Hamburg. An dem 121 Jahre alten, schmalen Gebäude nahe der Mönckebergstraße laufen wohl viele achtlos vorbei. Dabei lohnt sich ein Blick.
Die meisten Passanten haben es ja eilig, wenn sie durch die Innenstadt von Hamburg hetzen. Sie müssen Dinge besorgen und erledigen. Doch es lohnt sich, einmal den Schritt zu verlangsamen, den Blick zu heben und sich die Hausfassaden genauer anzuschauen. Denn dann lassen sich echte städtebauliche Juwelen entdecken, so wie am Ida-Ehre-Platz 9 in der Altstadt.
Gerade erst hat die Vollkornbäckerei Effenberger dort eine fünfte Filiale eröffnet. Anne und Thomas Effenberger haben das dreistöckige Haus aus der Gründerzeit im April gekauft und lassen es derzeit gründlich renovieren. Unten Brote, Brötchen und Co., oben befinden sich drei kleine Wohnungen. Wohnraum, der in den vergangenen Jahren von den Vormietern aber für Büros und als Lagerraum genutzt wurde.
Hamburger City: Das Häuschen hat nur eine Grundfläche von 53 Quadratmetern
Das kleine Haus, das gerade einmal eine Grundfläche von 53 Quadratmetern hat, ist etwas Besonderes hier zwischen den neueren, klobigen Kaufhäusern wie C&A. Warum sich ein Blick entlang der weißen Fassade lohnt? Oben ist die Statue eines Fischers auf einem Kutter angebracht, dieser wurde laut Kennung in Finkenwerder gebaut.
Das 1903 erbaute Haus ist, so vermutet Städtebauexpertin Hella Häussler, das älteste Gebäude am Standort. „Die Häuser gegenüber stammen aus den 1920er-Jahren“, sagt sie. Das schmale Häuschen mit der Nummer 9 war immer in Familienbesitz, genauer gehörte es der Familie Thormählen. Hella Häussler weiß: „Bauherr war Matthias J. F. Krohn, der dort eine Fischräucherei betrieb.“ Und mit den Effenbergers kommt nun wieder ein Lebensmittelhandel zurück in die City.
Die Nachfahren, Uwe und Hinrich Thormählen, haben das Haus vor Kurzem nach mehr als 120 Jahren im Familienbesitz verkauft. „Der Verkauf fiel uns schon schwer, aber es ist schön zu wissen, dass es in der Hand einer Familie bleibt“, sagt Uwe Thormählen. Über viele Generationen hatten die Thormählens dort ihren Fischladen „Krohn“ geführt. Bis 1992, dann war Schluss.
Vollkornbäckerei Effenberger hat jetzt eine Filiale in dem Haus in der Hamburger City
„Dann eröffnete die ,Nordsee‘-Kette eine Filiale nebenan, die Leute kauften dort ihre Fischbrötchen und haben sich mit ihren Hinterteilen ausgerechnet auf das Sims vor unser liebevoll dekoriertes Schaufenster gesetzt“, erinnert sich Uwe Thormählen. Gekauft haben sie in der „Nordsee“-Filiale, gegessen vor dem Fischladen im Jugendstilhaus. Der 73-Jährige hatte das Geschäft bis zuletzt betrieben. Gegen die „Nordsee“-Konkurrenz kam der kleine Laden nicht an.
Was kam dann dort danach?
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Nun bringen die Effenbergers frischen Wind und Leben in das Haus. Und wer weiß, vielleicht kann es irgendwann bewohnt werden. Die drei kleinen Wohnungen – zwischen 30 und 40 Quadratmeter groß – werden derzeit renoviert, schickes Fischgrätparkett kam dabei zum Vorschein. Was mit den Wohnungen passieren soll, steht noch nicht fest. Thomas Effenberger: „Wir sind mit dem Citymanagement im Gespräch und möchten dort etwas schaffen, das der Stadt zugutekommt.“