Erja Tikka ist die vorläufig letzte Generalkonsulin Finnlands an der Elbe. Die Vertretung des Landes soll im Jahr 2013 geschlossen werden.
Hamburg. Die Residenz der finnischen Generalkonsulin Erja Tikka liegt in Hohenfelde, eine fein restaurierte Stadtvilla mit Garten. Der Tisch ist gedeckt, die Vorspeise eine köstliche Rentier-Quiche. Gleich zu Beginn unseres Tischgesprächs gibt es eine unerwartete Wendung. "Wir haben eine Vertretung in Hamburg seit 1918. Aber ich muss Ihnen eine traurige Mitteilung machen: Das Generalkonsulat in Hamburg wird im kommenden Jahr leider geschlossen." Auch Finnland müsse sparen, sagt Erja Tikka, seit September 2009 in Hamburg, die damit unversehens die vorläufig letzte Generalkonsulin ihres Landes an Alster und Elbe ist.
"Unsere Botschaft in Berlin wird sich stärker um den Norden Deutschlands kümmern. In Berlin haben wir auch das Finnland-Institut. In Hamburg gibt es die sehr aktive deutsch-finnische Gesellschaft, eine Finnisch-Deutsche Handelsgilde und unsere Seemannskirche mit dem kleinen Café in der Ditmar-Koel-Straße. Und wir werden hier einen Honorarkonsul suchen."
Das Generalkonsulat sitzt im Finnland-Haus, Ecke Esplanade und Neuer Jungfernstieg. Oben auf dem markanten Bau von 1966 prangt auf allen vier Seiten das finnische Staatswappen, der Löwe mit Schwert und Krummschwert. Ob das dann verschwindet? "Ich hoffe, nicht", sagt Erja Tikka, "das Haus steht doch unter Denkmalschutz."
+++ Finnisches Generalkonsulat schließt im Jahr 2013 +++
Man spürt: Die Nachricht bewegt sie. Schon als sie 1987 bis 1990 dreieinhalb Jahre lang in der Bonner Botschaft Presserätin war, ist sie gern nach Hamburg gefahren: "In die große Medienstadt." Und hat gehofft, hier mal arbeiten zu dürfen. Fünf Jahre in London kamen dazwischen, zehn Jahre im Außenministerium in Helsinki. Aber dann hat es geklappt. In der Oberstufe hatte sie drei Jahre Deutsch gelernt, mit 17 Jahren in Wietzen bei Nienburg an der Weser Freunde besucht und einen Sommer lang Eier eingepackt. "Da hab ich Deutsch gelernt - und Platt", lacht sie. Die Freundschaften von damals halten schon 40 Jahre.
Studiert hat Erja Tikka in Helsinki. Folkloristik, Englisch, Staatswissenschaften, Kommunikation. Folkloristik - ein ungewöhnliches Hauptfach? "Das hat mit unseren mündlichen Traditionen in Finnland zu tun, mit den Erzählungen, Liedern, Tänzen. Außerdem habe ich in den 1970er-Jahren studiert, da war Folklore sehr beliebt." Sie singt heute noch, beim berühmten "Glögi" im Konsulat, wenn Journalisten und Freunde aus Norddeutschland zum Rotweinpunsch geladen sind.
Die Generalkonsulin versteht es, die Vorzüge Finnlands aus vollem Herzen zu preisen. Die kulinarischen - "diesen Barsch habe ich am Montag auf dem Markt in Helsinki eingekauft, die Frühlingsmorcheln sind selbst gesucht" - oder auch die vielfältigen wirtschaftlichen und kulturellen Verbindungen zu Hamburg.
Knapp 1000 finnische Staatsbürger gehören in Hamburg zu ihrem Amtsbereich, noch einmal 2500 sind es in Bremen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. "Zu 80 Prozent Frauen, die hier verheiratet sind. Das hat etwas mit der Aktivität der finnischen Frauen zu tun. Siehaben hier ihre Sprachkenntnisse verbessert und dabei den Mann fürs Leben gefunden."
Bis Mitte der 1960er-Jahre war Deutsch in Finnland erste Fremdsprache, jetzt ist es Englisch. Frau Tikka hat noch mehr Fakten parat: "Finnland liegt im Hamburger Hafen an vierter Stelle als Kundenland, gemessen an der Zahl der Container. Vieles von den Ausfuhren nach Russland geht ja über Finnland." Gute Beziehungen existieren auch kulturell. "Wussten Sie, dass der Komponist der finnischen Nationalhymne in Hamburg geboren ist? Friedrich Pacius, der bis heute als 'Vater der finnischen Musik' gilt. Die Melodie der Hymne hat er 1848 geschrieben." Es gibt regen Austausch von Filmen, Musik; die Elbphilharmonie-Konzerte veranstalteten 2011 ein finnisches Festival.
Die Blau- und Himbeeren zum Dessert hat Erja Tikka in der Nähe ihres Sommerhauses selbst gepflückt. Einmal im Monat fliegt sie heim zu ihrem Mann und bringt dann immer finnische Spezialitäten mit.
Ein Jahr noch bleibt Erja Tikka in Hamburg. Sie wird Gastgeberin sein, den Weitblick aus dem Finnland-Haus genießen und beim Nordic Walking an der Außenalster vom Sommer an finnischen Binnenseen träumen. Schade findet sie nur, dass sie die Eröffnung der Elbphilharmonie nicht mehr als Generalkonsulin erlebt - "dafür wurde bei Esa-Pekka Salonen ein Werk bestellt". Aber das sei ein wunderbarer Grund, mal wieder nach Hamburg zu kommen.