Ende Juli schließt nach zehn Jahren die „Küchenwerkstatt“ von Gerald Zogbaum und Angela Gnade. In den vergangenen Jahren wurden in Hamburg schon mehrere Sternerestaurants geschlossen.
Uhlenhorst. Da waren’s nur noch acht: Hamburg verliert wieder ein Sternerestaurant. Ende Juli schließt nach zehn Jahren die „Küchenwerkstatt“ von Gerald Zogbaum und Angela Gnade am Hans-Henny-Jahnn-Weg 1, wo sie im ehemaligen Mühlenkamper Fährhaus ein Restaurant neuen Stils mit kreativer Küche eröffnet hatten.
„Wir wollten den Mietvertrag nicht verlängern, sondern noch einmal einen Neubeginn wagen“, sagt Zogbaum. „Es war kein einfacher Entschluss, aber hier können wir uns nicht weiterentwickeln.“ Mehrere Gastronomen hatten sich an der Ecke zum Hofweg nacheinander versucht und endeten meist in der Insolvenz. „Nach Bauchgefühl und gegen die Vernunft“, wie Zogbaum sagt, machten sich die beiden damals mit der Küchenwerkstatt (55 Plätze, dazu 45 auf der Terrasse und 30 im ersten Stock) selbstständig.
Viele unkten, das werde nicht gut gehen, aber seit 2009 funkelt sogar ein Michelin-Stern über der Küche. Im vergangenen Jahr hielt die Gourmet-Gemeinde den Atem an, weil das Restaurant für drei Monate geschlossen wurde. Dann die Entwarnung: Das Haus wurde nur renoviert. Die Fans von Zogbaums innovativer, aromenstarker Küche konnten zurückkehren und sich von Angela Gnade als Restaurantleiterin und Sommelière beraten lassen.
„Natürlich ist uns mulmig dabei, hier wegzugehen. Wir haben viel Herzblut hineingesteckt, und es läuft gut für uns. Aber wir sind beide 42 und haben noch viele Arbeitsjahre vor uns. Da scheint es uns jetzt der richtige Zeitpunkt zu sein, etwas anderes zu machen“, sagt Angela Gnade. Ohne Investor im Rücken, bei langen Arbeitszeiten und dem einen oder anderen Gesundheitsproblem scheint das nachvollziehbar. Eine neue Adresse ist noch nicht gefunden, aber das Konzept steht schon so gut wie. „Es wird dann voraussichtlich nur noch ein Menü geben – mit wahlweise sechs, acht oder zwölf Gängen“, sagt Zogbaum. Der Hintergrund ist die durchdachte Folge der Gänge, die mal frisch, mal beruhigend, aufregend oder sättigend sind. „Dahin geht die Entwicklung. Und wir möchten auch gern wieder mittags öffnen. Wir denken sogar an ein kleines Café mit eigener Patisserie, das aber jemand anderes leitet.“ Zogbaum hat bei Christian Rach auch als Patissier gearbeitet und liebt Süßes. „Lockere Atmosphäre bei hochwertiger Küche zu nachvollziehbaren Preisen – das ist das Ziel“, sagt Zogbaum. Mit der Küchenwerkstatt schließt ein Restaurant, das den lockeren Stil bei Service und Einrichtung schon vorwegnahm, der jetzt von vielen anderen Sterneköchen diskutiert wird.
In den vergangenen Jahren wurden in Hamburg schon mehrere Sternerestaurants geschlossen. Christian Rach gab 2011 das Tafelhaus auf, weil der Mietvertrag auslief und Rach nicht mehr 80 Stunden arbeiten wollte. Derzeit macht er „Rach tischt auf“ im ZDF.
Cornelia Poletto schloss ihr Restaurant 2010 in Eppendorf, weil es abgerissen wurde. Dann eröffnete sie einen Feinkostladen mit Restaurant. Zudem kocht die 42-Jährige im Fernsehen. Anna Sgroi gab ihr Sternerestaurant Sgroi in St. Georg auf, weil sie an der Langen Reihe „nicht das Publikum“ hatte, „das in ein Sternerestaurant einkehrt“. Jetzt residiert sie in Pöseldorf – und hat schon wieder einen Stern erkocht.
Die drei Köche, die in Hamburg mit jeweils zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet sind, arbeiten mit Hotels zusammen: Thomas Martin ist Küchenchef in Jacobs Restaurant im Hotel Louis C. Jacob, Karlheinz Hauser wirkt im Seven Seas auf dem Süllberg, und Christoph Rüffer ist Chef der Küchenbrigade im Haerlin im Hotel Vier Jahreszeiten. Wobei Rüffer festgestellt hat: „Qualität braucht immer vollen Einsatz und Engagement, egal ob unser Restaurant in einem Hotel liegt oder nicht.“ Rüffer bemängelt, dass das „Savoir vivre“, also sich etwas zu gönnen und Essen mit Genuss zu verbinden, in Deutschland zu wenig verbreitet ist. „Viele gehen drei- oder viermal zu einem mittelmäßigen Italiener und geben genauso viel Geld aus, als wenn sie sich einmal einen Besuch in einem Sternerestaurant leisten würden.“
Karlheinz Hauser hält den Effekt der elf Zimmer und Suiten auf dem Süllberg sogar für vernachlässigenswert. „Wir haben auch einen Biergarten, die Almhütte, den Ballsaal für große Veranstaltungen, das Restaurant Deck 7.“ Außerdem kocht der 47-Jährige beim „ARD-Buffet“ und bietet Catering an. „Betriebswirtschaftlich sind mehrere gastronomische Bausteine wichtig.“
Kevin Fehling gibt seit neun Jahren den Geschmack im Restaurant Le Belle Epoque im Columbia-Hotel Casino in Travemünde vor. Zwischen 2008 und 2013 hat der heute 36-Jährige sich drei Sterne erkocht. „Das ist schon sehr sportlich“, sagt Fehling. Mittlerweile sind seine Kreationen international so bekannt, dass viele Gäste von außerhalb zum Essen in das Restaurant kommen und dann im Hotel übernachten. „Es ist schon beruhigend, wenn ein Hotel im Hintergrund existiert.“