In Winterhude und auf St. Georg haben die Bauarbeiten mit Straßensperrungen begonnen. Auf der Uhlenhorst protestieren Anwohner gegen die Pläne. Busfahrer suchen mit Plänen nach Umleitungsstrecken.

Winterhude/St. Georg. Der Boden bebt. Mit ohrenbetäubendem Hämmern zerpickt ein Bagger mit Hydraulikhammer den Belag der ehemaligen Haltebucht Gertigstraße. Am Mühlenkamp haben die Baumaßnahmen zur Umsetzung des Busbeschleunigungsprogrammes für die Metrolinie 6 begonnen. Für die nächsten drei Wochen bleibt die Einkaufsstraße zwischen Gertig- und Körnerstraße gesperrt; in dieser Zeit soll in einem ersten Bauabschnitt die Haltestelle Gertigstraße (stadtauswärts) auf die Fahrbahn verlegt werden. Auf dem weiteren Streckenverlauf ist auch die Lange Reihe in St. Georg für Umgestaltungsmaßnahmen gesperrt; sie kann bis Ende des Monats zwischen Danziger Straße und Carl-von-Ossietzky-Platz nicht durchfahren werden.

Nach Angaben der Polizei blieb ein befürchtetes Verkehrschaos auf den Umleitungsstraßen aus. „Es gab keine Beschwerden oder besondere Vorkommnisse“, so die Pressestelle. Zumindest in Winterhude wird dieser Darstellung widersprochen. „Insbesondere der Hans-Henny-Jahnn-Weg in Winterhude war in der Rushhour völlig überlastet“, sagt Andreas C. Wankum aus der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Abgeordneter für Eppendorf und Winterhude.

Die Straße zwischen Barmbeker Straße und Hofweg, in der viele Autofahrer in zweiter Reihe parken, ist für die nächsten Wochen Umleitungsstrecke für Busse, Autos und Lastwagen aus beiden Richtungen. „Teilweise standen hier alle Räder still“, so Wankum. Die Folgen: Busse der Linien 6 und 25 wurden am Montagvormittag ad hoc über die Zimmerstraße umgeleitet, sodass die Bushaltestellen Hofweg/Mühlenkamp zeitweise nicht bedient werden konnten.

Bernd Kroll von der Bürgerinitiative „Unser Mühlenkamp“, die sich massiv gegen die Busbeschleunigungsmaßnahmen gewehrt hatte, bestätigt die chaotischen Verhältnisse. „Teilweise haben Busfahrer der Linien 6 und 25 während der Fahrt mit Plänen in der Hand die Umleitungsstrecken gesucht“, sagt er. „Das hat die Sicherheit der Fahrgäste gefährdet.“

Christoph Kreienbaum von der Hochbahn gibt zu: „Wir hatten morgens im Hans-Henny-Jahnn-Weg durch die Falschparker ziemliche Probleme.“ Auf der Buslinie 6 habe das zu Verspätungen von bis zu 20 Minuten geführt. Kreienbaum hofft, dass die Busse künftig besser durchkommen. „Die Polizei hat am Montag abgeschleppt. Das sollte Falschparker abgeschreckt haben.“

Gewerbetreibenden am Mühlenkamp befürchten Umsatzeinbußen


Nach Meinung der Initiative „Unser Mühlenkamp“ ist die Umleitung der Busse überflüssig. „Sie könnten an der Baustelle vorbeigeleitet werden“, so Kroll. „Der Mühlenkamp ist dort mehr als zehn Meter breit.“ Andreas C. Wankum will mit einer Kleinen Anfrage klären, ob die Baumaßnahmen zur Umsetzung des Busbeschleunigungsprogramms „mit der erforderlichen Expertise und der gebotenen Rücksichtnahme auf die Interessen von Anwohnern, Gewerbetreibenden und Fahrgästen geplant und umgesetzt“ worden sind.

Die Gewerbetreibenden am Mühlenkamp befürchten für die kommenden Wochen Umsatzeinbußen. Schon kurz nach Beginn der Bauarbeiten sind auf der sonst so lebendigen Einkaufsstraße wenig Passanten unterwegs. „Es ist deutlich weniger los als sonst zu dieser Zeit. Mal sehen, wie sich das entwickelt“, sagt Sven Vietheer vom Café Elbgold, das direkt neben der Baustelle liegt. Auch Jutta Sonnenberg vom Reformhaus Engelhardt ist besorgt. „Die Kunden wissen nicht, ob sie uns erreichen können“, sagt sie. „Ich hoffe, dass es hier bald wieder belebter ist.“ Im Blumenladen Timely Flowers an der Gertigstraße ist das ebenfalls zu spüren. „Heute kommen viel weniger Kunden“, sagt Floristin Laura Stär.

An der Langen Reihe sollen in einem ersten Bauabschnitt die Haltebuchten der Stationen Gurlittstraße auf die Fahrbahn verlegt werden. Hier haben die Bauarbeiten hinter den Absperrgittern noch nicht begonnen. „Unsere Kundschaft kommt wie sonst auch“, sagt Eva Böhmer-Krause vom Teeladen „t. lovers“. Im Café Uhrlaub gilt das auch. „Doch mit dem Baulärm kann sich das ändern“, sagt Betreiber Sherzad Hossein. Wie viele Einwohner von St. Georg hatte auch er sich vorher an den Protesten gegen die Busbeschleunigung beteiligt – in Teilen mit Erfolg: Die Ampeln etwa bleiben erhalten. Und auch über den von den Bewohnern abgelehnten Kreisverkehr am Knotenpunkt Lohmühlenstraße wurde noch nicht entschieden.

Die Maßnahmen sind aber auch erst Bestandteil des zweiten Bauabschnittes, der erst ab April 2015 umgesetzt werden soll. Dennoch übt Martin Streb vom Einwohnerverein St. Georg Kritik: „Die Gewerbetreibenden wurden erst eine halbe Woche vor Beginn der Maßnahmen informiert und haben dadurch große Probleme, die Anlieferung zu planen.“

Anwohner in Uhlenhorst protestieren gegen Busbeschleunigung


Am Abend wurden zudem die Pläne zum Busbeschleunigungsprogramm für den Bereich Hofweg/Papenhuder Straße in der Kirche St. Gertrud auf der Uhlenhorst vorgestellt. Die erste Veranstaltung war wegen des großen Andrangs vor zwei Wochen im Literaturhaus abgebrochen worden. Und auch während der Sitzung des Regionalausschusses Barmbek/Uhlenhorst/Dulsberg/Hohenfelde war das Interesse groß: Rund 600 Menschen kamen.

Carsten Diercks vom verantwortlichen Ingenieurbüro hatte Mühe, seine Planungen vorzustellen; immer wieder wurde er mit Buh-Rufen bedacht. Hinterher mussten sich dann die Politiker Kritik anhören. Ihnen wurde Geldverschwendung für unnötige Baumaßnahmen, Vernichtung von Bäumen und Parkplätzen, Ignoranz des Bürgerwillens, eine Existenzvernichtung von Gewerbetreibenden und eine Gefährdung von Rad fahrenden Kindern vorgeworfen, die künftig im Alter von zehn Jahren auf Radfahrstreifen neben Bussen fahren müssen. „Wir wollen das Busbeschleunigungsprogramm nicht", fasste eine Bürgerin zusammen.