Hamburg. Wo einst Tim Mälzer seine Gute Botschaft betrieb, verwöhnt nun Thorsten Gillert anspruchsvolle Gäste. Und das zu fairen Preisen.

Seit den Zeiten des längst verblichenen „Artisan“ am Schlachthof bin ich ein großer Fan des genialen Spitzenkochs Thorsten Gillert. Mit dem Konzept des „Erdbeerfressenden Drachen“ hat er sein Meisterstück kreiert, das nun völlig zu Recht beim wichtigsten Gastropreis der Stadt, dem Szene-Genussmichel, zum „Restaurant des Jahres“ gekürt wurde.

Restaurant verwöhnt Hamburger Genießer mit kreativen Menüs

Nach Lehr-und Wanderjahren als Pop-up-Restaurant in der Weidenallee, am Spritzenplatz und in den Deichtorhallen ist der Drache nun in seinem – mutmaßlich – finalen Domizil in bester Alsterlage angelangt. In angenehm lichter, nur scheinbar schlichter Atmosphäre zelebriert Gillert hier mit seinem rein femininen Küchen-Dreamteam eine meist traumhaft stilsichere, manchmal unfassbar kreative Wohlfühlküche, die überdies manch sterne- und anbetungswürdige Kreation in einem auch für Normalbürger erschwinglichen Preissegment offeriert.

Kleine Gerichte, die sich zu einem 7-Gänge-Genuss addieren

Die stetig im Wandel begriffene Karte umfasst kleine Gerichte, die portionsmäßig zwischen Vorspeise und Hauptgang changieren, sich wunderbar teilen lassen und zwischen 8 (Desserts) und 23 Euro kosten. Wer sich zu zweit ein 6- bis 7-Gang-Menü komponiert, was bei normalem Appetit völlig ausreicht, kann sich auf eine Essensrechnung von insgesamt 110 bis 130 Euro (incl. je 3 Euro für Brot, Salzbutter und gutes Olivenöl) einstellen, bekommt dafür aber ein unvergessliches Genusserlebnis.

Holsteiner Kalb mit Krabben als „aktueller Mega-Hammer“

Der aktuelle Mega-Hammer auf der Karte – und hoffentlich noch lange dabei – ist die Komposition „Kalb & Krabben“ (21 Euro): feinstes Holsteiner Kalb als Tatar, aromatische gekochte Nordseekrabben, ein gerüttelt Maß beglückend intensives, Umami pur verkörperndes Krustentierschalen­gelee, gedämpfter Meerspargel und als Extra ein maximal einreduzierter Krustentier-Dip. Mehr geht nicht.

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    Eingedenk des hoffentlich kommenden Sommers ist dem Maestro derzeit wohl gar fruchtig zumute, was bei „Wolfsbarsch & Artischocke“ (21 Euro) dazu führt, dass der feine gebratene Wildfang-Fisch, das elegante Babyartischockenragout und die gerösteten Pinienkerne von einer kräftigen Orangensauce dominiert werden. Schlicht genial gerät „Spargel & Ei“ (17 Euro), wo sich gekochter und marinierter Weißer Spargel mit einem subtil hingetupften Erbsen- und Kopfsalat­ragout, Bio-Ei-Onsen und Kräuter- und Radieschensalat zu einem beschwingten, frühlingshaften Gesamtkunstwerk vereinen. Ein „Muss“, solange vorhanden, ist auch das Dessert „Petersilie & Schokolade“ (9 Euro): Creme und Karamell von weißer Schokolade bilden hier mit geschmorter Petersilienwurzel, Blattpetersiliensorbet und Vanille eine überraschende und bezaubernde Allianz.

Sommelier Baumgarten hat die Weinkarte moderat bepreist

Erfreulicherweise ist auch die kleine, sorgfältig edierte und vom freundlichen Sommelier Felix Baumgarten kundig kommentierte Weinkarte recht moderat ausgepreist: Ein vorzüglicher, das Mahl brillant begleitender fränkischer Silvaner kostet 5 Euro pro Glas (0,1 l) bzw. 35 Euro pro Flasche, der großartig vitale und spannungsreiche biodynamische Weißburgunder von Badens geheimstem Kultwinzer Klaus Vorgrimmler wird für 41 Euro feilgeboten. Mein Fazit: Der Drache ist in Bezug auf Kreativität, gepaart mit fairem Preis-Genuss-Verhältnis, in Hamburg derzeit nicht zu toppen.
Alsterufer 3, Tel. 69 65 72 99, Mo–Do 17–22, Fr/Sa 17–22.30 Uhr, dererdbeerfressendedrache.de