Hamburg. Am S-Bahnhof Reeperbahn überprüften in der Nacht zum Sonntag 70 Bundespolizisten Nachtschwärmer. Das erstaunliche Ergebnis.
Punkt 22 Uhr geht es los am Sonnabend. Fast. Bevor die 70 Bundespolizisten – extra angereist aus Hannover – damit beginnen, im S-Bahnhof Reeperbahn ankommende Fahrgäste auf die Einhaltung des Waffen- und Glasflaschenverbots auf dem Hamburger Kiez zu kontrollieren, muss noch eine mobile Sichtschutzwand aufgebaut werden. Die entpuppt sich als ein wenig „störrisch“ – sonst läuft alles glatt.
Gezielt fischen die Beamten der Mobilen Kontroll- und Überwachungseinheit“ (MKÜ) die „Kundschaft“ heraus, die Richtung Ausgang strömt – überwiegend junge Leute, darunter auch einige Junggesellenabschiede. 132 Männer im Alter von 16 bis 35 Jahren werden in dieser Nacht überprüft. 98 durchsuchen die Bundespolizisten.
Reeperbahn: Polizei überprüft Kiezgänger – Waffen sichergestellt
„Wir hatten zwölf Sicherstellungen“, sagt ein Beamter vor Ort am Ende der Aktion. Vier Messer, eine Dose Reizgas, ein Teleskopschlagstock sowie sechsmal kleinere Mengen Drogen werden sichergestellt. Auffällig: Oben auf den Straßen, wo die Hamburger Polizei ebenfalls im großen Stil kontrollierte, wurde kein einziges Messer bei den überprüften Personen gefunden.
Die Zahl der Glasflaschen, die in extra mitgebrachte große, blaue Müllsäcke wandert, ist unüberschaubar. Viele der Nachtschwärmer ignorieren noch immer, dass Glasflaschen ab 22 Uhr auf dem Kiez verboten sind.
Dass die Beamten einen Blick für ihre Klientel haben, sieht man an den sieben ins Netz gegangenen Personen, die zur Aufenthaltsermittlung von Staatsanwaltschaften aus ganz Deutschland ausgeschrieben wurden. Es handelt sich um Männer, die wegen Straftaten gesucht, aber nicht festgenommen werden sollen.
Waffenkontrolle am S-Bahnhof Reeperbahn – auch Drogen sind im Spiel
Überprüft werden auch zwei Männer, die leicht schwankend Richtung Ausgang wollen. Schnell ist klar: Bei ihnen sind Drogen im Spiel. Freimütig gibt einer zu, dass er Heroin gespritzt habe. Ausweisen kann sich der Mann nicht. Seinen Pass hat er nicht dabei. Damit er nicht mit zur Wache muss, wollen ihn die Beamten über seine Fingerabdrücke identifizieren.
Fast-ID nennt sich das Verfahren. In dem Fall ist es nicht ganz einfach, weil die Papillarleisten der Fingerkuppen unter einer Dreckschicht verborgen sind. Erst einige Desinfektionstücher später steht für die Beamten fest, wer der Mann ist. Er war erst vor sieben Tagen aus der Haft entlassen worden. Einen Grund ihn festzuhalten, gibt es nicht.
Reeperbahn: Waffenkontrolle – Polizei zieht überraschende Bilanz
Geradezu lammfromm ist ein junger Mann, bei dem an der Kontrollstelle Höhe Talstraße das erste Messer entdeckt wird. Geduldig lässt er die Prozedur mit Durchsuchung und Papierkram über sich ergehen. Was er mit dem Messer will? Auf die Frage zuckt er nur mit den Schultern.
Sein Einhandmesser ist ebenso wie ein bei dem 18-Jährigen sichergestelltes Butterflymesser nicht nur auf dem Kiez, verboten. Man darf es überhaupt nicht besitzen. In beiden Fällen ist ein Verfahren wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz eingeleitet worden
Insgesamt ist das Ergebnis unter den Erwartungen geblieben, was Einsatzleiter Olaf Petersen jedoch nicht ärgert. Der Polizeioberrat sieht es mehr als Erfolg an, dass nicht mehr „Hans und Franz“ mit Dolch und Totschläger auf Kieztour gehen.
Polizei auf der Reeperbahn – 265 Identitätsfeststellungen
Auf der Reeperbahn und den umliegenden Straßen war in der Nacht zum Sonntag ordentlich was los – auch wenn die Zahl der Besucher eher auf 20.000 als auf die bis zu 50.000 Menschen geschätzt wurde, die sich sonst in so herrlichen Sommernächten auf dem Kiez rumtreiben. Die Hamburger Polizei war mit vielen Kräften auf der Reeperbahn unterwegs.
„Wir haben 265 Identitätsfeststellungen durchgeführt, acht Personen in Gewahrsam und elf Personen festgenommen“, sagte Polizeisprecherin Sandra Levgrün am Sonntagmittag. 49 Aufenthaltsverbote wurden ausgesprochen und 32 Strafanzeigen gefertigt – unter anderem wegen Körperverletzung und Widerstand. „Es wurden in einigen Fällen Drogen, aber in keinem Fall ein Messer gefunden“, so Levgrün.
Während sich oben auf der Reeperbahn die Menschenmassen über die „geile Meile“ schoben und die Parkhäuser rund um den Kiez schon am früheren Abend besetzt waren, traf die Polizei im S-Bahnhof Reeperbahn auf wesentlich weniger Menschen. Ein Grund könnte die Sperrung der S3 zwischen Harburg und Wilhelmsburg gewesen sein, die sonst viele Nachtschwärmer aus dem Süden Hamburgs nach St. Pauli bringt.