Hamburg. Fridays for Future hatte 10.000 Demonstranten erwartet – es kamen deutlich mehr. Herbert Grönemeyer hielt eine bewegende Rede.
So viel Prominenz war selten: Zum globalen Klimastreik am Freitag in Hamburg hat die Bewegung Fridays for Future weit mehr Zustrom von Teilnehmern erhalten als erwartet – und laut Polizei sogar mehr als in Berlin.
Die Musiker Herbert Grönemeyer und die Band Silbermond unterstützten das Anliegen zudem mit einem gefeierten Auftritt auf der Bühne am Jungfernstieg.
Verfolgen Sie alle wichtigen Entwicklungen im Blog:
- Fridays for Future in Hamburg: Beteiligung höher als in Berlin
- Herbert Grönemeyer spricht beim Klimastreik über Hamburgs Probleme
- Fridays for Future fordert eine Solardachpflicht
- Grüne Hamburg: Wichtiges und lautstarkes Zeichen
- So sieht die Demoroute für den Klimastreik in Hamburg aus
Fridays for Future in Hamburg: Beteiligung höher als in Berlin
Laut Veranstalter sind mehr als 22.000 Menschen beim Globalen Klimastreik auf dem Hamburger Jungfernstieg am Freitag auf die Straße gegangen – erwartet hatte Fridays for Future 10.000 Menschen.
Die Polizei zählte nach Angaben des Lagedienstes „in der Spitze 15.500 Teilnehmer“ – und damit mehr als in Berlin, wo zur gleichen Zeit nach Polizeiangaben 12.500 Menschen beim Klimastreik auf die Straße gingen. Fridays for Future sprach in Berlin allerdings von 24.000 Teilnehmenden und damit 2000 mehr als in Hamburg.
In den Händen hielten die Protestierenden aller Altersgruppen Plakate wie „Ihr müsst handeln!“ oder „Die Erde kocht vor Wut“. Unter den zahlreichen Teilnehmern beim Klimastreik war auch Susanne Greve. Die 67-Jährige aus Ahrensburg sagte: „Ich bin hier für die Zukunft meiner Kinder und Enkelkinder.“ Es müssten viel mehr Menschen auf die Straße gehen, damit die Regierung Rückhalt bekomme zum Ändern der Gesetze. „Wir müssen viele Stimmen gewinnen, damit der Klimawandel aufgehalten wird.“
Gabriele Mähl war aus Uetersen in die Hamburger Innenstadt gekommen. Sie sagte: „Ich finde die jungen Leute sehr bewundernswert für das, was sie hier tun, und sie verdienen unsere Unterstützung, denn es ist ihre Zukunft. Ich verstehe es nicht, warum niemand auf sie hört.“
Luisa Neubauer über den Auftritt ihrer Oma: „So mutig“
Einen bewegenden Auftritt auf der Bühne hatte auch Dagmar Reemtsma. Luisa Neubauers Oma, 1933 geboren, sagte: „Widerstand haben wir schon damals geleistet, und nun stehe ich hier. Vor 90 Jahren gab es nur etwas mehr als zwei Milliarden Menschen, heute sieben. Wie soll der Planet das aushalten, wenn wir so weiterleben wie bisher?“
Die Hamburger Klimaaktivistin Luisa Neubauer, die in Berlin an der Kundgebung teilnahm, schrieb dazu in den sozialen Medien: „Meine 90-jährige Großmutter hat heute beim Klimastreik in Hamburg gesprochen. So mutig.“
Herbert Grönemeyer spricht beim Klimastreik über Hamburgs Probleme
Lange vor seinem offiziellen Auftritt bei der Veranstaltung von Fridays for Future stand der Sänger Herbert Grönemeyer bereits auf der Bühne, allerdings für eine Probe. Im Gespräch mit dem Abendblatt erklärte er seine Beweggründe für sein Engagement in Hamburg vorab.
„Fridays for Future ist eine unglaublich kreative und wichtige Unternehmung“, sagte Herbert Grönemeyer. Er sei gerne in Hamburg. „Hamburg hat spezifische Probleme, etwa mit dem Hafen und den Kreuzfahrtschiffen.“
Aber hier bei der Veranstaltung am Freitag gehe es um Dinge bundesweit. „Wir müssen uns verändern und aus unserer Wohlfühlblase raus“, forderte Grönemeyer. „Aber in der Veränderung liegt auch etwas Positives.“
Später bei seinem Auftritt um 15.15 Uhr wandte er sich an die zahlreichen Zuhörer und forderte: „Wir müssen die Menschen aus ihrer lebensgefährlichen Lethargie aufwecken.“ Die Erde stehe hart am Abgrund und Zukunftsängste bestimmten das Denken so vieler, mahnte er in seiner Rede. Man dürfe sich nicht von Hetzern in die Irre führen lassen. „Heute sehen wir wieder, zusammen nehmen wir kraftvoll unser Schicksal in die Hände und kämpfen gemeinsam.“
Er bedankte sich bei denen, die auf die Straße gegangen waren, sowie den Organisatoren „für ihren grandiosen Einsatz im Klimakampf“. Anschließend sang er seinen emotionalen Song „Mensch“. Tausende hochgestreckte Arme bewegten sich im Takt der Musik.
„Leichtes Gepäck“: Auftritt von Silbermond
Doch nicht nur Herbert Grönemeyer gab sich in Hamburg die Ehre. Auch die Band Silbermond trat auf der Bühne am Jungfernstieg am Freitagmittag gegen 15 Uhr auf. „Wie schön ist es zu sehen, dass wir heute so viele sind“, rief die Sängerin von Silbermond, Stefanie Kloß, bei ihrem Auftritt, zu dem auch der Song „Leichtes Gepäck“ gehörte.
Nach Reden und Musik setzte sich der Zug der Demonstranten in Bewegung und zog lautstark durch die Innenstadt.
Fridays for Future fordert eine Solardachpflicht
Annika Kruse von der Hamburger Ortsgruppe von Fridays for Future sagte zu den Forderungen: „Es ist wichtig, dass Hamburg ein eigenes CO2-Ziel definiert und der Senat mehr für das Klima tut, etwa dass die Solardachpflicht kommt und der Nahverkehr ausgebaut wird, auch in den Außenbezirken. Seit Langem kämpfen wir für diese Ziele. Wir wollen sie jetzt erreichen, auch mit dieser Demo.“
In Deutschland verlangt die Bewegung die Einführung eines Klimagelds und die Verschärfung des Klimaschutzgesetzes. Das sogenannte Klimageld ist im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP festgeschrieben. Es soll steigende Preise für den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen sozial ausgleichen.
Das geltende Klimaschutzgesetz sieht vor, die klimaschädlichen Emissionen bis 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Zurzeit beträgt die Minderung laut Umweltbundesamt rund 41 Prozent.
Grüne Hamburg: Wichtiges und lautstarkes Zeichen
Anlässlich der Großdemonstration von Fridays for Future äußerte sich die Grünen-Fraktion Hamburg. Rosa Domm, klimapolitische Sprecherin der Grünen, sprach den Aktivisten ihren Respekt aus. „Wer öffentlich für Klimaschutz einsteht, ist besonders in den letzten Monaten heftigen Anfeindungen und Hass ausgesetzt gewesen“, erklärte sie. Die Demonstration gemeinsam mit starken Stimmen wie Herbert Grönemeyer sei wieder ein wichtiges und lautstarkes Zeichen.
„Auch wenn sich schon viel getan hat, reichen die derzeitigen Maßnahmen – egal ob im Land, im Bund oder auf EU-Ebene – nicht zur Einhaltung der Klimaziele aus. Genau deshalb dürfen wir nicht nachlassen und müssen uns vehement gegen Klimaleugnung und die fossile Lobby wehren“, so Domm. Die Politikerin spricht sich für ein Klimageld aus.
So sieht die Demoroute für den Klimastreik in Hamburg aus
Die Demonstration begann um 14 Uhr am Jungfernstieg, verlief dann weiter zum Ring 1, führte über die Lombardsbrücke zum Stephansplatz und endete schließlich am Gänsemarkt/Jungfernstieg, wie die Polizei mitteilte. Neben vorübergehenden Straßensperrungen während des Aufzuges sei auch mit frühzeitigen Sperrungen insbesondere im Bereich der Binnenalster sowie am Gänsemarkt und am Hauptbahnhof zu rechnen.