St. Pauli . Eine Gruppe von Architekten und Ingenieuren legt ein neues Konzept für Sanierung und Nutzung des Hamburger Fernsehturms vor.
Man löffelte Schwarzwaldkirschtorte, bestellte ein Kännchen Kaffee oder Kakao dazu und genoss im Dreh-Restaurant in 130 Metern Höhe den Ausblick weit über die Stadt. Ein Besuch des 1968 gebauten Fernsehturms am Messegelände zählte viele Jahre zum festen Programmpunkt Hamburger Familienausflüge. 2001 wurde das höchste Gebäude Hamburgs jedoch wegen einer Asbestsanierung geschlossen. Immer wieder gab es danach Versuche, den Turm für die Öffentlichkeit wieder zu öffnen, immer wieder scheiterten Pläne wie etwa ein angeschlossener Hotel-Neubau an technischen Herausforderungen. So gelten Brandschutz und Fahrstuhlsicherheit als veraltet und müssten für etliche Millionen Euro erneuert werden.
Doch jetzt könnte Bewegung in die Sache kommen: Seit etwa drei Jahren arbeitet eine Gruppe von Ingenieuren und Architekten, die „Arbeitsgemeinschaft Fernsehturm“, an einem neuen Ansatz und hat ein Planungs-Konzept für einen modernen Brandschutz in Kombination mit einem Ausflugs- und Gastrobetrieb für Restaurant und Aussichtsplattform entwickelt. Sprecher der Planergruppe ist der frühere Baudezernent vom Bezirk Mitte, Peter Gero, der nach seiner Pensionierung heute als Hochschullehrer für Stadtplanung in Wien und Bratislava arbeitet. Nun ist der Gruppe offenbar ein wichtiger Schritt hin zu einer Wiederöffnung des Wahrzeichens gelungen.
Nach längerer Prüfung genehmigten die Behörden das Konzept, das unter anderem einen Ausbau mit nichtbrennbaren Baustoffen, neue Fahrstuhltechnik, eine moderne Entrauchungsanlage oder auch mobile Wände vorsieht. Mit dem positiven Bauvorbescheid in der Tasche soll das Projekt nun weiterverfolgt werden. „Wir könnten etwa 2018 fertig sein“, sagt Gero. Auf rund 25 Millionen Euro schätzt er die Kosten. Was aber eben noch eine deutliche Hürde auf dem Weg zu einer möglichen Realisierung darstellt.
Basis der bisherigen Arbeit ist die Stiftung „Fernsehturm Hamburg Aufwärts“, ihr Vorsitzender ist der Geschäftsmann Heinfried Strauch. Strauch betreibt in Rheinland-Pfalz ein Weingut, das Familien-Unternehmen hat aber seit 1960 auch in Hamburg mehrere Weinläden, Strauch investiert sein Geld zudem in größere Windkraftprojekte. „Ich liebe Hamburg, wir sind regelmäßig und oft hier“, sagt er. Wie viele Hamburger habe auch er eben eine emotionale Verbindung zu dem Turm. 1990 feierte er dort den 30. Geburtstag seiner Frau. „Ein wundervoller Tag, den wir dort gerne wiederholen würden“, wie er sagt. Der Rheinländer und Zeitweise-Hamburger begann also zu rechnen, nahm Kontakt mit einem anderen Kaufmann auf, der schon länger an dem Projekte feilte. Man schaltete die Fachleute Achim Behrens (Hanseatisches Lift-Consulting) und Dirk Hollmann (BE+PNord), die sich auf Brandschutz und Fahrstuhltechnik spezialisiert hatten. Und schließlich holte die Stiftung die Architekturbüros Hellbusch und Partner aus Hamburg sowie GFI aus Bratislava in der Slowakei sowie den versierten Stadtplaner Gero hinzu, der schließlich Sprecher der Planer-Gruppe wurde.
Mit der Deutschen Funkturm GmbH, einer Tochter der Telekom, konnte Strauch zudem einen „Letter of Intent“, eine Art gemeinsame Absichtserklärung abschließen. „Wir begrüßen das Konzept“, sagt Telekom-Sprecherin Stefanie Halle. Der nächste Schritt müsse nun ein konkreter Pachtvertrag sein. Allerdings dürfte es bis zu einer tatsächlichen Eröffnung noch „ein harter Weg“ sein, so Halle. Eine Einschätzung mit der sie vermutlich recht hat. So ist die Finanzierung längst noch nicht gesichert. Als reines Investoren-Modell werde die Wiedereröffnung auch nicht funktionieren, sagt Strauch. „Man kann das nur emotional machen, mit viel Leidenschaft.“ Ihm schwebt daher vor, das Stiftungsmodell für den Turm weiter auszubauen und weitere Stifter zu gewinnen, die sich beteiligen wollen. „Am besten wäre natürlich, wenn sich möglichst viele Hamburger beteiligen“, sagt Strauch.
Wie ein Betrieb des Turms einmal aussehen könnte – darüber hat sich die Planer-Gruppe in Anlehnung an ihr Sicherheitskonzept unterdessen ebenfalls schon konkrete Gedanken gemacht. 435 Besucher können laut Vorbescheid der Behörden zeitgleich auf dem Turm sein, also im Gastrobereich und der darunter liegenden Aussichtsplattform. Bar, Restaurant, kleine Konferenzräume sowie viele interaktive Aktionen zu Sendetechniken und auch Ausstellungen zur Stadt wären dort möglich, sagt Gero. Im Aussichtsbereich stellen sich die Planer keine festen Sitzplätze, sondern lockere Sitzkissen und wellenartige Bänke vor. Am Fuße des Turms entwarfen die Architekten des Teams eine Art Orangerie, die zugleich sichtbarer Eingang und Ausstellungsraum zu verschiedenen Themen sein könnte. Viele Ideen gibt es also bereits – auch wenn eine Eröffnung noch nicht in Sicht ist. Trotzdem ist der frühere Baudezernent optimistisch. „Diesmal habe ich das Gefühl, es könnte wirklich klappen.“