Andreas Heller und sein Team planen die Ausstellung und das Hotel für die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald im neuen Wälderhaus.

HafenCity. Die großen Tiere haben ihr Übergangsdomizil in der HafenCity schon bezogen: die Bache mit ihren Frischlingen, der Fuchs, der Waldkauz und der Waschbär. Nach und nach werden auch die kleineren Waldbewohner eintrudeln: Mäuse, Igel und zahlreiche Singvögel. Durch ihre Anwesenheit wirkt das schicke, in modernem Weiß gehaltene Architekturbüro von Andreas Heller ein bisschen wie ein Naturkundemuseum - zumal zwischen den Schreibtischen seiner Mitarbeiter auch Kästen mit unterschiedlichen Waldböden stehen (von sandig hell bis erdig braun) und in einer Ecke Gräser, Wurzeln, Vogelnester und Tannenzapfen von der Decke hängen.

Auf einem der Tische thront das Modell eines futuristisch anmutenden Holzhauses. Dargestellt ist das Wälderhaus, ein Prestigeprojekt der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, das Heller gerade in Wilhelmsburg errichtet - mit zwei Ausstellungsebenen, einem Restaurant und einem 82-Zimmer-Hotel.

Die beiden Expositionsflächen mit ihren Schaukästen, Experimentier- und Informationsstationen bilden das Herz des Wälderhauses. Wie es dort aussehen wird, ist im Miniaturformat auf dem Fußboden eines Präsentationsraums in Hellers Studio aufgebaut und zeigt, wie vielseitig die Ausstellung angelegt wird. Was auf der etwa zwei mal drei Meter großen Fläche mit Holzblöcken, Ästen, Pappfiguren und allerlei Kleinkram dargestellt ist, wird von zwölf Mitarbeitern - darunter Architekten, Inneneinrichter, Designer, Biologen, Historiker und Modellbauer und Präparatoren - umgesetzt.

"Obwohl wir schon viele Museen gebaut haben, hatten wir noch nie eine solche Bandbreite zwischen Hightech, Baukonstruktion, Natur und Lebewesen", sagt Architekt Heller, hockt sich neben das Modell und erklärt die einzelnen Stationen. Er beginnt mit dem Foyer des Wälderhauses. "Hier können die Besucher die kleinsten Pflanzen und Lebewesen des Waldes kennenlernen", sagt er. "An sieben Mikroskopier-Stationen können sie Regenwürmer, Pilze oder Feinwurzeln unter die Lupe nehmen." Aus dem Eingangsbereich gelangen sie dann in die Halle mit der sogenannten Waldinstallation. Im Modell besteht diese aus kaminscheitlangen Knüppeln, in der Realität werden es die Stämme von 32 norddeutschen (aus Krankheitsgründen gefällten) Bäumen sein. Zwischen ihnen kann der Besucher hindurchspazieren und gelangt zur eigentlichen Ausstellungsfläche. Dabei wird er begleitet von Vogelgezwitscher, Blätterrauschen und anderen Waldgeräuschen - Wolfsgeheul wird ebenfalls zu hören sein, denn auch der Wolf gehört mittlerweile zum Wald.

In der Mitte der unteren, etwa 400 Quadratmeter großen Ausstellungsebene befindet sich die verglaste Wunderkammer, in der wie an einem riesigen Mobile verschiedene Pflanzen, Hölzer und Waldfrüchte hängen. Drum herum erfahren die Besucher an vielen Stationen, wie Bäume "funktionieren", welche Waldformen existieren, in welchen Böden Kiefer, Birke, Buche und Eiche wachsen; sie lernen die Waldblumen, Farne, Moose und Flechten kennen - und die Waldtiere, die aus Hellers Büro in die beiden großen Schaukästen im Wälderhaus ziehen werden.

Außerdem erfährt der Besucher viel über den Stadtwald, zu dem im weiteren Sinne auch die Straßenbegrünung gehört, und dessen Bedeutung für das städtische Klima. Er wird über die Nutzungen des Waldes informiert (Forstwirtschaft, Freizeit und Tourismus) und über das Leben einer Försterfamilie, die in dritter Generation im Wald lebt und arbeitet.

"Wir wollen den Wald in die Stadt holen und den nachhaltigen Umgang mit der Natur thematisieren", resümiert Andreas Heller. Und weil er als Architekt zwar Fachmann für das Äußere des Wälderhauses ist, nicht aber für die Wissensvermittlung im Inneren, hat er sich Experten mit ins Boot geholt: Biologe Hans-Helmut Poppendieck (Uni Hamburg) hat die wissenschaftliche Leitung des Projekts übernommen, Stadtplaner Jürgen Pietsch (HafenCity-Universität) macht mit seinen Studenten aus der Bepflanzung der Fassade ein Forschungsprojekt.

Auch das Mobiliar für das Raphael-Hotel Wälderhaus entsteht im Studio Andreas Heller. Baumstümpfe dienen als Nachttische, Lampenschirme hängen an Ästen. Letztere sollen möglichst von den Bäumen stammen, deren Namen die Zimmer tragen. "Leider schaffen wir es nicht, bis zur Eröffnung die Äste von allen 82 Baumarten zu besorgen", sagt Heller. Ende September, nach sieben Jahren Planung und 14 Monaten Bauzeit, soll das 14-Millionen-Euro-Gebäude mit der Lärchenholzfassade und den Büschen auf dem Dach fertig sein. Dann wird auch das letzte Waldtier endgültig aus dem Architekturbüro in der HafenCity ausgezogen sein.