichene Elemente, wirken heute noch trister als sonst. Die Ästhetik der 70er-Jahre-Architektur erschließt sich erst auf den zweiten Blick. Etwa, wenn sie sich in einer Pfütze spiegelt. Oder wenn man um die Ecke biegt und überrascht wird von dem nicht unsympathischen Miteinander der unterschiedlichen Gebäudetypen, das Architekt Volkwin Marg einmal als „Würfelhusten aus Fertigteilen“ bezeichnet hatte.

Es ist nicht nur das unmoderne, manchmal sogar schmuddelige Äußere, das die sogenannte Zentrale Zone seit Jahren gegen den Niedergang kämpfen lässt. Der etwa zwölf Hektar große Gebäudekomplex zwischen Überseering, Jahnring und Manilaweg – eigentlich als Versorgungszentrum für die gesamte City Nord geplant – ist kaum bekannt und vor allem schlecht zu erreichen. Zwei Rampen, zwei Fußgängerbrücken und versteckte Treppenaufgänge führen auf 14 Meter Höhe in das Herzstück einer verwinkelten Ladenpassage, die im wahrsten Sinne des Wortes ein Nischendasein führt.

Bei der Planung des Möbelladens Wäscherei wurden Fehler wiederholt

Ein vielfältiges Angebot zur Nahversorgung gab es hier noch nie: weder für die Bewohner der 240 Wohnungen, die es im Zentrum gibt, noch für die Angestellten der umliegenden Büros. Aktuell kann man sich nur bei einem kleinen Gemüseladen verköstigen oder in einem der zahlreichen kleinen Imbisslokale, die allerdings nur um die Mittagszeit florieren. Doch die Zentrale Zone funktioniert für andere Institutionen, die hier zum Teil schon seit Jahrzehnten sitzen: das Stilmöbelgeschäft Hannelore Greve, die Tanzschule „Die 2“ und die Apotheke City-Nord, die hier alle seit Jahrzehnten sitzen. Hinzugekommen sind ein Ledertaschenhersteller, der Handarbeitsbetrieb Zwirnfein, die Mosterei Zaubertrank, viele kleine Büros, ein paar Weiterbildungseinrichtungen, eine Kiteboard-Manufaktur, eine Musikschule und das Möbelhaus Wäscherei.

So ist die Mitte des Zentrums geplant: ein renoviertes Bestandsgebäude (l.) und ein Neubau
So ist die Mitte des Zentrums geplant: ein renoviertes Bestandsgebäude (l.) und ein Neubau © Schenk + Waiblinger Architekten

Das kultige Einrichtungsgeschäft belegt seit 2012 rund 8000 Quadratmeter in der Zentralen Zone. Die dafür nötigen Umbauten übernahm das Ehepaar Greve, denen etwa ein Drittel des Areals gehört. „Alle hatten gehofft, dass die Wäscherei das Zentrum belebt“, sagt Sylvia Soggia, Sprecherin der GIG City Nord. Doch man habe die Fehler der Vergangenheit wiederholt: Wie einst die Bürogebäude mit ihren inte­grierten Einkaufs- und Sportangeboten schotte sich auch das Möbelhaus vom Zentrum ab. „Es gibt nur einen Zugang und eine eigene Gastronomie. Die Kunden müssen das Geschäft nach dem Einkaufen also nicht verlassen, wenn sie noch einen Kaffee trinken oder etwas essen möchten.“

Aus der Zentralen Zone ist zwar niemand Mitglied in der Interessengemeinschaft, dennoch würde die GIG es begrüßen, wenn das Herz der Bürostadt modernisiert und belebt würde. Denn während im Umfeld derzeit neue Firmenzentralen, Hotels und Wohnungen gebaut werden, hat sich dort seit 50 Jahren so gut wie nichts getan.

Das könnte sich bald ändern. Maximilian Schommartz, neben den Greves und einem dänischen Investor der dritte Grundeigentümer, hat für den mittleren Bereich Neu- und Umbaupläne. Dort besitzt er ein elfgeschossiges Hochhaus mit zwei Seitenflügeln. Insgesamt 120 Wohnungen, eine Kita mit 150 Plätzen und ein Indoor-Spielplatz sind hier untergebracht. Während das Hochhaus und ein Seitenflügel renoviert werden sollen, will Schommartz den Rest abreißen und durch einen zwölfgeschossigen Neubau mit 50 teils öffentlich geförderten Mietwohnungen ersetzen. „Durch das Vorhaben würde eine unattraktive Freifläche überbaut und ein öffentlicher Zugang zum angrenzenden City-Nord-Park geschaffen“, sagt Schommartz, der mit einem Investitionsvolumen von 13 Millionen Euro rechnet. Wann es losgeht, ist aber noch ungewiss. „Der Bebauungsplanentwurf befindet sich noch in der Abstimmung“, so der Eigentümer, der einen Start im Jahr 2018 anstrebt.

Das Wohnen in dem Bereich scheint trotz der nicht optimalen Bedingungen beliebt zu sein. Alle Wohnungen in seinem Bestand seien vermietet, so Schommartz. Gisela Ricke wohnt seit sieben Jahren nebenan. „Und zwar sehr gern“, betont sie. Dass kein Supermarkt vor Ort sei, bedauere sie zwar – doch die tolle Aussicht, die sie durch die fünf Meter breite Fensterfront und vom Balkon ihres 60 Qua­dratmeter großen Apartments habe, mache das wieder wett. „Ich habe mit dem City-Nord-Park und dem Stadtpark viel Natur vor der Nase“, sagt sie. „Außerdem habe ich nette Kontakte zu den Nachbarn und eine gute Anbindung ans öffentliche Verkehrsnetz.“ Im Übrigen habe sich die Situation in der Ladenpassage schon gebessert. Zum Zeitpunkt ihres Einzugs habe viel leer gestanden, doch mittlerweile gebe es immer mehr Gewerbetreibende.

Im Pergolenviertel am Rand der City Nord sollen 1400 Wohnungen entstehen

Heike Francioli und Petra Kampermann etwa sind mit ihrem Handarbeitsbetrieb Zwirnfein im April 2015 hergezogen. In der Werkstatt produzieren sie Gegenstände aus Filz, die sie auf Wochenmärkten verkaufen. Gerade lassen sie den benachbarten Laden renovieren, um künftig auch eine Verkaufsfläche zu haben. „Wir mögen das 70er-Jahre-Flair und die Dorf-Atmosphäre“, sagt Heike Francioli. Sie habe den Eindruck, dass derzeit wegen der günstigen Mieten die Nachfrage nach Gewerberaum steige.

Eine Aufwertung in seiner eigentlichen Funktion als Versorgungszentrum könnte die Zentrale Zone auch durch das Pergolenviertel erfahren, das demnächst mit rund 1400 Wohnungen in unmittelbare Nachbarschaft der City Nord entsteht. „Wir hoffen sehr“, sagt Sylvia Soggia, „dass diese Planung und auch die derzeitige positive Entwicklung in der City Nord die Eigentümer im Zentrum zu Sanierung- und Modernisierungsmaßnahmen aktivieren.“