Zwischen Kunst und Pferdesport - buntes Leben im ehemaligen Arbeiterviertel

Wer an Horn denkt, dem fallen meist drei Dinge ein: die Horner Rennbahn, der Horner Kreisel und das wenig schmeichelhafte Sprichwort: "Billstedt, Hamm und Horn schuf Gott im Zorn." In Wahrheit hat dieser östliche Stadtteil Hamburgs zwischen A 24 im Norden, Schiffbeker Weg im Osten, der Bille im Süden und der Güterumgehungsbahn im Westen sehr viel mehr zu bieten. Horn ist ein Stadtteil, der in seiner Geschichte große Wandlungen erlebt hat.

Vom kleinen Dorf zum Wochenendsitz mit Villen für wohlhabende Hamburger hin zum ausgebombten Quartier nach dem Zweiten Weltkrieg und Wohnort der Arbeiterklasse. Und schon wieder ist Horn im Wandel - im Zuge der Wohnungsknappheit in Hamburg entdecken mehr und mehr junge Leute den grünen, ruhigen, innenstadtnahen Stadtteil, der noch immer relativ günstigen Wohnraum bietet. Eine Chance für Horn.

+++ Zahlen & Fakten +++

+++ Name & Geschichte +++

+++ Kurz & knapp +++

+++ Töchter & Söhne +++

Landhäuser für Wohlhabende

Im Jahr 1306 ist es Ritter Heinrich von Wedel, der einen Hof in Horn an das Hospital zum Heiligen Geist überträgt. Dieser Hof soll ungefähr dort gelegen haben, wo heute der Bauerberg entlangführt. Mit Beginn des 17. Jahrhunderts entdeckten die wohlhabenden Hamburger den Stadtteil und errichteten hier ihre Landhäuser.

Bis 1938 und dem Inkrafttreten des Groß-Hamburg-Gesetzes markierte Horn die Hamburger Landesgrenze. Bevor der Zweite Weltkrieg ausbrach, wurde der Stadtteil in den 1920er- und 30er-Jahren großflächig mit Geschosswohnungen bebaut. In den Kriegsjahren wurde Horn während der Luftangriffe der Alliierten beinahe komplett zerstört. Seit dem Wiederaufbau prägen Gebäude im typischen Hamburger Backsteinstil sowie kleine Parks, Grünflächen und Schrebergärten das Bild des Stadtteils.

Schaulaufen beim Pferderennen

Über Deutschlands Grenzen hinaus ist Horn bekannt wegen der Horner Rennbahn. Im Jahr 1869 fand dort das erste Horner Derby statt. Damals hieß es allerdings noch Norddeutsches Derby. Seitdem ist das Geläuf an der Rennbahnstraße Anfang Juli Anziehungspunkt für jährlich mehr als 100 000 Besucher aus aller Welt.

Kaffeeröster Albert Darboven organisiert als stellvertretender Vorsitzender des Hamburger Renn-Clubs (HRC) das Deutsche Derby, das nicht nur einer der wichtigsten Termine in der deutschen Rennsportszene, sondern auch eine bedeutende Veranstaltung für die Hamburger ist. Sehen und gesehen werden, so lautete schon immer das Motto. Legendär ist der jährliche Wettbewerb um den schönsten Hut. Das lassen sich auch prominente Gäste nicht entgehen: Vom Kaiser bis zum Bundespräsidenten, vom Bundeskanzler bis zum Ministerpräsidenten, vom Innensenator bis zum Ersten Bürgermeister der Hansestadt: Alle waren schon in Horn auf der Rennbahn.


Wiege moderner Diakonie

Einer der prominentesten Horner ist noch immer Johann Hinrich Wichern. Der bis heute als Erfinder des Adventskranzes geltende Theologe und Lehrer gründete am 12. September 1833 eine "Anstalt zur Rettung verwahrloster und schwer erziehbarer Kinder" - die heutige Stiftung Rauhes Haus - und kennzeichnete damit den Beginn der modernen Diakonie.

Bis heute werden im Rauhen Haus mehr als 3000 Menschen betreut und ausgebildet; neben Kindern und Jugendlichen auch Menschen mit geistiger Behinderung. Außerdem gibt es auf dem Stiftungsgelände ein Alten- und Pflegeheim. Norddeutschlands größte evangelische Privatschule, die Wichern-Schule, gehört ebenfalls zur Stiftung "Das Rauhe Haus".

Lebendiges Stadtteilleben

Weniger prominent, aber nicht weniger engagiert sind die Horner Bürger, die zum Beispiel in der Geschichtswerkstatt und oder im Stadtteilverein mitarbeiten, Musik- und Kulturprojekte wie das Horner Nachtcafé oder die Reihe "Kultur im Salon" initiieren und fördern und so dafür sorgen, dass der Stadtteil zwischen den großen Verkehrsachsen lebendig bleibt.

Einer von ihnen ist Gerd von Borstel. Seit 1996 arbeitet er in der Geschichtswerkstatt Horn, seit 2007 ist er deren Vorsitzender. Er lebt schon seit 1957 im Stadtteil und wollte auch nie wieder weg. "Warum sollte man auch hier wegwollen, wo es doch so schön ist in Horn", sagt von Borstel. Diese Schönheit und die Veränderung in der Geschichte Horns aufzuarbeiten ist heute die Passion des Rentners. Mit der Geschichtswerkstatt gibt er unter anderem einmal im Jahr einen Kalender mit historischen Aufnahmen heraus.

Kultur im Salon

Unter Hornern längst kein Geheimtipp mehr ist der kleine Friseursalon, den Helga Arndt seit Jahrzehnten an der Washingtonallee betreibt. Das aber nicht nur, um Haare zu schneiden - regelmäßig wird der Salon zum kulturellen Treffpunkt von Horn. Dort, wo tagsüber Frisuren gesteckt und Wellen gelegt werden, wird abends regelmäßig Platz gemacht für Auftritte von Musikern und Autoren.

"Kultur im Salon" heißt die Veranstaltungsreihe, die wegen der besonderen Atmosphäre im Friseursalon meist Wochen vorher ausverkauft ist. Überhaupt hat Horn eine sehr lebendige Stadtteilkulturszene. Mit dem Theater in der Washingtonallee und dem Kleinen Hoftheater gibt es gleich zwei Bühnen. Zahlreiche Vereine und die Kirchen organisieren regelmäßig Veranstaltungen und bemühen sich um ein abwechslungsreiches Programm.

Teil des Kulturprogramms ist auch die Stadtteilschule in Horn. Sie ist wahrscheinlich die einzige Schule Hamburgs, die sich mit dem "Horner Nachtcafé" eine eigene Konzertreihe mit professionellen Künstlern leistet. Gegründet wurde die Reihe mit dem Ziel, Kultur in den Stadtteil zu holen zu Preisen, die auch für Geringverdienende erschwinglich sind. Noch heute schwärmt Sänger Stefan Gwildis von der Schule und seinem Auftritt dort. Seit 2008 ergänzt der Stadtteilverein Horn die Konzertreihe mit Kabarett-Angeboten. Uschi Roth, die seit Jahren das Bühnenprogramm des Stadtteilfestes organisiert, schuf eine Theaterreihe im Horner Nachtcafé, die jedes Jahr im November renommierte Kabarett-Größen und Ensembles nach Horn führt.

+++ Die Stadtteil-Patin: Rebecca Kresse +++

Der Stadtteilverein wirkt auch an anderer zentraler Stelle mit. Jedes Jahr organisiert der Verein das Stadtteilfest dort, wo Horns neues Zentrum entstehen soll - auf dem Park-and-ride-Parkplatz vor dem U-Bahnhof Horner Rennbahn. Dort wird nun das entstehen, was die Horner sich seit Jahrzehnten wünschen: ein eigenes Stadtteilhaus.

In der nächsten Folge am 2.5.: Reitbrook